Denken Sie etwa an die Diskussion im Fall des Kindesmörders Magnus Gäfgen. Damals hat der Vizepolizeichef von Frankfurt dem Täter Folter angedroht, damit der ihm den Aufenthaltsort des entführten Kindes nennt. Im Prozess vor dem Landgericht Frankfurt wurde meines Erachtens zurecht geurteilt, dass die Tat des Polizisten rechtswidrig ist, aber die Strafe gering ausfallen muss, weil wir ihn aus moralischen Gründen verstehen können.
Hilgendorf: Er ist das Argument hinter meinen Ausführungen bisher. Es gibt gesetzlich verbrieft im Strafrecht zwei verschiedene Notstandsregelungen, den rechtfertigenden und den entschuldigenden Notstand. Der rechtfertigende Notstand liegt vor, wenn man eine Sache zerstört, um einen Menschen zu retten. Wenn es Leben gegen Leben steht, kann eine solche Rechtfertigung nicht greifen. Der Täter kann in diesem Fall entschuldigt sein, wenn er handelt, um sich oder etwa einen Familienangehörigen zu retten. Der übergesetzliche Notstand entschuldigt nur in Fällen, in denen gehandelt wird, um anderen, fremden Menschen zu helfen.