Am 8. März soll gewählt werden: Bei SSI Schäfer in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) ist die Bildung eines Betriebsrats auf der Zielgeraden. Es ist der zweite Fall dieser Art in einem großen mainfränkischen Unternehmen innerhalb kurzer Zeit. Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass auch die Belegschaft des Modekonzerns s.Oliver in Rottendorf (Lkr. Würzburg) eine Mitarbeitervertretung gründen will. Die Betriebsratswahl bei SSI Schäfer "ist überfällig", sagt Norbert Zirnsak, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall in Würzburg.
Bei s.Oliver war die Gründung eines Betriebsrats lange ein Streitthema gewesen - vor allem zwischen der früheren Geschäftsleitung unter Firmengründer Bernd Freier und der Gewerkschaft Verdi. Nun scheinen sich die Wogen geglättet zu haben.
Vergleichsweise geräuschlos verlief im April des vergangenen Jahres in Kitzingen die Gründung eines Betriebsrates für das europäische Distributionszentrum des Automobilzulieferers Schaeffler. Es war erst im Mai 2018 in Betrieb gegangen.
"Es läuft alles ordentlich ab", lobte Gewerkschafter Zirnsak nun die Vorgänge bei SSI Schäfer. Widerstand aus der Chefetage habe er nicht wahrgenommen. SSI Schäfer ist auf Logistiksysteme spezialisiert, wie man sie zum Beispiel aus Hochregallagern kennt. Sitz der weit verzweigten und international aufgestellten Firmengruppe ist Neunkirchen im westfälischen Siegerland.
Wie ein SSI-Sprecher mitteilte, wird der am 8. März zu wählende Betriebsrat für 600 Mitarbeiter in der Niederlassung in Giebelstadt sowie für weitere 300 Beschäftigte in angegliederten Außenstellen in Dortmund, Bremen, Münster, Erlangen und im oberpfälzischen Oberviechtach zuständig sein.
Dritter Fall: Schaeffler-Ableger in Kitzingen
Die Initiative dazu sei bei einem Mitarbeitertreffen im vergangenen Sommer in Giebelstadt entstanden, so der Sprecher. Konzernchef Steffen Bersch habe schon damals die Gründung eines Betriebsrates begrüßt. Bersch ist seit April 2020 im Amt.
Nach Angaben des Sprechers wird die Mitarbeitervertretung in Giebelstadt Teil des Konzernbetriebsrates werden, der so gut wie alle SSI-Standorte im deutschsprachigen Raum vertrete. Die Unternehmensgruppe beschäftigt nach eigenen Angaben 10 500 Menschen.
Wie aus dem Unternehmen in Giebelstadt zu erfahren war, gibt es im Moment 32 Kandidaten, die auf vier Listen für den 13-köpfigen Betriebsrat kandidieren. Die Konzerntochter SSI Schäfer Automation GmbH in Giebelstadt ging aus der Lagerlogistik-Sparte der früheren Würzburger Firma Noell hervor.
Losgelöst von SSI Schäfer und s.Oliver sieht Gewerkschafter Zirnsak einen Zusammenhang zwischen der Corona-Krise und dem Wunsch von Beschäftigten nach einem Betriebsrat. "Das spielt eine Rolle", schließlich habe der wirtschaftliche Druck auf viele Unternehmen zugenommen.
IG Metall: Corona-Krise verstärkt Wunsch nach Betriebsrat
Dort, wo es keine Betriebsräte gibt, "spüren wir, dass es Nachfragen gibt". Allerdings sei die Gründung einer Mitarbeitervertretung "nicht ganz einfach", so Zirnsak. Nach wie vor kenne er gerade mittelständische Unternehmen in der Region, deren Chefs sich gegen einen Betriebsrat vehement und seit langem sträuben.
Unterm Strich ist Zirnsak aber mit der Lage zufrieden: Im Bereich der IG Metall Würzburg gebe es 80 kleine und mittelgroße Betriebe, die einen Betriebsrat haben. "Das ist vergleichsweise viel."