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Ebern
Demo gegen vermeintliche "Homo-Propaganda": Rechtsextreme rufen zu Kundgebung in Ebern auf
Vor dem Gymnasium wollen sie gegen queere Themen im Schulunterricht protestieren. Kritik an der geplanten Demo kommt aus der Politik und vom Elternbeirat.
Die Regenbogenfahne (Symbolbild von einer Pride-Parade in Taiwan am 29. Oktober) gilt als Symbol für queere Menschen. Doch die Bewegung bekommt Gegenwind, gerade aus rechtsextremen Kreisen.
Foto: Chiang Ying-Ying | Die Regenbogenfahne (Symbolbild von einer Pride-Parade in Taiwan am 29. Oktober) gilt als Symbol für queere Menschen. Doch die Bewegung bekommt Gegenwind, gerade aus rechtsextremen Kreisen.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:52 Uhr

Wie sollen Schulen mit Themen wie Homosexualität oder Geschlechtsidentitäten umgehen? Wie viel Platz sollte ihnen im Unterricht eingeräumt werden? Viele wünschen sich mehr Aufklärung, doch manche sprechen von "Indoktrination" und "Propaganda". Diese Kritikerinnen und Kritiker von queeren Themen im Schulunterricht wollen am Montag, 21. November, auf dem Parkplatz, den sich in Ebern die Mittelschule und das Gymnasium teilen, demonstrieren. Auf diversen Online-Kanälen wird die Demo bereits beworben, noch steht allerdings nicht fest, ob die Kundgebung wie geplant stattfinden kann.

Schule verschiebt Elternabend aufgrund einer Terminkollision

Grund dafür, dass die Demo ausgerechnet an diesem Tag vor der Schule geplant ist, ist eine schulinterne Informationsveranstaltung für interessierte Eltern zum Thema LGBTIQ+ (die Abkürzung steht für Homo- und Bisexuelle sowie Transgender und intersexuelle Personen), die das Friedrich-Rückert-Gymnasium (FRG) eigentlich am selben Tag geplant hatte. Die Veranstalterinnen und Veranstalter der Kundgebung auf dem Schulparkplatz verstehen ihre Demonstration somit als Gegenveranstaltung dazu. Am Dienstagnachmittag gab die Schulleitung allerdings bekannt, dass der Elternabend aufgrund einer schulinternen Terminkollision nun verschoben werde.

Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) kritisiert zwar die Ziele der Demo als "rückwärtsgewandt", betont aber, in einem demokratischen Staat müsse man es aushalten, dass auch für Ziele demonstriert wird, die man selbst nicht teilt. Kritisch sieht er aber Ort und Zeit der geplanten Kundgebung: "Ich persönlich halte es nicht für machbar, wenn gleichzeitig ein Elternabend stattfindet", sagte er noch am Montag, bevor die Schule die Terminverschiebung bekannt gab. Denn dann werde der Schulparkplatz für die Fahrzeuge der Besucherinnen und Besucher gebraucht.

Demonstrationsfreiheit, aber bitte nicht an diesem Ort

So sagte Hennemann Anfang der Woche, er wolle dem Landratsamt vorschlagen, die Kundgebung zwar im Namen der Demonstrationsfreiheit zu genehmigen, den Demonstrantinnen und Demonstranten aber eine andere Fläche zuzuweisen als den Schulparkplatz.

Bei einem homophoben Brandanschlag in Haßfurt zeigte sich bereits in der vergangenen Woche, dass es auch im Haßbergkreis noch starke Vorbehalte gibt gegen queere Menschen.
Foto: Lukas Reinhardt | Bei einem homophoben Brandanschlag in Haßfurt zeigte sich bereits in der vergangenen Woche, dass es auch im Haßbergkreis noch starke Vorbehalte gibt gegen queere Menschen.

Das Landratsamt Haßberge bestätigt auf Anfrage dieser Redaktion, dass die Kundgebung bei der zuständigen Behörde fristgerecht angezeigt worden sei. "Die Prüfung des Antrags bezüglich eventuell notwendiger Auflagen läuft noch aktuell", teilt Moni Göhr, Pressesprecherin des Landratsamtes, schriftlich mit. Organisator der Kundgebung sei eine Privatperson.

