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Schweinfurt
Kohleausstieg im GKS Schweinfurt: Warum Müll verbrennen alleine für Fernwärme und Strom nicht reicht
Im Gemeinschaftskraftwerk wird Hausmüll verbrannt, plus Steinkohle. Wofür es die braucht und warum ein Abfallprodukt, das keiner mehr will, die Lösung sein kann.
Noch schaufeln die grünen Kräne Kohle aus dem Lager ins Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt. In einigen Jahren soll es damit vorbei sein.
Foto: Anand Anders | Noch schaufeln die grünen Kräne Kohle aus dem Lager ins Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt. In einigen Jahren soll es damit vorbei sein.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:28 Uhr

Bundesweit wird gerade diskutiert, den Kohleausstieg nach hinten zu schieben, um von russischen Energieimporten unabhängiger zu werden. Im Gemeinschaftskraftwerk (GKS) Schweinfurt hat man den Ausstieg aus dem fossilen Energieträger weiter fest im Blick. Denn Kohle ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sie ist auch teuer und wird mit steigendem CO2-Preis noch teurer werden.

Über 30.000 Tonnen Steinkohle verbrennt das GKS im Jahr. Früher kam die aus Deutschland, sagt GKS-Geschäftsführer Ragnar Warnecke. Heute beziehe man sie überwiegend aus Polen, einen kleinen Teil aus Kolumbien, aus einer von der UNO zertifizierten Zeche. Mit dem Preis für die Kohle ist es wie bei allen fossilen Energieträgern: er geht nach oben.

Warnecke kann sich noch an einen CO2-Preis von vier Euro die Tonne erinnern, inzwischen wurden an der Börse schon 97 Euro pro Tonne gehandelt. Man muss kein Mathematiker sein, um zu erkennen, dass fossile Energieträger nicht die Zukunft sind. Eine Tonne Kohle macht drei Tonnen CO2, mit dem entsprechenden CO2-Preis. Und jetzt?

Wofür bis heute im Gemeinschaftswerk Schweinfurt Steinkohle verbrannt wird

Als erstes tut sich die Frage auf, wofür die Kohle im GKS eigentlich gebraucht wird? Ganz einfach, erklärt der Geschäftsführer: Der Hausmüll aus Unterfranken alleine reicht nicht, um das zu produzieren, wofür das GKS von Anfang an ausgelegt war: Wärme vor allem für die Industrie. Heißer Dampf geht direkt zu ZF, Schaeffler und SKF. Gebraucht wird er in erster Linie in der Produktion. Ein kleinerer Teil geht als Fernwärme über die Stadtwerke in Privathaushalte.

Bei hohen Temperaturen wird im GKS der Müll aus ganz Unterfranken verbrannt. Ausgenommen Würzburg, dort gibt es eine eigene Anlage.
Foto: Anand Anders | Bei hohen Temperaturen wird im GKS der Müll aus ganz Unterfranken verbrannt. Ausgenommen Würzburg, dort gibt es eine eigene Anlage.

320.000 Megawattstunden an Fernwärme produziert das GKS insgesamt im Jahr, dazu rund 115.000 Megawattstunden Strom. 65 Prozent der erzeugten Energie, die durch Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen wird, stammt aus der Müllverbrennung. Die läuft das ganze Jahr über, der Kohleteil nur von Oktober bis April. Die Müllentsorgung war von Anfang an mit eingeplant, sagt Warnecke, auch wenn erst das Kohleheizkraftwerk und etwas später die Müllverbrennung gebaut wurde.

Hausmüll gilt als erneuerbarer Energieträger – und die Mengen werden nicht kleiner

Denn: Müll musste zum einen entsorgt werden, zum anderen galt er als günstiger Brennstoff. Heute darf Hausmüll längst nicht mehr deponiert werden, gilt sogar als erneuerbarer Energieträger. 185.000 Tonnen Müll aus ganz Unterfranken werden pro Jahr im GKS verbrannt, ausgenommen Müll aus Würzburg, das eine eigene Anlage hat. Weniger ist der Hausmüll im Lauf der Zeit nicht geworden. Inzwischen, so Warnecke, liefern die Gesellschafter sogar so viel Müll an, dass man vergangenes Jahr 20.000 Tonnen an andere Verbrennungsanlagen abgeben musste. Es war schlicht zu viel, als dass es die drei Verbrennungslinien hätten schaffen können.

Ist überzeugt, dass der Kohleausstieg sich auch rechnet: GKS-Geschäftsführer Ragnar Warnecke.
Foto: Anand Anders | Ist überzeugt, dass der Kohleausstieg sich auch rechnet: GKS-Geschäftsführer Ragnar Warnecke.

Dass die Müllmengen nicht sinken, trotz angeblich guter Recycling-Strukturen, treibt den GKS-Geschäftsführer genauso um wie Frage, wie der Kohleausstieg im GKS gelingen kann. 2014 kamen die ersten Überlegungen auf: Klärschlamm. Früher auf Feldern ausgebracht, ist er heute ein Abfallprodukt, das keiner mehr will. Schwermetalle, Arzneimittelrückstände, Kunststoffreste – all das findet sich in dem Schlamm, der bei der Reinigung der Abwässer zurück bleibt. Früher wurde Klärschlamm auf Feldern ausgebracht. 2017 hat der Bund die Klärschlammverordnung verschärft. Bis 2032 soll endgültig Schluss sein mit dem Ausbringen auf Böden.

Klärschlamm als Brennstoff im Gemeinschaftskraftwerk: Was dafür nötig ist

Wohin damit? Ins GKS, sagt Warnecke. 2020 wurde hier erstmals Klärschlamm verbrannt, 1000 Tonnen. Ein Jahr später waren es 3000 Tonnen, in diesem Jahr will man die Menge auf bis zu 6000 Tonnen steigern. Am Ende, 2028, soll der Ausstieg aus der Kohle im GKS Schweinfurt abgeschlossen sein. Statt dessen werden dann 60.000 Tonnen Klärschlamm verbrannt.

Für die Anlieferung von Trockenklärschlamm wurden am GKS Silos gebaut.
Foto: Anand Anders | Für die Anlieferung von Trockenklärschlamm wurden am GKS Silos gebaut.

Der muss allerdings vorher getrocknet sein. Auch dafür gibt es umweltverträgliche Lösungen, sagt Warnecke. Zum Beispiel könne die Abwärme von Biogasanlagen dafür genutzt werden. Eine solche Trocknungsanlage hat bereits die Stadt Aschaffenburg, einer von 13 Gesellschaftern. Bei anderen, beispielsweise dem Landkreis Haßberge, gibt es schon Pläne für eine solche Anlage.

Investitionen im zweistelligen Millionenbereich sind für den Umstieg nötig

Um wirklich viel Klärschlamm verbrennen zu können, muss das GKS investieren, im zweistelligen Millionenbereich, sagt Geschäftsführer Warnecke. Noch steht die Zustimmung der Gesellschafter aus, "wir hoffen, dass wir sie 2022 bekommen". Warnecke ist optimistisch, denn das Modell überzeugt seiner Ansicht nach: Entsorgung von Klärschlamm, bei der gleichzeitig Phosphor abgetrennt wird und als wertvolles Düngemittel erhalten bleibt. Dazu die Tatsache, dass mit dem Ausstieg von der Kohle so 75 Prozent des Kohlendioxids eingespart werden können. Und nebenbei damit auch noch ziemlich viel Geld. Teuer als jetzt wird es nicht werden, meint Warnecke.

Die Müllverbrennung ist ein Teil des GKS. In drei großen Öfen wird Müll aus ganz Unterfranken verbrannt. Zweimal im Jahr ist Revision. Deshalb bleibt diese Linie gerade kalt.
Foto: Anand Anders | Die Müllverbrennung ist ein Teil des GKS. In drei großen Öfen wird Müll aus ganz Unterfranken verbrannt. Zweimal im Jahr ist Revision. Deshalb bleibt diese Linie gerade kalt.

