
Wo Menschen leben, gibt es Abwasser. Im Rahmen der Reinigung dieser Abwässer entsteht vor allem Klärschlamm. Dieser enthält noch Nährstoffe wie Phosphor und Stickstoff. Deshalb wird Klärschlamm nicht einfach entsorgt, sondern muss wiederverwertet werden, um diese wertvollen Ressourcen zurückgewinnen zu können. Die Kommunen im Landkreis Haßberge beschäftigen sich seit 2017 mit dem Thema "Interkommunale Klärschlammentsorgung".
Mit der Gründung des Zweckverbandes Haßberge sei man "dem Ziel, eine nachhaltige und ressourcenschonende Klärschlammverwertung umzusetzen, einen großen Schritt nähergekommen", so dessen Vorsitzender Dieter Möhring im Gespräch mit dieser Redaktion. Phosphor sei ein endliches, aber lebensnotwendiges Element.
Monoverbrennungsanlage für den Klärschlamm
Ein erheblicher Anteil der konventionellen Phosphatdünger – bis etwa 50 Prozent – könne "durch eine weitgehende Monoverbrennung des bayerischen Klärschlamms und eine anschließende Phosphorrückgewinnung aus den durch die Verbrennung erzeugten Aschen ersetzt werden", ist Möhring, der zeitgleich Bürgermeister von Aidhausen ist (Freie Wähler), überzeugt.
Die aktuellen globalen Entwicklungen und die daraus resultierenden Erkenntnisse bestätigten die gemeinsame Entscheidung, so der Vorsitzende, künftig den Fokus wieder mehr auf eigene, regionale Wertschöpfung zu legen. Da die Kohlekraftwerke im Zuge der Energiewende Zug um Zug abgeschaltet würden, seien für die Verwertung der Klärschlämme neue Monoverbrennungsanlagen vorzuhalten.

Denn eine wesentliche Neuerung in der Klärschlammverordnung sei die ab 2029 geltende Pflicht zur Phosphor-Rückgewinnung aus Klärschlamm und Klärschlammasche. "Diese Pflicht gilt grundsätzlich für alle Abwasserbehandlungsanlagen unabhängig von deren Ausbaugröße, sofern der Klärschlamm 20 Gramm oder mehr Phosphor je Kilogramm Trockensubstanz enthält", macht der Aidhäuser Bürgermeister deutlich.
Trotz anfänglich gezeigten Interesses hätten allerdings nicht alle 26 Kommunen des Landkreises Haßberge "mit an Bord genommen werden können", so Möhring. So manche Gemeinde, die zunächst ihre Mitwirkung signalisiert hatte, habe inzwischen anderweitig Anschluss gesucht. Immerhin gehörten dem Zweckverband bei seiner kürzlich erfolgten Gründung aber 18 Kommunen an.
Die Stadt Haßfurt verwertet den Klärschlamm selbst
Während einige Städte und Gemeinden des Landkreises Haßberge andere Lösungen bevorzugten – zum Beispiel verwertet die Stadt Haßfurt ihren Klärschlamm und den aus benachbarten Kommunen in der örtlichen Kläranlage selbst –, hätten hingegen Gemeinden aus benachbarten Landkreisen die Chance genutzt und seien dem Zweckverband beigetreten.
"Dass dies nicht der einfachste Weg sein würde, war allen Beteiligten von Anfang an klar. Umso erfreulicher ist es jetzt, dass sich viele Kommunen zusammengefunden haben und Mut zum Handeln zeigen, um eine nachhaltige Lösung in der eigenen Region umzusetzen", freut sich Dieter Möhring.
Auch Kommunen außerhalb des Landkreises sind mit dabei
Zum Zweckverband gehören neben sämtlichen Kommunen aus der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim (Aidhausen, Bundorf, Burgpreppach, Ermershausen, Hofheim, Riedbach) auch Maroldsweisach, Stettfeld und Oberaurach sowie aus dem Landkreis Schweinfurt Röthlein und Schwebheim (Zweckverband Unterer Unkenbach), Bad Königshofen und Zweckverband Streu-Saale (beide Rhön-Grabfeld) nebst der VG Lisberg aus dem Landkreis Bamberg.
Weitere Anfragen auf Mitgliedschaft lägen dem neuen Zweckverband zwar bereits vor. Doch vorerst sei nicht vorgesehen, noch viele neue Kommunen aufzunehmen, so Dieter Möhring. Der Grund dafür liegt in der Unsicherheit, welche Mengen an Klärschlamm in den bisherigen Mitgliedskommunen tatsächlich anfallen.
In seiner ursprünglichen Form ist der Klärschlamm sehr wässrig. Für eine spätere Verbrennung muss er vorher getrocknet werden. Da laut Dieter Möhring einige Mitgliedskommunen des Zweckverbandes in dieser Hinsicht noch nicht über einschlägige Erfahrungen verfügten, könnten diese Gemeinden keine verlässliche Einschätzung der zu erwartenden Klärschlammmenge vornehmen.

Klärschlämme müssen in Zukunft nämlich bereits in der Kläranlage maschinell entwässert werden. "Je weniger Wasser der Klärschlamm enthält", erläutert Möhring, "desto geringer ist das Gewicht und somit die Entsorgungskosten." Zudem sei für die Verbrennung häufig eine stärkere Vortrocknung nötig, "wie dies künftig an der Klärschlamm-Trocknungsanlage der Biogasanlage in Hofheim geschieht". Durch den Zweckverband sollen künftig jährlich 3600 Tonnen entwässerte Klärschlämme gemeinsam entsorgt werden.
Wärme kann zur Trocknung verwendet werden
Die Biogasanlage in Hofheim habe "sich angeboten" für die Weiterverarbeitung, sagt Hofheims Bürgermeister Alexander Bergmann (CSU). "Wir hatten für die in der Biogasanlage anfallende Wärme ohnehin keine Verwendung." So könne man die Wärmequelle zur Trocknung nutzen und "es bleibt trotzdem noch genügend Wärme übrig", erläutert Bergmann, um mehrere städtische Gebäude an die Wärmeversorgung anzuschließen. Der Bürgermeister bezeichnet die Idee des Klärschlamm-Zweckverbandes als echte "Win-win-Situation", denn "die Wärme ist ja da und auf lange Sicht ist das eine sehr sinnvolle Lösung."
Aufgrund der langen Vorlaufzeiten für Planung und Genehmigung der dafür erforderlichen Anlagen müssen sich die Kläranlagenbetreiber im Land bereits heute damit befassen, wie eine Phosphor-Rückgewinnung erfolgen kann, verdeutlicht Möhring im Gespräch mit der Redaktion. Und empfiehlt, auch interkommunale Kooperationen und sich daraus ergebende Synergieeffekte zu prüfen.
Zukunftsweisendes und nachhaltiges Konzept
Dies sei von den Gründungsmitgliedern des Zweckverbandes rechtzeitig erkannt worden. Nun gelte es, die weiteren Schritte zur Entwässerung auf den Kläranlagen, der Trocknung in Hofheim und der thermischen Verwertung in Schweinfurt zu gehen. Eine jahrelange Vorbereitung habe zu einem "zukunftsweisenden und nachhaltigen Konzept geführt", das vom neuen Zweckverband zielstrebig umgesetzt werde, sind die Bürgermeister Möhring und Bergmann überzeugt.