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Kitzingen
Franken Guss: Warum Arbeitssicherheit lebenswichtig ist
Heißes Metall, schwere Teile: Franken Guss in Kitzingen ist ein Beispiel dafür, warum Sicherheit im Job wichtig ist. Denn die Arbeit dort kann richtig gefährlich werden.
Gut 1500 Grad ist das flüssige Metall heiß, mit dem die Mitarbeiter bei Franken Guss in Kitzingen arbeiten. Schutzkleidung und äußerte Vorsicht ist hier unerlässlich, um Unfälle zu vermeiden - nicht nur am 28. April, dem Welttag für Arbeitssicherheit.
Foto: Thomas Obermeier | Gut 1500 Grad ist das flüssige Metall heiß, mit dem die Mitarbeiter bei Franken Guss in Kitzingen arbeiten. Schutzkleidung und äußerte Vorsicht ist hier unerlässlich, um Unfälle zu vermeiden - nicht nur am 28.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:13 Uhr

Ingbert Jäcklein kennt das Unternehmen wie seine Westentasche. Seit 34 Jahren arbeitet er schon bei Franken Guss in Kitzingen. Doch daran liegt es nicht, dass sich der 61-Jährige aus Schraudenbach (Lkr. Schweinfurt) nach Ruhe im Betrieb sehnt. "Jeder Tag, an dem nichts passiert, ist gut", sagt er. Denn dann hat er seinen Job bestmöglich erledigt. Jäcklein ist die leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit. Er ist dafür verantwortlich, dass die gut 600 Beschäftigten gesund nach Hause gehen.

Das gilt zwar an jedem Tag im Jahr. Doch der 28. April, der Welttag für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, erinnert besonders an die Anliegen, die Jäcklein und seine Kollegen vom "Team Gesundheit" vertreten. Jäcklein ist der Leiter der fünfköpfigen Truppe.

Mitarbeiter erhalten Schulungen – und werden kontrolliert

Täglich sind Jäcklein und Michael Schlereth (56) aus Stadelschwarzach (Lkr. Kitzingen) im Werk auf Achse. Schlereth ist quasi Jäckleins rechte Hand und – mit einer halben Stelle – ebenfalls Fachkraft für Arbeitssicherheit. Ihre Arbeit beginnt nicht erst dann, wenn sich jemand verletzt hat und sie den Unfall verwaltungstechnisch verarzten und dessen Ursache ausführlich analysieren.

Ihr Hauptaugenmerk ist darauf gerichtet, Unfälle von vornherein zu vermeiden, durch regelmäßige Sicherheitsschulungen der Mitarbeiter, verbesserte Hilfsmittel und besonders durch ständige Kontrollen. "Uns geht keiner durch die Lappen", sagt Schlereth. Wer auch immer gegen Sicherheitsvorschriften verstößt und erwischt wird, erhält einen Rüffel – mit Rückendeckung durch die Chefetage.

Michael Schlereth (links) und Ingbert Jäcklein sind bei Franken Guss in Kitzingen für die Arbeitssicherheit im Betrieb verantwortlich.
Foto: Thomas Obermeier | Michael Schlereth (links) und Ingbert Jäcklein sind bei Franken Guss in Kitzingen für die Arbeitssicherheit im Betrieb verantwortlich.

Ein Blick in die beiden Hallen der Gießerei zeigt sofort, weshalb das so wichtig ist. In vier Schmelz- und drei Warmhalteöfen verarbeitet Franken Guss in Kitzingen pro Jahr 80 000 Tonnen Eisen und 4500 Tonnen Aluminium. Daraus entstehen überwiegend Teile für die Automobilindustrie, aber auch etwa Türen für Backöfen und andere Formteile.

Die Strahlungshitze der gut 1500 Grad heißen, rotgelb glühenden Schmelzmasse ist über zehn Meter von den Öfen entfernt sehr deutlich zu spüren. Stapler transportieren die Pfannen mit flüssigem Metall. Beim Umfüllen sprühen Funken meterweit und hüpfen beim Auftreffen über den Boden.

Vorsicht der Mitarbeiter allein genügt nicht

Trotz der vielen Glut und Hitze: Verbrennungen bei Mitarbeitern kommen sehr selten vor. Schwere Arbeitsunfälle, berichtet Jäcklein, hat es seitdem Franken Guss den Betrieb vor knapp zehn Jahren übernommen hat, dort nicht mehr gegeben. Das liegt neben aller Vorsicht der Mitarbeiter sicherlich hauptsächlich an der Schutzkleidung. Diese hat sich immer weiter verbessert. Spezialtextilien halten für kurze Zeit sogar flüssigem Metall stand. Gießerei-Stiefel aus Leder sind so gefertigt, dass nichts in den Schaft tropfen kann. Die Gießerei bereitet den Verantwortlichen für Arbeitssicherheit deshalb kaum Sorgen.

In der Putzerei, wo Anhaftungen von den Gussteilen entfernt werden, geht es besonders gefährlich zu.
Foto: Thomas Obermeier | In der Putzerei, wo Anhaftungen von den Gussteilen entfernt werden, geht es besonders gefährlich zu.

