Fachkräftemangel, Materialmangel, Corona und hohe Preise: Die Metall- und Elektroindustrie in Unterfranken plagt sich mit jenen Top-Herausforderungen herum, die auch im Rest von Bayern aktuell sind. Mit einem Unterschied: Die aktuelle Lage wird zwischen Rhön, Steigerwald und Untermain im Vergleich schlechter eingestuft.
Das geht aus einer turnusmäßigen Konjunkturumfrage hervor, die der Unternehmerverband bayme/vbm am Donnerstag in Würzburg vorstellte. Demnach tut sich für die unterfränkischen Betriebe eine brisante Kluft auf: Im Moment sind die Auftragsbücher zwar voll, die Zuversicht damit spürbar, doch der Materialmangel und die Corona-Einschränkungen bremsen die Geschäfte. Sollte die Konjunktur wieder Gas geben, käme der nächste Bremsklotz: Es fehlt Fachpersonal.
"Es ist noch ein gutes Stück bis zum Normalzustand", fasste Unternehmerin Ingrid Hunger aus Lohr am Donnerstag zusammen. Die Vorsitzende der bayme/vbm-Region Main-Spessart wollte dennoch nicht komplett schwarz sehen: Die Stimmung in den Unternehmen "ist besser als die Lage".
Welche Rolle die Metall- und Elektroindustrie in der Region spielt
Mit knapp 90 000 Beschäftigten hat Unterfranken 10,6 Prozent Anteil an der Metall- und Elektroindustrie in Bayern. Die Branche ist einer der wichtigsten Pfeiler und ein Stimmungsbarometer der regionalen Wirtschaft – gerade wegen der industriellen Großbetriebe am Untermain und in Schweinfurt, wo laut bayme/vbm allein 20 000 Menschen in diesem Bereich beschäftigt sind.
Unternehmerin Hunger betonte am Donnerstag, dass das coronabedingte Minus der regionalen Konjunktur 2021 in diesem Jahr wohl gerade so wettgemacht werden könne. Mehr sei nicht drin, auch wenn im Sommer "ein leichtes Produktionsplus" zu erwarten sei.
Nur 20 Prozent der Unternehmen wollen erweitern
Der Verbandsumfrage zufolge will jedes zweite Metall- und Elektrounternehmen in Unterfranken trotz der schwierigen Rahmenbedingungen das Personal aufstocken. Zurückhaltung herrscht indes bei anstehenden Investitionen: Nur 20 Prozent der Betriebe wollen in nächster Zeit Geld in ihre Erweiterung stecken.
Neben dem allgegenwärtigen Rohstoff- und Materialmangel schlägt derzeit offenbar auch die Verteuerung von Strom, Gas und Öl aufs Gemüt der Unternehmer. Hunger erfährt das am eigenen Leib: In ihrem Hydraulikbetrieb in Lohr hätten sich die Energiekosten innerhalb eines halben Jahres "mehr als verdoppelt".
97 Prozent können Aufträge nicht richtig abarbeiten
Im Materialmangel sieht die bayme/vbm-Regionalvorsitzende einen "Aufschwungkiller". 97 Prozent der befragten Unternehmen in Unterfranken könnten derzeit ihre Aufträge nicht im gewünschten Maße abarbeiten.
Der Umfrage zufolge klagen 90 Prozent der unterfränkischen Metall- und Elektrobetriebe über zu späte, 61 Prozent über zu geringfügige Lieferungen. 36 Prozent gaben an, gar kein Material mehr zu erhalten.
Immerhin scheint bei diesem Thema Linderung in Sicht: Das Ifo-Institut in München teilte vor wenigen Tagen mit, dass noch 67 Prozent der Betriebe in Deutschland über Probleme bei der Beschaffung von Teilen und Material klagten. Im Dezember waren es 82 Prozent gewesen.
Wenn die Bänder und Maschinen wieder schneller laufen, stellt sich allerdings die Frage: Wer soll die angestaute Arbeit leisten? "Aufträge sind ja da", unterstrich Unterfrankens bayme/vbm-Geschäftsführer Michael Bischof. Aber allein vom Autozulieferer ZF in Schweinfurt habe er erfahren, dass dort auf einen Schlag 280 Stellen zu besetzen sind. ZF beschäftigt in der Industriestadt 9000 Menschen.
Dieser Fachkräftemangel ist aus Sicht von Ingrid Hunger "ein riesengroßes Problem" mit unbekanntem Ausgang. "Wir finden zum Beispiel keine Lackierer und keine Schweißer", sagte sie über ihren Betrieb.