Homeoffice, Kurzarbeit und Co.: Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag vieler Menschen verändert. Betriebsräte spielen dabei eine wichtige Rolle, müssen sie doch bei derlei Veränderungen in Unternehmen die Interessen des Personals gegenüber der Chefetage vertreten.
Den bundesweiten Wahlen der Betriebsräte ab 1. März kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu. Bis 31. Mai sind die Abstimmungen in 28 000 Unternehmen in Deutschland angesetzt. In Unterfranken geht es nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) um etwa 500 solcher Gremien mit zusammen rund 3600 Mitgliedern.
Welche Rolle Betriebsräte in Unterfranken spielen
Wie DGB-Regionsgeschäftsführer Frank Firsching in Schweinfurt auf Anfrage mitteilt, haben die Betriebsräte in der vom Mittelstand geprägten Region im Durchschnitt maximal elf Aktive. Wie groß die Abdeckung aller Unternehmen mit solchen Belegschaftsvertretungen ist, sei unklar. "Diese Zahlen haben wir nicht", da dem DGB nicht bekannt sei, wie viele Kleinbetriebe es in Unterfranken gibt, die einen Betriebsrat haben könnten.
Die Gewerkschaften sind zwar nicht direkt für Betriebsräte zuständig, arbeiten jedoch normalerweise eng mit ihnen zusammen. So kommt DGB-Mann Firsching zu dem Schluss, dass die Arbeitnehmervertretungen heute wichtiger denn je seien. Denn: "Die Arbeitswelt wird immer komplexer und differenzierter."
Jüngste Beispiele für Betriebsratsgründungen in Mainfranken
Von Betriebsrätinnen und -räten werde deshalb "enormes Wissen" verlangt, auch und gerade im Zuge der Corona-Pandemie mit neuen Arbeitsformen und strengem Gesundheitsschutz des Personals. Gerät ein Unternehmen wirtschaftlich in Bedrängnis, steige naturgemäß der Druck auf die Beschäftigten. Derzeit sei das wegen der coronabedingten Umsatzeinbußen vor allem im Einzelhandel und der Hotellerie zu erleben.
In jüngster Vergangenheit hatten der Modekonzern s.Oliver in Rottendorf, der Logistiksysteme-Anbieter SSI Schäfer in Giebelstadt (beide Lkr. Würzburg) und das Distributionszentrum der Schaeffler AG in Kitzingen mit der Gründung eines Betriebsrates auf sich aufmerksam gemacht. Dennoch gebe es in Unterfranken immer noch einige ähnlich große Betriebe, die keine Arbeitnehmervertretung haben, bedauerte Firsching. Als Beispiel nannte er die Würzburger Druckerei Flyeralarm.
Was Betriebsräte bewirken können
Hat ein Unternehmen einen Betriebsrat, dann fühlen sich die Beschäftigten gerade in schwierigen Zeiten wie jetzt in der Corona-Phase sicherer und seien motivierter: Das sagt die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung und beruft sich dabei auf eine aktuelle Studie ihres Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in Düsseldorf.
Unbestritten ist, dass gerade in der Industriestadt Schweinfurt die Betriebsräte der großen Arbeitgeber in Krisenzeiten immer wieder Gutes für die Belegschaften erkämpft haben. So wurde 2015 bei Bosch Rexroth ein geplanter Stellenabbau in eine Vertriebsoffensive umgeleitet. Er brachte dem Standort wieder wirtschaftlichen Aufschwung und dem Betriebsrat einen bundesweiten DGB-Preis ein.
Oder ZF: Der Automobilzulieferer mit 9000 Beschäftigten in Schweinfurt zog 2015 seine Stoßdämpfer-Sparte ab. Im Gegenzug kam die Zentrale für Elektromobilität an den Main. Damit sei ein wichtiges Stück Zukunftssicherung erkämpft worden, sagte Betriebsratschef Oliver Moll 2020 im Rahmen des bundesweiten Jubiläums "100 Jahre betriebliche Mitbestimmung".
Solche Kämpfe für die Belange arbeitender Menschen sind nach Ansicht von Unterfrankens DGB-Chef Firsching auch heute wichtig. Schließlich gebe es immer noch "patriarchal geführte Unternehmen", die in einem Betriebsrat die Gefahr für ihren Anspruch auf Alleinherrschaft sähen. Der Normalfall sei freilich, dass "in vielen Betrieben ein fairer Umgang die Zusammenarbeit zwischen Firmenleitung und Betriebsrat prägt".