In einer Buchhandlung finde ich das Buch „Das Prinzip Apfelbaum. Was bleibt?“, in dem Prominente, fotografiert von Bettina Flitner, von den Gedanken erzählen, die sie angesichts ihres eigenen Todes haben, was sie weitergeben wollen, was am Ende von ihnen bleiben soll. Die Geigerin Anne-Sophie Mutter umarmt in einem leeren Konzertsaal Musik und Publikum; der Bergsteiger Reinhold Messner blickt mit grauweißem Bart von einem Berg in die Ferne. Er sagt: „Wenn ich den Tod als das selbstverständliche Ende meines Daseins annehme, kann ich mein Leben viel besser ausfüllen. Ich genieße die Möglichkeit, zu gestalten. Ich genieße die Möglichkeit, zu erfahren.“
Ich merke, dass ich allmählich ruhiger werde. Es kann sein, dass ich diese Krankheit nicht überlebe. Es kann aber auch sein, dass ich damit 90 werde. Zurück von der Wellness-Woche beginne ich, die wichtigsten Dinge in meinem Leben zu ordnen. Zwei Wochen habe ich noch bis zur OP. Für ein Testament oder eine Patientenverfügung reicht mir die Zeit nicht. Aber ich besorge eine Bankvollmacht für meinen Mann, denn bislang hatten wir getrennte Konten. Es ist schon unheimlich, wenn man in die Bankfiliale geht, in der man sonst Überweisungen abgibt und Schweizer Franken zum Bummeln in Zürich tauscht und sagt: „Ich möchte meinem Mann eine Bankvollmacht einräumen.