Selten wurde über ein Stück Stoff, insbesondere die Spielführerbinde einer Fußballmannschaft, derart diskutiert wie über die One-Love-Kapitänsbinde. Acht europäische Nationalmannschaften, unter anderem die deutsche, hatten die Armbinde ursprünglich bei der ohnehin schon sehr umstrittenen Weltmeisterschaft in Katar tragen wollen, um ein Zeichen für Toleranz und Vielfalt zu setzen.
Auf der Binde ist neben dem Schriftzug "One Love" ein Herz in Regenbogenfarben abgebildet. Der Weltfußballverband FIFA drohte kurz vor Turnierbeginn Konsequenzen für die Mannschaften an, sollten die Kapitäne tatsächlich mit der Binde auflaufen. Alle teilnehmenden Nationen müssen die von der FIFA gestellten Kapitänsbinden tragen, hieß es in der Begründung des Verbandes. Die Teams sind daraufhin von ihrem Vorhaben abgerückt.
Markus Arneth, Leiter des Jack-Steinberger-Gymnasiums in Bad Kissingen, hat sich daraufhin selbst eine One-Love-Kapitänsbinde besorgt, die er seitdem in der Schule trägt. Im Gespräch mit dieser Redaktion verrät der 52-Jährige, was ihn dazu treibt, wie die Reaktionen ausfallen und warum es wichtig ist, in der heutigen Zeit Stellung zu beziehen und Zeichen zu setzen.
Markus Arneth: Ja. Aber zumindest dahingehend auch berechtigt, dass man meiner Ansicht nach wirklich ein Zeichen setzen muss. Nicht nur gegen Länder, die sich so eindeutig gegen gewisse sexuelle Orientierungen stellen, wie es Katar tut. Vor allem auch gegen eine Organisation wie die FIFA, die diesen Ländern, aus monetären oder welchen Gründen auch immer, alles recht machen möchte.
Arneth: Sehr wichtig. Ich finde vor allem, dass wir im schulischen Bereich eine große Verantwortung haben. Wobei ich jederzeit auch verstehe, wenn man in gewisser Weise eingeschränkt ist. Ich dürfte hier in der Schule auch kein politisches Zeichen setzen, diesen Rahmen gibt der Gesetzgeber vor. Bei allgemeingesellschaftlichen Dingen, wie eben jetzt mit der Binde, darf ich das aber Gott sei Dank tun und halte es auch für wichtig.
Arneth: Wir haben sicherlich den Auftrag, Werte weiterzugeben und zu vermitteln. Oder zumindest mit den Schülern in die Diskussion zu kommen. Natürlich müssen sie sich nicht danach richten. Aber wenn ich bei nur 20 unserer rund 800 Schülerinnen und Schülern den Stein den Anstoßes für ein Überlegen oder eine Diskussion gebe, weil ich die Binde trage, dann ist schon viel erreicht.
Arneth: Ich denke, dass wir mittlerweile eine Generation haben, die sich wieder mehr für Politik und gesellschaftliche Dinge interessiert. Ich habe in meiner Lehrerlaufbahn erlebt, dass es da auch mal ein Loch gab. Vielleicht hat auch der Einfluss der Medien eine gesellschaftliche Aktivierung der Jugend bewirkt, angefangen sicherlich mit Klima-Aspekten. Als Lehrer würde man sich natürlich noch mehr Eigeninitiative wünschen, aber dass das Interesse steigt, halte ich für sehr wichtig.
Arneth: Über die WM hinaus eher nicht. Ich denke, so ein Signal nutzt sich auch in gewisser Weise ab. Vielleicht gibt es andere Aspekte und Gelegenheiten, weitere Zeichen zu setzen, denn es ist ja nicht das einzige Thema, das unsere Gesellschaft beschäftigt.
Arneth: Sinnvoll wäre das und schön auch. Für mich selber muss ich gestehen, dass ich die Dinge zwar im Kopf habe, sie im Alltag aber oft untergehen oder die klare Idee fehlt, wie man die Zeichen setzen kann. Ich würde gerne mehr machen.