Dank des Niedrigzinses waren Darlehen für die Baufinanzierung jahrelang günstig zu bekommen. Doch jetzt wird das geliehene Geld wieder teurer - und Bauwillige sollten sich gut informieren. Experten vom Münchner Ifo-Institut zufolge zeichnet sich eine Zinswende ab. Und am Montag erst hat die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, ein Ende des Negativzinses für September angedeutet.
Dass die Zinsen wohl bald also wieder anziehen trifft jene, die bald ein Haus oder Grundstück kaufen wollen. Auch die derzeit hohe Inflation mit steigenden Preisen wirkt sich auf die Nachfrage aus. Die Landesbausparkasse LBS in Bayern teilte mit, dass in den ersten vier Monaten des Jahres bereits 70 Prozent mehr Darlehen ausgegeben wurden als im Vergleichszeitraum 2021.
Wie sollten Bauwillige die Lage bei den Darlehenszinsen einschätzen? Abwarten oder schnell handeln? Simone Reisch von der Sparkasse Mainfranken in Würzburg ist Abteilungsleiterin für Baufinanzierung und sagt, welche Schritte im Moment für künftige Bauherren richtig sein können.
Simone Reisch: Darauf kann man nicht pauschal antworten. Es kommt immer auf die individuelle Sicht des Kunden an. Also: Wie ist der finanzielle Hintergrund? Gibt es einen Bauzwang – dass also die Gemeinde sagt, dass der Spatenstich bis zum Tag X vollzogen sein muss? Die Verfügbarkeit der Baufirmen ist ein ganz großes Thema. Und der persönliche Zeithorizont: Wie dringend ist es für die Bauwilligen, in die eigenen vier Wände einzuziehen? Es gibt also nur die individuelle Betrachtung des Bauvorhabens. Um das realistisch zu beleuchten, rate ich zum Gang zum Baufinanzierungsberater des Vertrauens.
Reisch: Das ist wirklich so. Wie sich die Zinsen entwickeln, das kann im Moment niemand genau vorhersagen. Unsere Verbundpartner (Anm. der Redaktion: u.a. die Landesbausparkassen) legen sich auch nicht fest. Tendenziell gehen wir davon aus, dass die Zinsen steigen werden.
Reisch: Wie gesagt, die Entscheidung kann dem Kunden niemand abnehmen. Wir können ihm nur zeigen, welche Möglichkeiten es gibt. Zum Beispiel, dass man Zinssicherungskonzepte oder Bausparverträge in die Finanzierung einbindet. Oder man wählt unterschiedliche Zinslaufzeiten. Wir wissen eben einfach nicht, wohin sich die Zinsen entwickeln.
Reisch: Das ist unterschiedlich. In Zusammenarbeit mit unseren Verbundpartnern sind bis zu 30 Jahre machbar. Manchmal sind sogar noch längere Zeiten möglich, wenn die Bausparkassen involviert sind.
Reisch: Aktuell bieten wir unseren Kunden an, sich ab drei Jahre vor Zinsbindungsende die neuen Zinsen zu sichern. Für bis zu 15 Jahre ab heute. Wenn also heute ein Kunde zu uns kommt mit dem Hinweis, dass er in drei Jahren einen Zinsauslauf hat, dann hat er heute schon die Möglichkeit, sich für dann 15 Jahre die Zinsen zu sichern. Unsere Berater gehen hier vorab auf die Kunden zu und weisen sie darauf hin.
Reisch: Die Absicherung des Darlehens ist immer Thema in einer Beratung. Man sollte nicht zu knapp kalkulieren. Das wird gerade jetzt wichtig in Zeiten steigender Zinssätze. Auch bei den Bauzeiten sollten Puffer eingeplant werden. Eigenkapital ist nach wie vor eine wichtige Säule. Wir raten dazu, 20 Prozent einzubringen.
Reisch: Angespartes Vermögen beispielsweise. Oder ein Vorsorge-Bausparvertrag, den man vielleicht in jungen Jahren schon angespart hat. Also liquide Mittel, die man einbringen kann. Bildung von Eigenkapital in jeglicher Form ist immer sinnvoll.
Reisch: Die Bausparkomponente ist eine sehr wichtige und sollte in jeder Beratung thematisiert werden – mit der Frage, ob es zum Bauvorhaben passt und ob es eingebunden werden kann. Bausparen wird eine wichtige Säule in der Baufinanzierung, weil man sich da schon jetzt zinsgünstige Darlehen sichern kann.
Reisch: Es ist alles gut, was als Eigenkapital eingebracht werden kann. Woher es letztendlich kommt, ist egal. Es wird zunehmend schwieriger für Kunden, gar kein Eigenkapital einzubringen. Denn dann werden die Raten höher.
Reisch: Der Mangel an Handwerkern kann bedeuten, dass Nachfinanzierung notwendig wird. Mehr als früher. Einige Gewerke haben in diesem Jahr massive Preissteigerungen angezeigt. Deshalb hier der Tipp: Ausreichend Puffer bei der Finanzierung des Bauvorhabens einkalkulieren. Wir bieten den Kunden zum Beispiel die Möglichkeit, einen bestimmten Teil des Darlehens nicht abzunehmen, um diesen Puffer da einzuplanen. Nicht, dass am Ende nachfinanziert werden muss. Auch Lieferengpässe führen dazu, dass Baufortschritte sich verzögern. Auch da sollte man darauf achten, dass das Zeitfenster ausreichend gewählt ist. Nicht, dass man in die Not kommt, aus der bisherigen Mietwohnung ausziehen zu müssen, aber das Haus ist noch nicht fertig. Auch ganz wichtig: Feste Verträge mit den Handwerkern und Baufirmen machen, damit es Planungssicherheit bei den Preisen gibt.
Reisch: Wir gewähren selbstverständlich die Möglichkeit der Sondertilgungen. Je nach Wunsch des Kunden 5 bis 10 Prozent pro Jahr. Das ist das, was sehr häufig nachgefragt wird. Das ist auch Bestandteil einer bedarfsgerechten Beratung, um zu sehen, was umsetzbar ist.