
Gut zwei Monate ist es her, dass die beliebte Bäckerei Motsch in Bad Kissingen ihre Türen geschlossen hat. Wirtschaftliche Zwänge, Personalmangel und hohes unternehmerisches Risiko brachten Inhaber Marius Motsch zur Aufgabe des Familienunternehmens – sehr zum Leidwesen der Kundschaft.
Er wolle sich beruflich komplett neu orientieren, hatte Motsch damals gegenüber dieser Redaktion geäußert. Und machte diese Ankündigung jetzt wahr: Seit dem 1. Oktober arbeitet der 42-Jährige am Landratsamt Bad Kissingen. Dort begann er eine zweite Karriere als Verwaltungsinspektor. Genauer: zunächst als Verwaltungsinspektoranwärter.
Büro statt Backstube: über ein duales Studium zum Verwaltungsinspektor
Über ein dreijähriges duales Studium an der Hochschule für den öffentlichen Dienst in Hof sowie am Landratsamt Bad Kissingen will Motsch zum Diplom-Verwaltungswirt werden. Von der Backstube ins Büro, vom Bäcker zum Beamten: "Natürlich ist es eine Herausforderung, das muss ich schon sagen. Ich habe ein gewisses Alter, aber eben auch eines, in dem ich nochmal etwas Neues machen kann", so Motsch im Gespräch mit dieser Redaktion.
Leicht sei ihm der Schritt, seinem Handwerk den Rücken zu kehren, nicht gefallen. "Ich habe ein halbes Jahr gebraucht, um die Entscheidung zu treffen. Letztlich habe ich mir gesagt: Wenn ich noch einmal etwas Neues machen möchte, dann muss ich es jetzt tun. Danach hätte ich wohl nur noch als ungelernte Kraft irgendwo einsteigen können", so der 42-Jährige.

Insgesamt, so Motsch, haben die Menschen Verständnis für seinen Schritt. "Ich bekomme immer wieder gesagt, dass die Leute es schade finden, dass wir aufgehört haben. Aber nicht verstehen konnten es nur sehr Vereinzelte. Der Großteil kann die Entscheidung nachvollziehen."
Marius Motsch hatte die nun ehemalige Bäckerei in der Bad Kissinger Scheffelstraße 2009 von seinem Vater übernommen und bis August 2024 in dritter Generation betrieben. Dass ihn die Entwicklungen so weit gebracht haben, seine große Leidenschaft aufzugeben, stimmt ihn nachdenklich. "Es wird schwer, das Handwerk in der traditionellen Form aufrechtzuerhalten", so Motsch. Es fange schon mit der Ausbildung an. "Es wollen einfach nicht mehr viele machen."
Normaler Schlafrhythmus und freie Wochenende: Die Büroarbeit hat Vorteile für Motsch
Die Vorteile einer weniger aufreibenden Arbeit lernt Marius Motsch nun selbst kennen. "Man hat einen normalen Schlafrhythmus, ein normales Wochenende, an Feiertagen frei oder auch mal Urlaub. Dazu die geregelten Arbeitszeiten." Und für ihn als lange Selbständigen falle der unternehmerische Druck ab. Andererseits: "Ich habe in der Backstube die ganze Zeit genau gewusst, was ich machen muss. Jetzt etwas Neues zu lernen, ist schon eine Umstellung."
Er stehe nach wie vor zu seiner Entscheidung, so Motsch. "Auch, wenn mir ein gescheites Brot schon fehlt", sagt er lachend. Denn der heimische Ofen bleibt seit Schließung der Bäckerei kalt. "Seitdem habe ich nichts mehr gebacken. Aktuell habe ich auch nicht das Bedürfnis, einen Teig zu kneten. Ich will mit dem Ganzen ja auch ein Stück weit abschließen."
Irgendwann, so Motsch, werde er privat aber sicher wieder mit dem Backen anfangen. Die neuen Kolleginnen und Kollegen am Landratsamt dürften sich freuen.