Nachweisbare Kontakte in die rechtsextreme Szene

Zum Ziel der Kundgebung sagt Jürgen Hennemann: "Ich halte das gelinde gesagt für einen Witz." So spricht er von einem "Rückschritt in dunkle Zeiten". "Das kommt aus der rechten Ecke", betont der Bürgermeister. Denn die Werbung für die Kundgebung verbreitet sich derzeit vor allem in den einschlägigen Telegram-Gruppen, die unter anderem Stimmung gegen Corona-Maßnahmen gemacht haben.

"Ich halte das gelinde gesagt für einen Witz."
Jürgen Hennemann, Bürgermeister Ebern, über die Ziele der Demo

Recherchen dieser Redaktion belegen eine starke Verbindung zu rechtsextremen Gruppen, wie beispielsweise der Neonazi-Partei "Der III. Weg". Auch in der Telegram-Gruppe der rechtsextremen Gruppierung "Kollektiv Zukunft schaffen - Heimat schützen", kurz: KZSHS, wurde der Flyer geteilt, der auf die Kundgebung hinweist.

Alles andere als harmlos: Bereits bei den Protesten gegen Corona-Maßnahmen in Ebern (das Foto entstand am 5. Januar 2022) waren rechtsradikale Personen maßgeblich beteiligt.
Foto: Lukas Reinhardt | Alles andere als harmlos: Bereits bei den Protesten gegen Corona-Maßnahmen in Ebern (das Foto entstand am 5. Januar 2022) waren rechtsradikale Personen maßgeblich beteiligt.

"Man sieht halt, dass die Rechten versuchen, irgendwelche Themen zu besetzen", sagt Bürgermeister Hennemann und kritisiert, dass damit versucht werde, "einen Keil in die Gesellschaft zu treiben".

Auch die Polizei bereitet sich auf den Abend vor

Auch bei der Polizei Ebern laufen nun die Vorbereitungen auf den Abend. "Wir stehen mit dem Landratsamt in Verbindung", sagt der stellvertretende Dienststellenleiter Klaus Schmitt. In Abstimmung mit der Behörde kläre die Polizei nun, wie sie die Kundgebung begleiten wird.

Auf dem Flyer, der neben Telegram auch auf Facebook geteilt wurde, ist zu lesen, die Kundgebung werde "aus Anlass der LGBTIQ+ und Homo Propaganda Veranstaltung am Friedrich-Rückert-Gymnasium am selben Tag" veranstaltet. "Keine Indoktrination im Klassenzimmer", heißt es weiter und schließlich steht dort: "Normalen Menschen eine Stimme geben. Normal zu sein ist kein Verbrechen."

Die Schulfamilie steht für Information und Aufklärung

Besonders über diese Formulierung ärgert sich der Elternbeirat des Gymnasiums. Denn damit würden queere Menschen als "nicht normal" bezeichnet, kritisiert Vorsitzender Eckart Roeß in einem Schreiben im Namen des Beirats. "Das schließt auch unsere Schülerschaft und Schulfamilie mit ein." Der Elternbeirat stehe für ein tolerantes Miteinander aller Menschen, immerhin trage das FRG nicht zu Unrecht den Titel "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage". Deshalb werde auch die Elternvertretung des Gymnasiums der Diskriminierung von Angehörigen der LGBTIQ-Community konsequent entgegentreten. "Wir als Schulfamilie stehen gemeinsam für Information und Aufklärung."

Kritik an der geplanten Demo kommt auch von Vincent Steppert, dem Vorsitzenden des Vereins CSD Haßberge, der sich für die Gleichstellung queerer Menschen einsetzt. Ihn stört vor allem, dass so getan werde, als dürfe man nicht mehr "normal" sein. "Aber es geht ja nicht darum. Man darf ja weiterhin Cis-geschlechtlich und heterosexuell sein", sagt er. "Ich würde lieber mit den Leuten reden als gegen die Leute", sagt Steppert. Mit Blick darauf, dass es sich hier um eine Demo handelt, deren Ankündigung von einer rechtsradikalen Gruppierung verbreitet wird, ist jedoch fraglich, ob auch die andere Seite Interesse an einem solchen Austausch hätte.

