Marc Scheller ist frühes Aufstehen gewohnt. Für ihn endet die Nacht sechsmal in der Woche bereits um halb zwei. Seinen Beruf liebt er trotzdem: Er ist Bäcker - und das mit Leidenschaft. „Ich mag die Vielfalt. Nicht jeder Tag ist gleich, es macht einfach unfassbar viel Spaß“, sagt er.
Seine Lehre begann der 42-Jährige 1997 in der Familienbäckerei von Ottmar Schwab in Hammelburg; 2010 entschied er sich dann sogar dazu, den Betrieb zu übernehmen.
Seine Liebe zum Beruf ist ihm bis heute geblieben. Zum Glück, denn mittlerweile ist er mit seiner Bäckerei der einzige noch backende Betrieb in ganz Hammelburg und einer der wenigen Übriggebliebenen im gesamten Landkreis.
Immer weniger Bäcker in Bad Kissingen: Die Nachfolger fehlen
Auf der Suche nach selbstgebackenem Brot oder Brötchen wird schnell klar: Auch die Region Bad Kissingen bleibt vom Aussterben dieses traditionellen Handwerks nicht verschont. Immer mehr Bäcker müssen ihre Betriebe aufgrund von Nachwuchsmangel oder fehlenden Nachfolgern aufgeben. Wo vor zwanzig Jahren im gesamten Landkreis noch 47 Bäckereibetriebe bei der Handwerkskammer Unterfranken eingetragen waren, sind heute nur noch 18 übrig geblieben.
Marc Scheller schätzt: Allein in Hammelburg habe es früher ungefähr 13 Bäckereien gegeben. „Und die haben alle von ihren Einnahmen gelebt.“ Heute ist die Situation anders, das traditionelle Bäckerhandwerk wird fast schon zur Seltenheit. „Ich vermute, das ist den schlechten Arbeitszeiten geschuldet“, versucht der Bäckermeister zu erklären.
Er selbst schlafe beispielsweise immer vier Stunden am Mittag und vier Stunden am Abend, spätestens um halb 2 ist die Nacht allerdings vorbei. Die Suche nach Auszubildenden macht das natürlich nicht gerade leichter: In den gesamten 14 Jahren seiner Selbstständigkeit habe er lediglich vier Lehrlinge für die Backstube gefunden. „Aktuell haben wir schon das dritte Jahr in Folge niemanden mehr.“
Kaufverhalten hat sich gewandelt; Bäckereien leiden darunter
Hinzu kommt, dass sich das Kaufverhalten der Menschen in den letzten Jahren gewandelt hat - und das bemerken auch die Bäcker. „Früher wurde am Samstag beim Bäcker und Metzger alles für das Wochenende gekauft - jetzt hat der Supermarkt bis 20 Uhr geöffnet. Das lädt zum späten und spontanen Einkaufen ein“, weiß der 42-Jährige. Zudem gebe es mittlerweile in vielen Supermärkten alles auf einem Fleck. Die Lebensmittel sind immer verfügbar, noch dazu häufig günstiger.
„Die dort angebotenen Backwaren sind zumeist industriell hergestellt und vorgebacken. Die Teiglinge werden in Backautomaten vor Ort aufgebacken und können so viel günstiger angeboten werden als solche, die in den Backstuben in handwerklicher Arbeit hergestellt werden“, bestätigt auch die Handwerkskammer.
Neben Preisdruck und Nachfolgemangel sieht die Kammer aber noch einen weiteren Grund für den Rückgang. In vielen Orten gebe es mittlerweile Bäckereien mit großen Filialnetzen. Bedeutet: Das Angebot an Backwaren bleibt für den Konsumenten, trotz des Rückgangs an traditionellen Bäckereien, weiterhin verfügbar. „Dagegen ist besonders in den letzten Jahren jedoch ein klarer Verbrauchertrend hin zu mehr Regionalität und nachhaltiger Herstellung von Lebensmitteln zu erkennen, der handwerklichen Traditionsbäckereien zugutekommt.“
Überlieferte Rezepte: die Tradition bewahren
Das bemerkt auch Marc Scheller: Ungefähr 600 Menschen pro Tag versorgen er und sein Team in den drei Filialen der Bäckerei mit frischen Backwaren. „Wir haben viele Stammkunden, aber auch viele, die von auswärts kommen.“ Teilweise verschicke der Bäckermeister seine Backwaren sogar mit der Post und auch kleinere Dorfläden und Hotels versorge er regelmäßig mit frischem Brot und Brötchen.
