Gerade der Ampel-Koalitionsvertrag in Berlin hat in dieser Woche die Debatte um Nachhaltigkeit und Energiewende neu befeuert. Indes hat eine Diskussionsrunde am Freitag in Würzburg gezeigt, wie schnell der politische Wille im Alltag an seine Grenzen stoßen kann.
Zum Beispiel bei der fast 100 Jahre alten Franken Guss in Kitzingen. Dort werden an sechs Tagen pro Woche rund um die Uhr Eisen- und Aluminiumteile gegossen. Die Hochöfen werden mit Koks befeuert. Doch weil nach den Worten von Geschäftsführer Josef Ramthun Klimaneutralität auch für sein Unternehmen mit 650 Beschäftigten ganz oben auf der Prioritätenliste steht, will Franken Guss von Koks auf grünen Strom umstellen. Lieber heute als morgen.
Doch Ramthun ist das im Moment zu teuer. Das Koks kostet ihn pro Jahr 4 Millionen Euro. Würde Franken Guss sofort auf Strom umstellen, würden sich diese Energiekosten nahezu verdoppeln. Einen günstigen Anbieter von grünem Strom habe er noch nicht gefunden, sagte Ramthun am Freitag bei einer Diskussionsrunde zur Energiewende in Bayern, die die unterfränkische Bezirksgruppe der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) organisiert hatte.
Franken Guss: 70 Millionen Euro allein für die Umstellung
Der Aufwand für Energie macht bei Franken Guss 15 Prozent der Gesamtkosten aus. Für Chef Ramthun ist klar: Strom aus Sonne, Wind und anderen umweltfreundlichen Quellen müsse in ganz Europa schleunigst billiger werden. Und: Es müsse bei der Erzeugung in größeren Dimensionen wie weiteren Solar- und Windparks gedacht werden. Nur mit ein paar Photovoltaikanlagen auf Hausdächern sei es nicht getan.
Für Franken Guss ist der Strompreis nicht die einzige Hürde. Ramthun zufolge muss sein Unternehmen bei 125 Millionen Euro Jahresumsatz allein 70 Millionen Euro investieren, um die Schmelzöfen von Koks auf Strom umstellen zu können. "Das werden wir aus eigener Finanzkraft nicht realisieren können", da müsse der Staat helfen.
Sein Traditionsbetrieb spüre zudem im Nacken den heißen Atem der Großkunden in der Autoindustrie: Sie forderten von den Zulieferern vehement Nachhaltigkeit ein. "Klimaneutralität ist nicht mehr aus den Köpfen zu bringen", so Ramthun.
Woher im Kleinen viel grüner Strom kommen kann, machte am Freitag der Bürgermeister von Waigolshausen (Lkr. Schweinfurt) deutlich. Christian Zeißner ist stolz darauf, dass in den drei Gemeindeteilen mit zusammen 2700 Einwohnern mit Hilfe von Solaranlagen, Windrädern und Bio-Kraftwerken drei Mal mehr Strom erzeugt als verbraucht wird. Der Überschuss geht ins Netz.
Für Zeißner ist freilich klar: Ein solches Plus an grünem Strom könne nur dann flächendeckend werden, wenn die Bevölkerung hier und da ihre Vorbehalte zum Beispiel gegenüber Solarparks auf der freien Fläche abbaue. Solche Anlagen sorgen in Mainfranken immer wieder für Streit wie zum Beispiel derzeit in Darstadt bei Ochsenfurt (Lkr. Würzburg) oder in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld).
Natürlich müsse im Auge behalten werden, inwieweit großflächige Solarparks Ackerboden unbrauchbar machen. Das sei gerade in Waigolshausen wichtig, wo es viele fruchtbare Felder gebe. Doch mittlerweile seien Photovoltaikanlagen auf dem Markt, die so installiert werden, dass darunter weiterhin Landwirtschaft möglich sei.
vbw: Industriestrom wird immer teurer
Ob all das beim Strom bald die Wende im Sinne etwa von Franken Guss bringt, bleibt fraglich. Die vbw hat nach den Worten des Bezirksvorsitzenden Wolfgang Fieber ermittelt, dass der Strom für Industriebetriebe bis 2030 wahrscheinlich um 50 Prozent teurer wird. "Ohne den Ausbau der erneuerbaren Energie würde dieser Anstieg noch größer ausfallen."
Franken-Guss-Chef Ramthun hört die Uhr ticken. Denn in etwa zehn Jahren müsse sein Unternehmen auf grünen Strom umgestellt sein. Wenn bis dahin der Preis für Industriestrom nicht auf ein Drittel des heutigen Niveaus sinke, werde das die Produkte seines Unternehmens verteuern und betriebswirtschaftlich sehr schmerzhaft werden. Ramthun malt den Teufel an die Wand: "Im schlimmsten Fall wird dann das Werk stillgelegt."