Die meisten Unfälle passieren in der sogenannten Putzerei, wo Guss-Teile nachbehandelt werden. Hier sind Hammer und Flex im Einsatz. Trifft ein Schlag nicht richtig, dann drohen Quetschungen. Fällt eines der Metallteile, die locker 20, 30 oder mehr Kilo wiegen, auf die Finger, dann tut's richtig weh. "Meist bricht das erste Fingerglied", sagt Jäcklein. Nagelkranzfraktur heißt das dann für den behandelnden Arzt – mindestens vier Wochen Ausfall für den Betroffenen und den Betrieb.

Schutzbrillen und Spezialjacken sind nicht immer beliebt

Jeder vermiedene Unfall zahlt sich also doppelt aus. Da verwundert es nicht, dass das Unternehmen Wert darauf legt, Arbeitsunfälle zu vermeiden. Zumal Unfälle häufig verhaltensbedingt sind und meist deshalb entstehen, weil Mitarbeiter aus Bequemlichkeit Sicherheitsvorkehrungen missachten oder Schutzkleidung nicht tragen, schildert Personalleiter Andreas Dietrich. Jäcklein weiß: Gehörschutz und Schutzbrille sind manchmal lästig und Schutzjacken bei 40 Grad Außentemperatur nicht eben beliebt. Deshalb ist es ihm wichtig, den Kollegen nicht Vorschriften einzutrichtern, sondern sie vom Sinn der Sicherheitsmaßnahmen zu überzeugen, am liebsten, indem er sie persönlich anspricht. Er peilt an, pro Tag eine Stunde im Betrieb auf Tour zu sein, "an der Front", wie er es nennt.

Zusätzlich setzt das Team Gesundheit auf die unmittelbaren Vorgesetzten der Beschäftigten, die Meister, und auf die 26 Sicherheitsbeauftragten, die als verlängerte Arme von Jäcklein und Schlereth in allen Teilen des Betriebs auf Sicherheit achten und helfen, Gefahrenquellen zu identifizieren und abzustellen.

Zahl der Arbeitsunfälle hat sich deutlich reduziert

Die Zahl der Arbeitsunfälle bei Franken Guss ist rückläufig. Rund 30 sind es pro Jahr, fast ausnahmslos sind Finger und Hände betroffen. Jäcklein erinnert sich noch gut an Jahre, in denen es 200 Arbeitsunfälle pro Jahr waren. Diese Zeiten sind hoffentlich für immer vorbei.

Schwere und tödliche Arbeitsunfälle – Zahlen und Trends
Die Zahl der von der Gewerbeaufsicht an der Regierung von Unterfranken registrierten tödlichen Arbeitsunfälle liegt seit über zehn Jahren im einstelligen Bereich. Im Jahr 2018 waren es fünf. In den vergangenen 20 Jahren habe sich deren Zahl halbiert, berichtet Christina Schmiedel vom Gewerbeaufsichtsamt. Sie führt das auf verbesserten Arbeitsschutz, mehr automatisierte Arbeitsprozesse und erfolgreiche Prävention zurück. Die Zahl gemeldeter schwerer Arbeitsunfälle stieg dagegen: von 183 im Jahr 2014 auf 245 im Jahr 2018. Jedoch wuchs in diesem Zeitraum auch die Zahl der Beschäftigten in Unterfranken, um knapp acht Prozent.
Die unfallträchtigste Branche ist das Baugewerbe, gefolgt vom verarbeitenden Gewerbe beziehungsweise der Herstellung von Waren. Zu den schwersten Verletzungen kommt es laut Statistik durch Stürze aus größerer Höhe sowie durch Beteiligung von Maschinen und Fahrzeugen.
Die Berufsgenossenschaft (BG) der Bauwirtschaft hat nur bundesweite Zahlen. Demnach sinken die Arbeitsunfallzahlen seit Jahren, zuletzt jedoch verlangsamt, auf knapp 104 000 im Jahr 2017. Die Zahl der tödlichen Unfälle (2017: 88), vor allem durch Abstürze, verharrt laut der BG auf "gleichbleibend hohem Niveau".
Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau verzeichnet bundesweit für das Jahr 2017 die häufigsten der 119 tödlichen Arbeitsunfälle bei Wald- und Forstarbeiten (23 Prozent), auf dem Feld (18) und in der Tierhaltung (16).
Einhellig bestätigen alle Befragten: Der Rückgang schwerer körperlicher Arbeit durch Einsatz von Maschinen erhöht den Arbeitsschutz. Sorgen bereitet der Gewerbeaufsicht die Arbeitsverdichtung als Resultat von Zeitdruck und Personalmangel sowie tödliche Spätfolgen von arbeitsbedingten Einflüssen. Deutlich macht dies das Beispiel Asbest: Bereits im Jahr 1993 in Deutschland verboten, gehen auf dessen Konto hierzulande noch immer etwa 2000 Todesfälle pro Jahr. Im Vergleich zu rund 400 tödlichen Arbeitsunfällen im Jahr sei dies eine sehr hohe Zahl, findet das Gewerbeaufsichtsamt.
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