Von außen haben Marc Grellert, ein Lehrbeauftragter der TU Darmstadt, und seine Architectura Virtualis GmbH die Form des 1902 erbauten Gebäudes bereits 2002 rekonstruiert. Jetzt ist auch die 3-D-Animation des Innenraums fertig. Grellert stellte sie am Donnerstag der Kissinger Öffentlichkeit erstmals vor. In einem Vortrag, der ein Symposium zum Thema „Die Synagoge im Wandel der Zeit“ abschloss.
Die Arbeit von Grellert und Architectura Virtualis macht Bad Kissingen nach München und Nürnberg zur dritten Stadt in Bayern, die am Computer eine Synagoge wieder aus dem Schutt der Zerstörung durch die Nazis hat auferstehen lassen. Das berichtete der Kissinger Hans-Jürgen Beck beim Symposium.
Leicht war das Unterfangen nicht. Ein Grund dafür war der Mangel der Stadt an Geld. Den glichen Fördermittel der Unterfränkischen Kulturstiftung, des Kulturfonds Bayern und der Sparkasse Bad Kissingen aus.
Ein anderer Grund war die schlechte Quellenlage. Vom Inneren der Kissinger Synagoge gibt es nur wenige Schwarzweißaufnahmen. Planzeichnungen, Berichte von Zeitzeugen, bauhistorische Kenntnisse über neoromanische Synagogen und das Wissen von Fachleuten wie Peter van Treeck, der bei der Bestimmung der farbigen Glasfenster weiter half, traten an ihre Stelle.
Bei aller Liebe zur Treue im Detail ist es aus Grellerts Sicht am Ende aber gar nicht so bedeutsam, „ob die Synagoge haargenau so ausgesehen hat“. Viel wichtiger sei, dass Bad Kissingen sich entschieden habe, dass das jüdische Leben ein bedeutendes Element seiner Geschichte war. Und dass die Stadt sich dazu bekenne, der Nachwelt einen Zugang zu dieser Architektur zu ermöglichen.
Oberbürgermeister Karl Heinz Laudenbach griff für die Stadt diesen Gedanken auf. Die virtuelle Rekonstruktion der Synagoge nannte er ein Zeichen des Nicht-Vergessens. Sie gebe der Stadt ein markantes Gebäude zurück.
In der Tat: Die Architektur ist damit wieder ein Stück begreifbarer geworden. Die schreckliche Geschichte der Judenvernichtung in Deutschland nicht.