Ingbert Jäcklein kennt das Unternehmen wie seine Westentasche. Seit 34 Jahren arbeitet er schon bei Franken Guss in Kitzingen. Doch daran liegt es nicht, dass sich der 61-Jährige aus Schraudenbach (Lkr. Schweinfurt) nach Ruhe im Betrieb sehnt. "Jeder Tag, an dem nichts passiert, ist gut", sagt er. Denn dann hat er seinen Job bestmöglich erledigt. Jäcklein ist die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit. Er ist dafür verantwortlich, dass die gut 600 Beschäftigten gesund nach Hause gehen.
Das gilt zwar an jedem Tag im Jahr. Doch der 28. April, der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, erinnert besonders an die Anliegen, die Jäcklein und seine Kollegen vom "Team Gesundheit" vertreten. Jäcklein ist der Leiter der fünfköpfigen Truppe.
Mitarbeiter erhalten Schulungen – und werden kontrolliert
Täglich sind Jäcklein und Michael Schlereth (56) aus Stadelschwarzach (Lkr. Kitzingen) im Werk auf Achse. Schlereth ist quasi Jäckleins rechte Hand und – mit einer halben Stelle – ebenfalls Fachkraft für Arbeitssicherheit. Ihre Arbeit beginnt nicht erst dann, wenn sich jemand verletzt hat und sie den Unfall verwaltungstechnisch verarzten und dessen Ursache ausführlich analysieren.
Ihr Hauptaugenmerk ist darauf gerichtet, Unfälle von vornherein zu vermeiden, durch regelmäßige Sicherheitsschulungen der Mitarbeiter, verbesserte Hilfsmittel und besonders durch ständige Kontrollen. "Uns geht keiner durch die Lappen", sagt Schlereth. Wer auch immer gegen Sicherheitsvorschriften verstößt und erwischt wird, erhält einen Rüffel – mit Rückendeckung durch die Chefetage.
Ein Blick in die beiden Hallen der Gießerei zeigt sofort, weshalb das so wichtig ist. In vier Schmelz- und drei Warmhalteöfen verarbeitet Franken Guss in Kitzingen pro Jahr 80 000 Tonnen Eisen und 4500 Tonnen Aluminium. Daraus entstehen überwiegend Teile für die Automobilindustrie, aber auch etwa Türen für Backöfen und andere Formteile.
Die Strahlungshitze der gut 1500 Grad heißen, rotgelb glühenden Schmelzmasse ist über zehn Meter von den Öfen entfernt sehr deutlich zu spüren. Stapler transportieren die Pfannen mit flüssigem Metall. Beim Umfüllen sprühen Funken meterweit und hüpfen beim Auftreffen über den Boden.
Vorsicht der Mitarbeiter allein genügt nicht
Trotz der vielen Glut und Hitze: Verbrennungen bei Mitarbeitern kommen sehr selten vor. Schwere Arbeitsunfälle, berichtet Jäcklein, hat es seitdem Franken Guss den Betrieb vor knapp zehn Jahren übernommen hat, dort nicht mehr gegeben. Das liegt neben aller Vorsicht der Mitarbeiter sicherlich hauptsächlich an der Schutzkleidung. Diese hat sich immer weiter verbessert. Spezialtextilien halten für kurze Zeit sogar flüssigem Metall stand. Gießerei-Stiefel aus Leder sind so gefertigt, dass nichts in den Schaft tropfen kann. Die Gießerei bereitet den Verantwortlichen für Arbeitssicherheit deshalb kaum Sorgen.
Die meisten Unfälle passieren in der sogenannten Putzerei, wo Guss-Teile nachbehandelt werden. Hier sind Hammer und Flex im Einsatz. Trifft ein Schlag nicht richtig, dann drohen Quetschungen. Fällt eines der Metallteile, die locker 20, 30 oder mehr Kilo wiegen, auf die Finger, dann tut's richtig weh. "Meist bricht das erste Fingerglied", sagt Jäcklein. Nagelkranzfraktur heißt das dann für den behandelnden Arzt – mindestens vier Wochen Ausfall für den Betroffenen und den Betrieb.
Schutzbrillen und Spezialjacken sind nicht immer beliebt
Jeder vermiedene Unfall zahlt sich also doppelt aus. Da verwundert es nicht, dass das Unternehmen Wert darauf legt, Arbeitsunfälle zu vermeiden. Zumal Unfälle häufig verhaltensbedingt sind und meist deshalb entstehen, weil Mitarbeiter aus Bequemlichkeit Sicherheitsvorkehrungen missachten oder Schutzkleidung nicht tragen, schildert Personalleiter Andreas Dietrich. Jäcklein weiß: Gehörschutz und Schutzbrille sind manchmal lästig und Schutzjacken bei 40 Grad Außentemperatur nicht eben beliebt. Deshalb ist es ihm wichtig, den Kollegen nicht Vorschriften einzutrichtern, sondern sie vom Sinn der Sicherheitsmaßnahmen zu überzeugen, am liebsten, indem er sie persönlich anspricht. Er peilt an, pro Tag eine Stunde im Betrieb auf Tour zu sein, "an der Front", wie er es nennt.
Zusätzlich setzt das Team Gesundheit auf die unmittelbaren Vorgesetzten der Beschäftigten, die Meister, und auf die 26 Sicherheitsbeauftragten, die als verlängerte Arme von Jäcklein und Schlereth in allen Teilen des Betriebs auf Sicherheit achten und helfen, Gefahrenquellen zu identifizieren und abzustellen.
Zahl der Arbeitsunfälle hat sich deutlich reduziert
Die Zahl der Arbeitsunfälle bei Franken Guss ist rückläufig. Rund 30 sind es pro Jahr, fast ausnahmslos sind Finger und Hände betroffen. Jäcklein erinnert sich noch gut an Jahre, in denen es 200 Arbeitsunfälle pro Jahr waren. Diese Zeiten sind hoffentlich für immer vorbei.