Schulleiter will der Demo keine Aufmerksamkeit schenken

Und auch Martin Pöhner, Schulleiter des FRG, äußert in einer schriftlichen Stellungnahme scharfe Kritik an der geplanten Demo. "Als Unesco-Projektschule setzen wir uns in besonderer Weise für die Menschenrechte ein", schreibt er. "Als Schulleiter bin ich jedoch der Meinung, dass der beste Umgang mit dieser kleinen Gruppe ist, ihnen keine besondere Aufmerksamkeit zu schenken." Er empfiehlt, die Demonstrantinnen und Demonstranten mit Nichtbeachtung zu strafen. "Wer meint, allein in der Dunkelheit für solche ewiggestrigen Anschauungen demonstrieren zu wollen, mag das tun. Wir sollten uns davon nicht beeinflussen lassen."

 
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  • d. e.
    Eine schulinterne Informationsveranstaltung für interessierte Eltern zum Thema LGBTIQ+ (die Abkürzung steht für Homo- und Bisexuelle sowie Transgender und intersexuelle Personen), die das Friedrich-Rückert-Gymnasium (FRG) eigentlich am selben Tag geplant hatte. Dafür wird ein Elternabend angesetzt ? Ich fasse es nicht.
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  • C. J.
    Auf eigenen Wunsch hin entfernt.
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  • M. S.
    Zitat: "Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) kritisiert zwar die Ziele der Demo als "rückwärtsgewandt", betont aber, in einem demokratischen Staat müsse man es aushalten, dass auch für Ziele demonstriert wird, die man selbst nicht teilt."
    Tja so ähnlich kam uns in Deutschland schon einmal die Demokratie abhanden. Eine Demokratie muss auch wehrhaft sein. In Deutschland erweist sie sich leider mehr und mehr als zahnloser Tiger.
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  • M. S.
    Zitat: "Vor dem Gymnasium wollen sie gegen queere Themen im Schulunterricht protestieren."

    Für die Mehrzahl der Demonstranten wird es das erste Mal sein, dass sie ein Gymnasium aus dieser Nähe betrachten. :D
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  • W. G.
    Wer mit 21 Jahren vorzeitig aus der Volksschule entlassen wurde, der wird die Biologie mit der Vielfalt des Lebens nie verstehen. Die Demonstranten der geplanten Demonstration geben somit öffentlich ihre Dummheit preis.
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  • P. H.
    Diese "Demonstration" richtet sich gegen die Menschenwürde! Bürgermeister Hennemann hat nicht recht: solche fehlgeleiteten "Demos" muss man nicht im Namen der Meinungsfreiheit aushalten, weil sie verdienen nicht den Namen Demo und müssen unterbunden werden! So etwas steht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes!
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  • E. F.
    Diese "Demo" ist unter aller Kanone! Jetzt werden nur wieder falsche Diskussionen über die LGBTIQ+ entfesselt. Besser, die Mainpost hätte geschwiegen. Bei anderen Themen wie dem Krankenhaus Ebern wird ja auch nicht alles abgedruckt.
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  • M. S.
    Hallo Orzach und Floranus,
    vielen Dank für die kritischen Anmerkungen. Wir können versichern, dass sich die Redaktion in solchen Fällen immer Gedanken macht, wem sie eine Plattform für welche Zwecke bietet. Hier hat sich uns die Frage aber nicht wirklich gestellt. Warum? Weil eine bestimmte Szene beschließt, vor eine Schule bzw. auf einem Schulgelände aufzutreten und für ihre Zwecke zu demonstrieren. Die Aktion dürfte damit absolut öffentlichkeitswirksam werden. Da können wir als Zeitung nicht so tun, als gäbe es dieses Vorhaben nicht und beschließen, unsere Leserschaft nicht zu informieren. Das schon gar nicht nach dem Brandanschlag auf Regenbogenfahne in Haßfurt. Grundsätzlich geben wir zu bedenken, dass wir auch nicht einfach andere Überzeugungen ausblenden können, nur weil sie der Redaktion oder wem auch immer nicht gefallen. Was das Krankenhaus Ebern anbelangt, haben wir sicher keine der unterschiedlichen Meinungen unterdrückt.
    MfG aus der Redaktion, Martin Sage
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Anstatt sich an die Empfehlung des Schulleiters zu halten und diese Hirnlo*en-Demo zu ignorieren muss das die Main-Post natürlich erst recht ins Licht rücken. Falsche Entscheidung der Redaktion in Haßfurt!
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