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Nassach
Unbekannte laden Bauschutt in Nassacher Naturpark ab: Hat der Kreis Haßberge ein Problem mit illegalen Mülldeponien?
Eine Belohnung soll nun zu den Verursachern führen. Das Landratsamt erklärt, entsprechende Fälle konsequent zu ahnden. Doch das gestaltet sich teils schwierig.
Aidhausens Bürgermeister Dieter Möhring sitzt neben einem kleinen Berg aus Bauschutt, den Unbekannte am Nassacher See entsorgt haben. 
Foto: Lukas Reinhardt | Aidhausens Bürgermeister Dieter Möhring sitzt neben einem kleinen Berg aus Bauschutt, den Unbekannte am Nassacher See entsorgt haben. 
Lukas Reinhardt
 |  aktualisiert: 09.02.2024 01:08 Uhr

Es ist dreist, einfach dreist!" Aidhausens Bürgermeister Dieter Möhring schüttelt den Kopf. Er steht neben einem kleinen Berg aus Bauschutt. Einem Gemenge aus leeren Zementsäcken, zerbrochenen und zermahlenen Leichtbetonsteinen, dazwischen Reste aus Glaswolle, Styropor und Plastik. 

"Was veranlasst einen Menschen, seinen Dreck an einer solchen Stelle abzuladen?", schimpft er und blickt hinüber zu einem Hinweisschild, das nur wenige Meter neben dem Schutt im Boden verankert ist. "Naturpark-Schutzzone", heißt es darauf. Möhring steht am Ufer des Nassacher Sees. Ein Idyll, umgeben von Schilf und Weiden. "Der Wertstoffhof wäre gerade einmal drei Kilometer entfernt gewesen", sagt er.

Schon mehrere Vorfälle in Aidhausen

Möhrings Ärger kommt nicht von Ungefähr. Es ist nicht das erste Mal, dass Aidhausens Bürgermeister in seiner Gemeinde neben einer wilden Müllkippe stehen muss. Vor einigen Jahren, erzählt er, hätten Umweltsünder Spritzmittelkanister und Ölfässer mit hochgiftigen Resten illegal nahe dem Ortsteil Happertshausen entsorgt. Und im Dezember 2021 deponierten Unbekannte unerlaubt Asbestplatten und Plastikmüll in Aidhausen selbst. Für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, stellte Möhring damals eine Belohnung in Höhe von 50 Euro in Aussicht. 

Das Schild am Rande des Sees weist darauf hin, dass es sich um eine Naturpark-Schutzzone handelt. Die Täter hat das offenbar nicht gestört.
Foto: Lukas Reinhardt | Das Schild am Rande des Sees weist darauf hin, dass es sich um eine Naturpark-Schutzzone handelt. Die Täter hat das offenbar nicht gestört.

Beim jüngsten Vorfall am Nassacher See, ereignet haben soll er sich Anfang vergangener Woche, möchte Aidhausens Bürgermeister nun noch einen drauflegen. "Diesmal beträgt die Belohnung 200 Euro", sagt er in der Hoffnung, die Verursacher zu finden und zur Verantwortung zu ziehen. Mit einer hohen Strafe, erklärt Möhring. Tatsächlich drohen Umweltsündern vor allem Konsequenzen für das Portmonee. Im Falle von unrechtmäßig entsorgtem Bauschutt etwa sieht der Gesetzgeber eine Geldbuße von bis zu 5000 Euro vor. 

Illegale Müllentsorgung im Schnitt alle sechs Tage 

Und trotzdem scheint die illegale Müllentsorgung auf privatem und öffentlichem Grund im Haßbergkreis durchaus ein Problem. Zumindest legen das die Zahlen des Landratsamts nahe, das verantwortlich ist für die Verfolgung dieser – gemäß Gesetz – Ordnungswidrigkeiten. 61 dieser Vorfälle zählte die Behörde im Jahr 2021, heißt es auf Nachfrage. Im Schnitt lud damit alle sechs Tage ein Mensch seinen Unrat dort ab, wo es nicht erlaubt war. In diesem Jahr registrierte das Landratsamt bislang bereits 51 Fälle.

Abschrecken möchte die Behörde nach eigener Auskunft vor allem durch konsequente Ahndung. Doch für die Aufklärung der Vergehen sei man auf Hilfe und Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. Das Beispiel Nassach zeigt: Oft suchen die Täter gezielt abgelegene Orte, um ihren Müll zu entsorgen. Ein Problem, das nicht nur im Haßbergkreis besteht. Darunter leidet auch die Aufklärungsquote. Eine konkrete Zahl kann das Landratsamt auf Nachfrage nicht nennen. Bleiben die Täter im Verborgenen, müssen entweder der Grundstückeigentümer für die Kosten der Entsorgung aufkommen – oder die öffentliche Hand. Dann zahlen alle Bürgerinnen und Bürger.

Viele müssen für die Taten von Wenigen zahlen

Wie teuer eine solche Entsorgung werden kann, zeigt einer der größeren Fälle im Landkreis Haßberge aus dem Frühjahr 2021. Damals hatten die Behörden in der Flur zwischen Rügheim und Junkersdorf eine offensichtlich rege genutzte wilde Mülldeponie entdeckt: aus Bauschutt, Asbest, Folien, Grünschnitt und anderen umweltschädlichen Überresten. Zwar war der Hinweis darauf aus der Bevölkerung gekommen, doch zur Ergreifung der Täter kam es am Ende nicht. Die Kosten für die Entsorgung und Rekultivierung musste die öffentliche Hand tragen. Nach Schätzungen des Hofheimer Bürgermeisters Wolfgang Borst eine Summe zwischen 50.000 und 60.000 Euro. 

Der Nassacher See ist ein Stausee. Er soll der Bewässerung der umliegenden landwirtschaftlich genutzten Felder dienen. 
Foto: Lukas Reinhardt | Der Nassacher See ist ein Stausee. Er soll der Bewässerung der umliegenden landwirtschaftlich genutzten Felder dienen. 

Auch im jüngsten Fall in Nassach haben die "Nachforschungen noch zu keinen Erkenntnissen" bezüglich des Verursachers geführt, heißt es aus dem Landratsamt. Aber nicht nur die Behörde in Haßfurt ist auf der Suche nach den Übeltätern. Denn für Aidhausens Bürgermeister Dieter Möhring geht es um mehr als nur eine einzelne Tat. "So etwas darf nicht akzeptiert werden", sagt er, während er auf den staubigen Schutt vor seinen Füßen blickt. Möhring hat sich deshalb in Nassach nach aktuell laufenden Baustellen erkundigt. Sein Ergebnis: Der oder die Täter müssen von weiter her gekommen sein.

"Die Entsorgung für all das hätte einer Person vielleicht fünf bis zehn Euro gekostet – jetzt liegt der Haufen hier an unserem See."
Dieter Möhring, Freie Wähler, Bürgermeister Aidhausen

Die unrechtmäßige Müllablagerung am Nassacher See ist in Dieter Möhrings Augen nur Symptom einer besorgniserregenden gesellschaftlichen Entwicklung. "Die Menschen suchen immer häufiger ihre individuellen Vorteile." Die gegenseitige Rücksichtnahme lasse grundsätzlich nach. "Die Entsorgung für all das hätte einer Person vielleicht fünf bis zehn Euro gekostet – jetzt liegt der Haufen hier an unserem See." Er hofft weiter auf Hinweise aus der Bevölkerung, und legt dem Verursacher dennoch nahe, sich zu stellen.

 
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