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Münnerstadt
Bezirk Unterfranken rechnet mit Millionen-Defizit für Thoraxzentrum Münnerstadt: Ist die Lungenklinik selbst Patientin?
Die Michelsberg-Klinik muss seit Jahren einen komplizierten Spagat zwischen Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit hinbekommen. Der Betriebsleiter ist positiv gestimmt.
Martin Schleyer, Betriebsleiter am Thoraxzentrum in Münnerstadt, blickt trotz eines Fehlbetrages im Etat von bis zu 1,2 Millionen Euro für das Jahr 2024 positiv auf Gegenwart und Zukunft. 
Foto: Anand Anders | Martin Schleyer, Betriebsleiter am Thoraxzentrum in Münnerstadt, blickt trotz eines Fehlbetrages im Etat von bis zu 1,2 Millionen Euro für das Jahr 2024 positiv auf Gegenwart und Zukunft. 
Simon Snaschel
 |  aktualisiert: 17.04.2024 17:00 Uhr

Die Berichterstattung zur Haushaltsplanung des Bezirks Unterfranken hat für Verunsicherung rund um das Thoraxzentrum in Münnerstadt gesorgt. Dort hieß es in Bezug auf die Lungenfachklinik am Michelsberg, dass für 2024 im Etat ein Jahresfehlbetrag von 1,2 Millionen Euro zu erwarten sei.

Der Bezirk Unterfranken betreibt fünf Kliniken. In Summe rechnet man für 2024 im Haushalt mit einem Defizit von 5,4 Millionen Euro, davon eben 1,2 Millionen für das Thoraxzentrum. Ist die Klinik also selbst Patientin?

Betriebsleiter Martin Schleyer betrachtet das Millionen-Defizit der Klinik differenziert

Martin Schleyer, Betriebsleiter der Lungenklinik, sagt im Gespräch mit dieser Redaktion: "Wenn wir von einer Patientin sprechen, dann von einer mit positiver Prognose." Das angegebene Defizit beziehe sich auf die kalkulatorische Haushaltsplanung. Dabei seien alle negativen Einflüsse, Eventualitäten und Worst-Case-Szenarien berücksichtigt, so Schleyer. "Wir haben dieses prognostizierte negative Ergebnis noch nie erreicht und werden es in der Regel auch nicht erreichen."

Dennoch: "Ein Defizit ist und bleibt selbstverständlich ein Defizit, da gibt es nichts zu beschönigen", so der Betriebsleiter. Man habe dieses aber in den vergangenen Jahren kontinuierlich reduzieren können, trotz der schwierigen Marktsituation, ergänzt Schleyer. "Für unser Haus können wir aktuell sogar von einem positiven Trend sprechen."

Das Thoraxzentrum am Michelsberg mit Blick auf Münnerstadt.
Foto: Anand Anders | Das Thoraxzentrum am Michelsberg mit Blick auf Münnerstadt.

Warum ist es so schwierig, ein Krankenhaus wirtschaftlich zu führen? Für Schleyer ist klar: "Medizin ist menschlich." Dennoch sei man auch unter kommunaler Trägerschaft verpflichtet, effizient zu arbeiten. "Am Ende zahlt ja der Steuerzahler das Defizit", so Schleyer.

"Es stehen aber eben kein Profit oder die Befriedigung von Investoren als Zielgröße in unseren Statuten." Im Klartext: Der Mensch steht im Mittelpunkt des Handelns. "Das betont auch unser Bezirkstagspräsident Stefan Funk immer wieder", sagt Schleyer.

Funk äußerte gegenüber dieser Redaktion, dass eine Schließung nicht zur Debatte stehe. Man müsse allerdings sehen, wie man Kosten reduzieren könne. Für das Thoraxzentrum sieht Schleyer jedoch wenig Spielraum: "In dieser Hinsicht haben wir in den vergangenen drei Jahren unsere Hausaufgaben gemacht." Große Einsparungsmöglichkeiten seien aus seiner Sicht nicht mehr gegeben.

Auch am Thoraxzentrum Münnerstadt herrscht Personalmangel, vor allem in der Pflege

"Der größte Kostenblock in einem Krankenhaus sind die Personalkosten." Da allerdings würde man an der eigenen Leistungsfähigkeit ansetzen. "Das wäre kontraproduktiv", so Schleyer. "Vielmehr müssten wir die Erlöse steigern, was aber nur mit mehr, vor allem pflegerischem Personal möglich wäre", spricht er den Personalmangel in diesem Bereich an.

Schon alleine deshalb müssen sich die Beschäftigten, laut Schleyer, keine Sorgen um ihre berufliche Zukunft im Thoraxzentrum machen. "Unsere Mitarbeiter sind motiviert, Patienten sind da. Der Flaschenhals ist die angespannte Personalsituation. Es ist also eher das Gegenteil der Fall: Mit zusätzlichem Personal könnten wieder mehr Patienten behandelt werden und so auch die wirtschaftliche Stabilität langfristig gesichert werden."

Wie lange lässt sich ein solcher Spagat zwischen menschlicher Medizin und wirtschaftlichen Zwängen aufrechterhalten? Seine überschaubare Größe und die demnach individuelle Behandlung der Patientinnen und Patienten gelten als Stärken des Thoraxzentrums. Martin Schleyer wünscht sich sehr, dass dieses Plus nicht auf Dauer auf der Kippe steht, sagt er.

"Hier könnte man die Grundsatzdiskussion aufwerfen, ob Gesundheit staatliche Aufgabe sein soll oder privat geführt werden darf. Die politischen Rahmenbedingungen und die Finanzierung sind der Schlüssel für eine gute Versorgung. Kein Handwerksbetrieb oder Selbständiger könnte seinen Betrieb aufrechterhalten, wenn die Kosten höher sind als die Einnahmen. Dieses Phänomen besteht aber aktuell in vielen Bereichen im Gesundheitswesen. Eine Reform diesbezüglich ist unabdingbar, wird aber auf anderer Ebene entschieden", so der Betriebsleiter.

Thoraxzentrum Münnerstadt

Das Thoraxzentrum in Münnerstadt besteht seit 1954. Es hat sich seitdem zu einer hochspezialisierten Lungenfachklinik entwickelt. Schwerpunkte sind die Diagnostik und Behandlung aller Formen von Lungen- und Atemwegserkrankungen sowie die Thoraxchirurgie mit operativen Eingriffen. Das Krankenhaus bietet Platz für bis zu 110 Patientinnen und Patienten, rund 250 Mitarbeitende sind dort beschäftigt.
Quelle: Thoraxzentrum Münnerstadt
 
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