Für den Vorstandsvorsitzenden des Milli-Görüs-Vereins Schweinfurt – einer umstrittenen Gemeinschaft, die einen konservativen Islam lehrt –kommen dabei auch die positiven Entwicklungen etwa bei Infrastruktur und Gesundheitssystem in der Türkei zum Tragen. Diese würden die Menschen wahrnehmen.
Rund einen Monat nach dem Putschversuch scheint die türkische Gesellschaft tief zerrissen – auch über die Grenzen des Staates hinaus. So unterschiedlich die politische Haltung, die eigenen Erfahrungen und der eigene Alltag in Deutschland, so unterschiedlich ist der Blick auf die Situation in der Türkei. Die Einschätzung des bayerischen Verfassungsschutzes scheint sich zu bewahrheiten. „Der Umgang der türkischen Regierung mit den Gülen-Anhängern wird sich entscheidend auf die Entwicklung in Deutschland auswirken.“
Einige Maßnahmen der türkischen Regierung nach dem Putschversuch
Nach dem Putschversuch vom 15. Juli leitete Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Maßnahmen zur „Säuberung“ seines Landes von den Putschisten ein. So sind seitdem mehr als 40 029 Verdächtige in der Türkei festgenommen worden, darunter Journalisten, Polizisten, Soldaten, Mitarbeiter des Justizapparats und von Verwaltungen sowie Zivilisten. Fast 80 000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sollen suspendiert worden sein. Direkt nach dem Putschversuch erklärte Erdogan, zur Wiedereinführung der Todesstrafe bereit zu sein. Sie wurde 2002 abgeschafft, um die Verhandlungen zum EU-Beitritt zu ermöglichen. Am 20. Juli wurde in der Türkei für drei Monate der Notstand ausgerufen. Zwei Tage später beschloss der Ministerrat, dass Verdächtige ab sofort in bestimmten Fällen 30 Tage in Polizeigewahrsam bleiben können, bis sie einem Haftrichter vorgeführt werden müssen. Zugleich wurde die Umstrukturierung der türkischen Armee angekündigt sowie die Schließung von 2300 Schulen und anderen Einrichtungen verfügt. Anfang August kündigte Erdogan an, die „Säuberungen“ auch auf die Geschäftswelt auszuweiten. Jüngst wurde das Vermögen von 187 Geschäftsleuten beschlagnahmt. Seit dem Putschversuch verlangt die türkische Regierung von den USA die Auslieferung des Predigers Fetullah Gülen. Ankara macht die Gülen-Bewegung für den Putschversuch verantwortlich.