Am 9. September wird in Bad Kissingen eine Berufsfachschule für Therapieberufe eröffnet. Im ersten Schuljahr sollen dort 25 Ausbildungsplätze zur Physiotherapie angesiedelt werden. Später könnten auch die Berufsfelder Ergotherapie und Logopädie dazu kommen.
Der Beruf Physiotherapie ist in Deutschland der "dritthöchste Mangelberuf", gleich nach Ärzten und Pflegern, sagte Alexander Zugsbradl, Vorstand der Klinken Bad Bocklet AG, beim Pressegespräch im Rathaus. Man braucht im Allgemeinen 180 Tage, bis eine freie Stelle nachbesetzt wird, ergänzte Thorsten Blaßdörfer, Geschäftsführer des gleichnamigen Therapiezentrums mit Hauptsitz Eltingshausen. Die Nachfrage steige ständig, gleichzeitig verstärke der demografische Wandel das rein rechnerische Auseinanderdriften von Renteneintritten und Nachwuchskräften.
Mit der neuen Schuleinrichtung will man gegensteuern. Die Kliniken Bad Bocklet AG und die Dr. Blaßdörfer Holding GmbH arbeiten Hand in Hand. Zugsbradl und Blaßdörfer sind die beiden Gesellschafter in der neuen "Privaten Berufsfachschule für Therapieberufe Bad Kissingen gGmbH", mit Sitz in Bad Bocklet.
Wie und wo läuft die Ausbildung ab?
Es handelt sich um eine dreijährige Ausbildung. Die Unterrichtsräume werden in einem Gebäude in der Salinenstraße in Bad Kissingen angesiedelt. Dabei geht es nicht nur um theoretischen Unterricht, sondern auch um berufsbegleitende Praktika in Reha-Zentren oder anderen medizinischen Einrichtungen. Abgeschlossen wird die Ausbildung mit einem Staatsexamen.
Ist der Schulbetrieb bereits genehmigt und wird er vom Freistaat finanziell gefördert?
Der Antrag zur staatlichen Genehmigung des Schulbetriebs geht demnächst an die Regierung von Unterfranken, sagte Thorsten Blaßdörfer. Da die Ausbildung drei Jahre dauert, können in den beiden darauffolgenden Jahren 2025 und 2026 wieder jeweils 25 Interessenten oder Interessentinnen in der Schule starten.
In Bayern wird eine solche Einrichtung in den ersten drei Jahren gar nicht staatlich gefördert, sagte Blaßdörfer. Erst ab dem 4. Schuljahr gebe es eine kleine Förderung. Nach vier Jahren könne man dann bei der Regierung den Antrag auf staatliche Anerkennung der Einrichtung stellen – und bekommt dann auch Fördermittel.
Wie wird die Berufsfachschule also anfangs finanziert?
Die ersten vier Jahre müssen also erst mal finanziert werden. Die Investitionssumme für die gGmbH beläuft sich in zwei Jahren auf knappe 1,8 Millionen Euro, sagt Alexander Zugsbradl auf Nachfrage dieser Redaktion. Die beiden Gesellschafter bringen mit jeweiligen Anteilen von 50 Prozent anfangs zusammen eine Million Euro in die gGmbH ein.
Weitere finanzielle Mittel sollen über Beteiligungen der 17 in Bad Kissingen ansässigen Reha- und Fachkliniken sowie eventuell auch der Physiotherapie-Praxen im Landkreis einfließen. Diese Einrichtungen können sich mit jeweils 15.000 Euro jährlich einen Schulplatz sichern. Auch die Stadt Bad Kissingen beabsichtigt, nach Angaben von Oberbürgermeister Dirk Vogel, einen Schulplatz zu finanzieren.
Wie bringt sich die gGmbH mit ein?
"Wir sind eine gemeinnützige Gesellschaft, das heißt wir haben keine Gewinnerzielungsabsicht", sagte Zugsbradl. Die gGmbH hat das Schulkonzept erstellt und nimmt die Instandsetzung des Schulgebäudes in die Hand. Wenn sich Kliniken einen Schulplatz gesichert haben, müssen sie sich organisatorisch um nichts kümmern, so der Gesellschafter weiter. Langfristiges Ziel sei es, dass die ortsansässigen Reha- und Fachkliniken in Stadt und Landkreis Bad Kissingen Nachwuchskräfte erhalten, diese praktisch ausbilden und langfristig an sich binden können.
Müssen die Schülerinnen und Schüler Schulgeld bezahlen?
Wer in der Berufsfachschule eine Ausbildung machen will, muss kein Schulgeld zahlen, sagte Gesellschafter Blaßdörfer. Durch den Gesundheitsbonus des bayerischen Kultusministeriums entfällt dieser an Berufsfachschulen anderer Bundesländer obligatorische monatliche Beitrag. Das heißt, die Träger solcher privaten Berufsfachschulen können einen Klassenzuschuss erhalten, wenn sie auf die Erhebung von zusätzlichem Schulgeld verzichten. Es wird lediglich eine Verwaltungsgebühr erhoben.
Gibt es schon Interessentinnen und Interessenten?
Schon vor der offiziellen Ankündigung der geplanten Berufsfachschule für Therapieberufe in Bad Kissingen liegen 13 Interessenbekundungen von Schülerinnen und Schülern für die Ausbildung an der neuen Einrichtung in Bad Kissingen vor, sagte Blaßdörfer. Natürlich hoffe man auf weitere Interessentinnen und Interessenten. Berufsfachschulen dieser Art gibt es unter anderem in Bad Neustadt, Schweinfurt, Würzburg und Fulda, sagte Blaßdörfer. Man habe versucht, eine Kooperation mit der Schule am Campus in Bad Neustadt anzustoßen. Aber es habe "kein Interesse" gegeben.
Wie wichtig ist die Einrichtung für den Gesundheitsstandort Bad Kissingen?
"Es ist ein herausragendes Konzept", sagte Oberbürgermeister Dirk Vogel beim Pressegespräch. Stolz zeigte er sich über die insgesamt 17 Reha-Kliniken in der Kurstadt – seiner Ansicht nach sei das "in Deutschland schwer zu finden".
Man stehe freilich im Wettbewerb mit anderen Städten, wenn es darum geht, Fachkräfte zu finden. Im städtischen Arbeitskreis für Heilberufe habe man schon lange über Lösungen nachgedacht. Jetzt gebe es mit der neuen Gesellschaft nicht nur eine Idee, sondern sogar ein Konzept, das umgesetzt wird, so Vogel weiter. "Die Berufsfachschule stellt einen Riesenbeitrag zum Gesundheitsstandort Bad Kissingen dar."
Info möglich unter bewerbung@berufsfachschule-badkissingen.de