Wer jetzt in Richtung Müllgebühren denkt, wird etwas enttäuscht. Laut Geschäftsführung muss das GKS kostendeckend arbeiten, darf keine Gewinne einfahren. Und: Der Preis für die Entsorgung macht 20 Prozent dessen aus, was der Bürger am Ende für seinen Müll zahlt.

Was ist dran an der Geschichte mit den gelben Säcken?

Mit einem Märchen muss man am Ende noch aufräumen: Gelbe Säcke werden hier nicht verbrannt, sagt Warnecke auf die Frage, die einfach kommen muss. Und auch nicht der Inhalt, der nach dem Aussortieren übrig bleibt. Der sei nämlich dann Gewerbemüll. Im GKS wird Hausmüll verbrannt, zu 98 Prozent.

Zahlen und Fakten zum Gemeinschaftskraftwerk Schweinfurt

Gebaut wurde das GKS 1989, vor allem ging es dabei um Wärme für drei große Industriebetriebe. Als Grenzwerte verschärft werden sollten, gaben sie ihre eigenen Heizkraftwerke auf und starteten das gemeinsame Projekt: ein Kohleheizkraftwerk in Kraft-Wärme-Kopplung.
Seit 1994 wird in Schweinfurt Müll aus Unterfranken verbrannt. Zu den ersten Gesellschaftern Schaeffler, SKF und ZF kamen die Landkreise Aschaffenburg, Schweinfurt, Haßberge, Main-Spessart, Miltenberg, Main-Tauber und Rhön-Grabfeld sowie die Städte Aschaffenburg, Schweinfurt und später auch die Stadtwerke Schweinfurt als Gesellschafter dazu. Ebenfalls in Schweinfurt verbrannt wird der Hausmüll aus dem Kreis Bad Kissingen.
Im GKS arbeiten knapp 100 Menschen, 75 davon im gewerblichen Bereich im drei-Schicht-Betrieb.
Stolz ist man im GKS auf die niedrigen Abgaswerte: Die Grenzwerte werden unterschritten, teilweise sehr deutlich.
Das GKS besteht aus zwei Teilen: einem Müll- und einem Kohleteil. Beide sind, auch was die Kosten betrifft, streng voneinander getrennt. Von 186.000 Tonnen Hausmüll, die in drei Linien in riesigen Öfen verfeuert werden, bleiben am Ende rund 55.000 Tonnen Rohschlacke. Sie wird aufbereitet, Metalle werden herausgeholt. Am Ende landen 45.000 Tonnen im Straßenbau und auf der Deponie.
Aktuell läuft am GKS eine Forschungsarbeit, wie man die Schlacke so rein bekommt, dass sie zum Beispiel auch als Rohstoff in der Zementindustrie verwendet werden kann. Von rund 30.000 Tonnen Kohle im Jahr bleiben 1700 Tonnen Asche, die als Düngemittel verwertet wird. Eine weitere Studie, an der man sich beteiligt, will zeigen, wie groß der Aufwand ist, um CO2 aus dem Rauchgas der Verbrennung zu ziehen. Kohlendioxid wäre dann ein Rohstoff. Wird er mit Wasserstoff verbunden, ergibt das Methanol – einen synthetischen Kraftstoff.
Quelle: GKS/kab
 
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  • weraus13230704
    Eine Tonne Kohle macht ca. 3 Tonnen CO2, nicht eine.
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  • Dr. Warnecke macht einen super Job im GKS. grinsen
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  • Funkenstern
    Die ganze Zeit haben dievZahlenakrobaten das Sagen gehabt, der Ukraine Konflikt besinnt zurück, dass Profit nicht alles ist.
    Technisch geht doch schon so viel, es war nicht gewollt. Nun sieht das anders aus und das wird gut so.
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