Schon im Sommer 2020 hatten sich Kulturreferent Peter Weidisch und Museumsleiterin Annette Späth ein Konzept für die Ausstellung zum 200. Geburtstag von Prinzregent Luitpold überlegt und den Titel "Weltbad Kissingen und Prinzregent Luitpold - Innovativ. International. Königlich." dafür geprägt. Doch was verbirgt sich hinter den Exponaten, die ab 12. Mai in der Oberen Saline zu sehen sind und eine ganze Epoche beleuchten?
Mit der Prinzregentenzeit bezeichnet man im Allgemeinen die Epoche nach dem Tod von König Ludwig II. im Jahr 1886 bis zum Ersten Weltkrieg, sagt Späth. Gemeint sei damit aber vor allem die Regentschaft von Luitpold von Bayern, der 1912 starb. Für die Bad Kissinger reicht der Ruhm der Prinzregentenzeit jedoch über dieses Datum hinaus, denn damals war der prachtvoll von Stararchitekt Max Littmann angelegte Prinzregentenbau noch nicht fertig. Den weihte erst Luitpolds Sohn Ludwig ein Jahr später ein.
Die Reize eines aparten Badeorts
Blickt man zurück auf die Zeit um 1900, als Bad Kissingen längst als Weltbad galt und nicht nur gekrönte Häupter hier kurten, sondern auch die großbürgerliche Gesellschaft die Reize des kleinen (4700 Einwohner), aber sehr aparten Badeorts entdeckt hatte, ertappt man sich dabei, wie man sich in fantasievollen Bildern ein prunkvolles Bild vom damaligen Leben malt.
Doch dieses Märchen trifft nur teilweise zu, denn die raue Wirklichkeit sah für den Großteil der Bevölkerung damals ganz anders aus. Nach wie vor mühten sich die meisten sogenannten Kleinbürger rechtschaffen ab, ihr täglich Brot mit harter Arbeit zu verdienen– wenngleich der Aufstieg zum Weltbad allmählich auch etlichen Bad Kissingern einen gewissen Wohlstand gesichert hatte.
Auswirkungen bis hinauf in die Rhön
"Die Bürger haben natürlich davon profitiert, dass Leute aus aller Welt hierher kamen", sagt Weidisch. So veranstaltete man Basare für die Kurgäste. Kaiserin Auguste Victoria, Gemahlin von Kaiser Wilhelm II., schrieb ihren Freunden damals, dass man in dieser Kurstadt "sehr gut einkaufen" könne. Die Handwerker profitierten vom Bauboom dieser Jahre, sagt Weidisch. "Die Stadt war eine Job-Maschine für die ganze Region." Das hatte Auswirkungen bis hinauf in die Rhön. Von dort wurden allerhand Versorgungsgüter geordert und es kamen zahlreiche Dienstboten hierher in Stellung.
Der kleinstädtische Charakter des 19. Jahrhunderts hat sich um 1900 allmählich gewandelt, sagt Museumsleiterin Späth. Bad Kissingen war zwar weiter eine kleine Stadt, aber die Innovationen der Großstädte hielten nach und nach Einzug. "Die Elektrifizierung wurde vorgenommen, das Telegrafennetz angeschlossen", sagt Späth. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der Kurbetrieb weiter Fahrt aufgenommen. "Man hatte nun interessante Leute hier zu Gast und musste deren Ansprüche auf Luxus langfristig erfüllen."
Cholera-Epidemie noch nicht besiegt
Zudem sollten sich die Gäste hier sicher fühlen, was unter anderem auch den Hygiene-Standard angeht, sagt Späth. Die Cholera-Epidemie von 1892 war in Deutschland noch nicht besiegt. Belegt ist beispielsweise, dass Graf von Luxburg seiner Frau damals riet, auf dem Aschacher Schloss zu bleiben, weil in Würzburg gerade die Cholera ausgebrochen war, erzählt Späth. "Damals wurde in Bad Kissingen die Schwemm-Kanalisation gebaut, so blieb man hier cholerafrei." Die Kurstadt war sogar, laut Weidisch, eine der ersten Städte in Bayern mit einem derartigen Kanalsystem.
Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren Fürsten, Könige und Kaiser hier zu Gast. Man reiste aus allen deutschen Regionen, aber auch aus Russland, Österreich, Ungarn und Amerika an. "Aus heutiger Sicht gesehen ist es beeindruckend, dass Bad Kissingen damals schon solch einen großen Namen in der Welt hatte", sagt Späth. Dennoch kamen nicht nur gekrönte Häupter, Schriftsteller und Adelige hierher, sondern auch das gesellschaftlich hochstehende und finanziell gutsituierte Großbürgertum hatte damals längst Gefallen an solch erlesener Kurgesellschaft gefunden.
Bad Kissingen war international
Bad Kissingen war in mehrfacher Hinsicht international, sagt Späth und nennt als Beispiel, dass englische Badeärzte hierher kamen, um zu praktizieren. Auch an den damals hier angesiedelten Religionsgemeinschaften kann man erkennen, welchen Rang Bad Kissingen in der Welt hatte, sagt Späth. So entstanden während dieser Zeit sowohl die russisch-orthodoxe Kirche als auch die anglikanische Kirche, während die evangelische Kirche ausgebaut wurde. Zudem wurde in der Maxstraße zwischen 1900 und 1902 die Synagoge errichtet.
Die Kurgäste reisten schon Ende des 19. Jahrhunderts mit der Eisenbahn an. Denn bereits unter König Ludwig II. hatte der Bad Kissinger Magistrat sich dafür eingesetzt, dass die Kurstadt ans Bahnnetz angeschlossen wird. 1871 wurde der Bahnhof hier schließlich eröffnet. 1894 geruhte dann schließlich auch Prinzregent Luitpold per Bahn hierher anzureisen und sorgte anschließend dreieinhalb Stunden lang in der Stadt für großen Wirbel.
Seinem seinerzeit spektakulären Besuch ist einer der vier Themenkreise der Ausstellung in der Oberen Saline gewidmet, sagt Späth. Zwei weitere Schwerpunkte bilden die Bad Kissinger Neubauten, die vor allem unter der Regie Max Littmanns entstanden (zum Beispiel Regentenbau und Wandelhalle), sowie die Verehrung des Prinzregenten Luitpold in der Kurstadt.
Als der Prinzregent höchstpersönlich kam
Ein vierter Themenkomplex beschäftigt sich mit den Festivitäten zur Prinzregentenzeit – allen voran natürlich die prunkvolle Einweihung des Regentenbaus durch Luitpolds Sohn Ludwig im Jahr 1913. Gefeiert wurde damals tagelang, der 14. Und 15, Mai waren die Haupttage, sagt Späth. Die Stadt hatte immerhin 10 000 Mark ausgegeben und eigens den renommierten Münchner Künstler Rudolf Gedon engagiert, um Straßen und Häuser, unter anderem mittels Dekorationsgerüsten, festlich auszustatten.
Die Bad Kissinger bereiteten dem Prinzregenten am Bahnhof einen großen Empfang. Nach einem vom Volk umjubelten Korso durch die Stadt besichtigte der hohe Gast die Neubauten und die Kuranlagen. Abends gab’s festliche Soupers und eine Gala-Aufführung im neuen Kurtheater sowie natürlich ein Eröffnungskonzert im brandneuen Regentenbau.
Eröffnet werden soll die große Sonderschau, die übrigens mit 28 600 Euro aus dem Kulturfonds Bayern unterstützt wird, am 12. Mai. Späth und Weidisch hoffen, dass die Corona-7-Tage-Inzidenz im Landkreis es spätestens Ende Mai zulässt, dass Besucher unter Hygieneschutzbedingungen zur Besichtigung kommen können.