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Knetzgau
Wieder Kritik an Knetzgaus Bürgermeister: Gemeinderatssitzung zum Thema Grundsteuer gerät zur Farce
Stefan Paulus wird vorgeworfen, er habe im Vorfeld wissen müssen, dass das Gremium nicht beschlussfähig ist. Nun soll es in der nächsten Woche klappen.
Wie viel Wasser wird noch den Brunnen vor dem Knetzgauer Rats- und Kultursaal hinunterplätschern, ehe wieder Harmonie zwischen Bürgermeister und Gemeinderat einkehrt?
Foto: Martin Sage | Wie viel Wasser wird noch den Brunnen vor dem Knetzgauer Rats- und Kultursaal hinunterplätschern, ehe wieder Harmonie zwischen Bürgermeister und Gemeinderat einkehrt?
Martin Sage
 |  aktualisiert: 29.09.2024 02:30 Uhr

Montag, 23. September, 17 Uhr. Im Kultur- und Sitzungssaal der Gemeinde Knetzgau soll es um den Geldbeutel der Bürgerinnen und Bürger gehen. Die Abstimmung über den Hebesatz der Grundsteuer steht an. Das betrifft jeden, der eine private oder gewerbliche Immobilie besitzt. So finden sich gut 30 Zuhörerinnen und Zuhörer ein. Doch wo ist der Gemeinderat? Kaum haben die Interessierten Platz genommen auf den Publikumsstühlen entlang der Saalwände, schickt Bürgermeister Stefan Paulus (CWG/SPD) sie wieder fort: Der Gemeinderat ist nicht beschlussfähig, die öffentliche Sitzung geschlossen.

Denn gekommen sind zunächst nur fünf Ratsmitglieder, später gesellt sich eine weitere Rätin hinzu. Der Knetzgauer Gemeinderat besteht aus 20 Personen, mehr als die Hälfte muss anwesend sein, um verbindlich abstimmen zu dürfen. Die anberaumte Sitzung ist ein Schlag ins Wasser. 

Verhinderte Zuhörer sind sauer auf den Bürgermeister

Während der Rathausbrunnen fröhlich plätschert, schimpfen die verhinderten Zaungäste auf dem Rathausplatz noch eine Weile über die gerade erlebte Nullnummer. Schnell ist der Schuldige ausgemacht: Bürgermeister Paulus. Sonst finden Ratssitzungen in Knetzgau immer um 18.30 Uhr statt; er aber hat die gerade geplatzte Sitzung (ein nicht-öffentlicher Teil findet dennoch statt) auf 17 Uhr vorverlegt. Kurzfristig, wie ihm vorgeworfen wird. "Und wer arbeitet, der kann da halt nicht", sagt ein Senior kopfschüttelnd. 

Doch auch Gemeinderätinnen und -räte, mit denen die Redaktion nach der Sitzung gesprochen hat, machen Paulus für das Fiasko verantwortlich, ob sie nun in der Sitzung anwesend waren oder nicht.  Benjamin Schraven (Bündnis 90/Die Grünen) etwa spricht von einem irrationalen Verhalten, Parteifreund Peter Werner drückt es so aus: "Weil er halt mit dem Kopf durch die Wand will." 

Denn, so ist man sich einig: Stefan Paulus muss es im Vorfeld bewusst gewesen sein, dass er keinen beschlussfähigen Gemeinderat zusammen bekommt. Anderswo hätte man das vielleicht unter der Rubrik "Kann ja mal schieflaufen" abgehakt. Nicht in Knetzgau. Hier sieht mancher in dem missglückten Montagstermin ein weiteres Indiz dafür, dass das angeschlagene Verhältnis zwischen Rathauschef und Gemeinderat kaum noch zu kitten ist. 

Warnende und bittende Stimmen im Vorfeld

Denn warnende Stimmen gab es im Vorfeld offenbar genug: Am Montag vorvergangener Woche hatte die Verwaltung die Lokalpolitikerinnen und -politiker zur Gemeinderatssitzung am 23. September eingeladen, zur üblichen Zeit. Tags darauf folgte die Korrektur auf 17 Uhr – fristgerecht und wegen unaufschiebbarer Abendtermine des Bürgermeisters, wie es seitens des Rathauses heißt.  