„Natürlich ist auch immer mal was dabei, was einem nicht 100-prozentig schmeckt“, sagt der 42-Jährige. Einige der Rezepte seien ihm allerdings noch von seinem Vor-Vorgänger überliefert worden. „Wir probieren natürlich auch Neues aus, prinzipiell arbeiten wir allerdings mit den alten Rezepten.“ Und nicht nur hier bewahrt der Hammelburger die Tradition: Auch gebacken werden die knapp 50 verschiedenen Artikel alle noch per Hand.
Scheller erzählt: „Anders als in einer Großbäckerei geht bei uns ein Brötchen durch viele Hände, bis es schließlich beim Kunden landet.“ Natürlich habe auch er zum Teil Maschinen, um gewisse Arbeitsschritte einfach zu erleichtern; den Großteil erledigen er und seine fünf Kollegen in der Backstube allerdings noch selbst.
„Man muss sich dann aber auch im Klaren sein, dass es mal vorkommen kann, dass manche Dinge ausverkauft sind.“ Natürlich sei alles fertig gebacken, wenn die drei Verkaufsstellen der Bäckerei Schwab um sechs Uhr morgens öffnen und auch nachgebacken werde immer wieder, die Menge einer Großbäckerei sei aber nicht möglich.
Bäckerei Schwab in Hammelburg: Geschichte geht bis 1900 zurück
„Für das, was wir machen, ist unsere Backstube eigentlich sowieso zu klein“, weiß der Bäcker. Denn: Gebaut worden sei das Gebäude in der Kissinger Straße, in welchem sich die Backstube und einer der Verkaufsorte befindet, ursprünglich als Wohnhaus. „Hier wird allerdings schon immer gebacken. Die Geschichte geht bis 1900 zurück.“ Der 42-Jährige erzählt: Viele seiner Kunden wissen gerade diese Tradition des Hauses und die Back-Geschichte sehr zu schätzen.
„Ich habe mal beobachtet, wie ein Mann um das Gebäude geschlichen ist und ihn deshalb gefragt, was er hier macht“, berichtet Scheller. Am Ende habe sich herausgestellt, dass der Unbekannte scheinbar in dem Haus der Bäckerei geboren wurde, mittlerweile allerdings in Australien lebt. Das Besondere: Noch heute kommt er einmal im Jahr zu Besuch in Hammelburg. „Wenn er hier ist, kommt er immer auch zum Brot essen und sagt mir, dass es noch genauso schmeckt, wie sein Opa es immer gebacken hat. Das ist für mich natürlich ein sehr großes Kompliment.“
Kundenbindung ist für Marc Scheller wichtig
Allgemein sei die Bindung zu seinen Kunden für den Bäckermeister etwas ganz Wichtiges. Viele der regelmäßigen Abnehmer würden die zehn angestellten Verkäuferinnen sogar mit Namen kennen. Und: Nicht nur bei Tag sind die Menschen in der Bäckerei willkommen. Vor allem am Wochenende würden noch regelmäßig Nachtschwärmer an seiner Bachstubentür klopfen und sich frische Backwaren für den Nachhauseweg abholen.
„Wenn der Pub und die Shisha-Bar unten in der Stadt schließen, kann ich eigentlich die Uhr danach stellen; dann kommen die Leute“, erzählt er. Genervt sei er davon nicht, er bittet allerdings um Verständnis: „Mein Gebäck geht natürlich immer vor. Wenn also der Ofen klingelt oder etwas anderes anfällt, muss ich das natürlich machen.“
Die Leidenschaft, der Spaß und die Freude an seinem Handwerk sind dem Hammelburger Bäckermeister einfach anzumerken. Er ist sich sicher: „Ich habe schon vor, noch ein paar Jahre zu machen und wenn alle an einem Strang ziehen, dann sind wir auch für alles zu haben.“ Und damit ist er zum Glück (noch) nicht der Einzige.
Eine Übersicht, über die im Landkreis noch backenden Betriebe:
Mehr über das Bäckerhandwerk im Landkreis lesen Sie hier: