Bundesweit wird gerade diskutiert, den Kohleausstieg nach hinten zu schieben, um von russischen Energieimporten unabhängiger zu werden. Im Gemeinschaftskraftwerk (GKS) Schweinfurt hat man den Ausstieg aus dem fossilen Energieträger weiter fest im Blick. Denn Kohle ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sie ist auch teuer und wird mit steigendem CO2-Preis noch teurer werden.
Über 30.000 Tonnen Steinkohle verbrennt das GKS im Jahr. Früher kam die aus Deutschland, sagt GKS-Geschäftsführer Ragnar Warnecke. Heute beziehe man sie überwiegend aus Polen, einen kleinen Teil aus Kolumbien, aus einer von der UNO zertifizierten Zeche. Mit dem Preis für die Kohle ist es wie bei allen fossilen Energieträgern: er geht nach oben.
Warnecke kann sich noch an einen CO2-Preis von vier Euro die Tonne erinnern, inzwischen wurden an der Börse schon 97 Euro pro Tonne gehandelt. Man muss kein Mathematiker sein, um zu erkennen, dass fossile Energieträger nicht die Zukunft sind. Eine Tonne Kohle macht drei Tonnen CO2, mit dem entsprechenden CO2-Preis. Und jetzt?
Wofür bis heute im Gemeinschaftswerk Schweinfurt Steinkohle verbrannt wird
Als erstes tut sich die Frage auf, wofür die Kohle im GKS eigentlich gebraucht wird? Ganz einfach, erklärt der Geschäftsführer: Der Hausmüll aus Unterfranken alleine reicht nicht, um das zu produzieren, wofür das GKS von Anfang an ausgelegt war: Wärme vor allem für die Industrie. Heißer Dampf geht direkt zu ZF, Schaeffler und SKF. Gebraucht wird er in erster Linie in der Produktion. Ein kleinerer Teil geht als Fernwärme über die Stadtwerke in Privathaushalte.
320.000 Megawattstunden an Fernwärme produziert das GKS insgesamt im Jahr, dazu rund 115.000 Megawattstunden Strom. 65 Prozent der erzeugten Energie, die durch Kraft-Wärme-Kopplung gewonnen wird, stammt aus der Müllverbrennung. Die läuft das ganze Jahr über, der Kohleteil nur von Oktober bis April. Die Müllentsorgung war von Anfang an mit eingeplant, sagt Warnecke, auch wenn erst das Kohleheizkraftwerk und etwas später die Müllverbrennung gebaut wurde.
Hausmüll gilt als erneuerbarer Energieträger – und die Mengen werden nicht kleiner
Denn: Müll musste zum einen entsorgt werden, zum anderen galt er als günstiger Brennstoff. Heute darf Hausmüll längst nicht mehr deponiert werden, gilt sogar als erneuerbarer Energieträger. 185.000 Tonnen Müll aus ganz Unterfranken werden pro Jahr im GKS verbrannt, ausgenommen Müll aus Würzburg, das eine eigene Anlage hat. Weniger ist der Hausmüll im Lauf der Zeit nicht geworden. Inzwischen, so Warnecke, liefern die Gesellschafter sogar so viel Müll an, dass man vergangenes Jahr 20.000 Tonnen an andere Verbrennungsanlagen abgeben musste. Es war schlicht zu viel, als dass es die drei Verbrennungslinien hätten schaffen können.
Dass die Müllmengen nicht sinken, trotz angeblich guter Recycling-Strukturen, treibt den GKS-Geschäftsführer genauso um wie Frage, wie der Kohleausstieg im GKS gelingen kann. 2014 kamen die ersten Überlegungen auf: Klärschlamm. Früher auf Feldern ausgebracht, ist er heute ein Abfallprodukt, das keiner mehr will. Schwermetalle, Arzneimittelrückstände, Kunststoffreste – all das findet sich in dem Schlamm, der bei der Reinigung der Abwässer zurück bleibt. Früher wurde Klärschlamm auf Feldern ausgebracht. 2017 hat der Bund die Klärschlammverordnung verschärft. Bis 2032 soll endgültig Schluss sein mit dem Ausbringen auf Böden.
Klärschlamm als Brennstoff im Gemeinschaftskraftwerk: Was dafür nötig ist
Wohin damit? Ins GKS, sagt Warnecke. 2020 wurde hier erstmals Klärschlamm verbrannt, 1000 Tonnen. Ein Jahr später waren es 3000 Tonnen, in diesem Jahr will man die Menge auf bis zu 6000 Tonnen steigern. Am Ende, 2028, soll der Ausstieg aus der Kohle im GKS Schweinfurt abgeschlossen sein. Statt dessen werden dann 60.000 Tonnen Klärschlamm verbrannt.
Der muss allerdings vorher getrocknet sein. Auch dafür gibt es umweltverträgliche Lösungen, sagt Warnecke. Zum Beispiel könne die Abwärme von Biogasanlagen dafür genutzt werden. Eine solche Trocknungsanlage hat bereits die Stadt Aschaffenburg, einer von 13 Gesellschaftern. Bei anderen, beispielsweise dem Landkreis Haßberge, gibt es schon Pläne für eine solche Anlage.
Investitionen im zweistelligen Millionenbereich sind für den Umstieg nötig
Um wirklich viel Klärschlamm verbrennen zu können, muss das GKS investieren, im zweistelligen Millionenbereich, sagt Geschäftsführer Warnecke. Noch steht die Zustimmung der Gesellschafter aus, "wir hoffen, dass wir sie 2022 bekommen". Warnecke ist optimistisch, denn das Modell überzeugt seiner Ansicht nach: Entsorgung von Klärschlamm, bei der gleichzeitig Phosphor abgetrennt wird und als wertvolles Düngemittel erhalten bleibt. Dazu die Tatsache, dass mit dem Ausstieg von der Kohle so 75 Prozent des Kohlendioxids eingespart werden können. Und nebenbei damit auch noch ziemlich viel Geld. Teuer als jetzt wird es nicht werden, meint Warnecke.
Wer jetzt in Richtung Müllgebühren denkt, wird etwas enttäuscht. Laut Geschäftsführung muss das GKS kostendeckend arbeiten, darf keine Gewinne einfahren. Und: Der Preis für die Entsorgung macht 20 Prozent dessen aus, was der Bürger am Ende für seinen Müll zahlt.
Was ist dran an der Geschichte mit den gelben Säcken?
Mit einem Märchen muss man am Ende noch aufräumen: Gelbe Säcke werden hier nicht verbrannt, sagt Warnecke auf die Frage, die einfach kommen muss. Und auch nicht der Inhalt, der nach dem Aussortieren übrig bleibt. Der sei nämlich dann Gewerbemüll. Im GKS wird Hausmüll verbrannt, zu 98 Prozent.
Technisch geht doch schon so viel, es war nicht gewollt. Nun sieht das anders aus und das wird gut so.