"Da gab es richtig viel Protest aus dem Gemeinderat", sagte am Dienstag Bernhard Jilke (FPD/Freie Bürger) im Gespräch mit der Redaktion. Eben wegen der Berufstätigen, die einen so frühen Sitzungsbeginn nicht so einfach einhalten könnten, zumal ja nur wenig Zeit zum Umorganisieren geblieben sei. Er habe Paulus gebeten, nichts übers Knie zu brechen. Umsonst, und obwohl "er wusste, dass zu wenige Gemeinderäte in die Sitzung kommen", wie Jilke erklärte.

Beeinflussen konnte er den Rathauschef aber ebenso wenig wie CSU-Fraktionsführer Mark Zehe. Auch er hatte Paulus auf das Problem mit der Beschlussfähigkeit aufmerksam gemacht, per E-Mail nämlich, und die Rückverlegung auf 18.30 Uhr erbeten. Niemand, so versichert es Zehe in seinem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, "... wird Dir einen Vorwurf machen, dass Du aufgrund eines Termins um 19 Uhr verhindert bist."

"Genau dafür gibt es ja die Stellvertreter", sagte Robert Beetz (CWG) zur Redaktion. Gemeint sind 2. Bürgermeister Stefan Seubert (CSU) und 3. Bürgermeisterin Susanne Haase-Leykam (CWG). Beetz gehört zu den sechs Ratsmitgliedern, die am Montag im Kultur- und Sitzungssaal waren. "Ich bin Rentner, ich kann mir meine Zeit einteilen", meinte Beetz. Aber freilich, er teile die Kritik an der missglückten Terminierung. Und daran, "dass das alles jetzt nicht zur Entschärfung des Ganzen beiträgt."

Zu heikles Thema für Stellvertreter

Bürgermeister Paulus wiederum ließ die Redaktion wissen, dass er "ein solch heikles Thema nicht seinen Stellvertretern übertragen wollte". Dem Finanzausschuss, der in dieser Angelegenheit – der Frage des Hebesatzes für die Grundsteuer – am Donnerstag tagte, habe er seine Gründe erläutert, hier habe es keine Kritik an seinem Vorgehen gegeben. Aufgebrachte Bürgerinnen und Bürger könnten sich gerne an Paulus selber wenden, teilte das Rathaus am Dienstagnachmittag mit. 

Mark Zehe hatte dem Bürgermeister ein paar Tage zuvor geschrieben, er gehe fest davon aus, dass alle Ratskolleginnen und Ratskollegen verantwortungsvoll mit der Situation umgehen würden, wenn Paulus bei der Abstimmung verhindert sei. Zumal der Vorschlag der Verwaltung ja deutlich aus der Sitzungsvorlage hervorgehe. Möglicherweise ist aber zwischen Rathauschef und Gemeinderat mittlerweile zu viel Vertrauen verloren gegangen, als dass Paulus die Sitzung hätte aus der Hand geben wollen. Warum das alles jetzt überhaupt so schnell gehen musste, scheint außer ihm niemand zu wissen.

Das nächste Mal wieder vor 18 Uhr

Die "kommende Sitzung mit der gleichen Tagesordnung" soll nun voraussichtlich am Montag oder Dienstag stattfinden, "ebenfalls vor 18 Uhr", teilte die Verwaltung der Redaktion noch mit. Dann übrigens wäre es vom Gesetz her nicht mehr erforderlich, dass mehr als die Hälfte der Ratsmitglieder anwesend ist, um den Hebesatz der Grundsteuer festzulegen. 

 
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Kommentare
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  • Edith Kram
    Gastkommentar:

    Die Beweggründe des Bürgermeisters seien dahingestellt.

    In anderen Kommunen finden Ratssitzungen auch schon mal am Dienstag um 16 Uhr statt.

    Schließlich gbt es Sitzungsgeld - eine Entschädigung für das (frühere) Abtreten von der Arbeit und nicht als Ersatz für entgangene Fernseh- oder Grillabende.

    Gemeinderat ist ein Ehrenamt mit Verantwortung. Wer sich dem nicht gewachsen sieht, muss ja nicht kandidieren, oder?

    Bleibt also die Frage, wer aus dem Gemeinderat "so einen wichtigen Job" hat, dass er nicht mal schon um 16 Uhr nach hause gehen kann?
    Zumindest scheint in solchen Fällen das Wohl der Gemeinde weniger wichtig zu sein!?

    Gerhard Fleischmann
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  • Michael Appel
    Gut durchdacht vom Bürgermeister mit der zweiten Sitzung nur halt schlecht für die Bürger die dann die Zeche zahlen müssen .
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