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LESERANWALT
Leseranwalt: Keine Schleichwerbung für Meefischli
Ein Leser hat sich über einen Bericht beschwert, in dem die Redaktion über Markus Söders Essen berichtet hatte. Doch den Vorwurf kann man entkräften.
Meefischli, wie sie in einem Wirtshaus drei prominenten Radlern serviert wurden. Der Artikel dazu war ein Bericht mit Informationen, die keine Schleichwerbung sind, wie von einem Leser unterstellt. 
Foto: Axel Ehliger | Meefischli, wie sie in einem Wirtshaus drei prominenten Radlern serviert wurden. Der Artikel dazu war ein Bericht mit Informationen, die keine Schleichwerbung sind, wie von einem Leser unterstellt. 
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:26 Uhr

Schleichwerbung hat Leser M.S. unserer Redaktion unterstellt. "Streng geheim: Söder radelt im Herrgottsweg und isst Meefischli" war am 6.8. der Bericht, um den es ihm geht, bei mainpost.de überschrieben. Man erfährt darin von einer Radtour des Ministerpräsidenten Markus Söder mit Staatsministerin Dorothee Bär und Staatskanzlei-Chef Florian Hermann im Landkreis Kitzingen. In dem Beitrag sind der Wirt, der die Radler unterwegs verköstigte und sein Gasthaus in Albertshofen namentlich genannt, ebenso wie in einem Artikel in der Kitzinger Lokalausgabe der Main-Post (Kopie am Textende).

Vorwurf: "Kostengünstige Werbeaktion"

Weiter wurde von der eigentlich geheimen Tour im Lokalteil der Zeitung und in ihrem Online-Angebot offenbart, dass dort, in jenem Gasthaus für die Politiker das seltene Gericht "Meefischli", serviert worden ist, und das mit Kartoffeln und Apfelremoulade. Das hat Leser M.S wohl in den falschen Hals bekommen. Er schreibt, das sei "für eine kostengünstige Werbeaktion" ausgeschlachtet. Die Main-Post habe um die Schleichwerbung bereitwillig so etwas wie einen Artikel gezimmert. Das sei nicht wirklich lustig und alles andere als ein Einzelfall.

Weitere Fälle hat M.S. aber nicht genannt. Und auch der zitierte taugt nicht, um Schleichwerbung daran festzumachen. Es müsste sich dazu nämlich um bezahlte Werbung handeln, die nur als Information getarnt wurde. Das alles ist hier nicht der Fall. Es floss kein Geld und jene Radtour, von der Journalisten irgendwie erfahren haben, war nicht von dieser Zeitung geplant. Der Wirt hat keinen Einfluss auf den Bericht gehabt.

Lokalkolorit in Lokalzeitungen

Aber er, der Gastwirt, stand dem Berichterstatter natürlich Rede und Antwort. Die Redaktion hat das seltene "Meefischli-Essen" gerne verbreitet, weil es zwar typisch für die Region, aber nicht mehr so oft zu haben ist. Und die Nennung des Gasthauses und eine Plauderei mit dem Wirt, wenn schon ein prominenter Gast dort speist, gehören irgendwie zum Lokalkolorit, der Lokalzeitungen ausmacht. So verzichten Redaktionen nicht gerne darauf.

Man darf sogar davon ausgehen, dass viele Leser*innen ihn vermisst hätten, wäre ein Blick in die Küche weggeblieben. Ein farbloser Text wäre übrig geblieben, denn politische Botschaften gab es zu diesem Ausflug mal keine. In der Gesamtausgabe der gedruckten Main-Post blieben (7.8.: "Meefischli für Markus Söder") in einer Nachricht nur Radtour und "Meefischli" in Albertshofen übrig (Kopie Textende). Eigentlich schade.

Werbung für alle "Meefischli-Wirte"

Unterstellen darf man, dass die Politiker selbst fürs eigene Image gerne in die Pedalen getreten haben und dass ihnen der Berichterstatter der Zeitung nicht unwillkommen gewesen ist. In der Folge wurde zweifellos manche/r Leser*in mal wieder auf "Meefischli" aufmerksam. So darf man darin Werbung sehen, und zwar für alle Wirtshäuser der Region, die sie anbieten. Die werden es ihrem Albertshöfer Kollegen gewiss gönnen, wenn sich dort ein paar Gäste mehr einstellen sollten.

Zum Online-Bericht vom 6.8.2020: „Streng geheim: Söder radelt im Herrgottsweg und isst Meefischli"

So lautet die Schleichwerbung: Regel aus journalistische Leitlinien Main-Post
Foto: Repro Sahlender | So lautet die Schleichwerbung: Regel aus journalistische Leitlinien Main-Post

Richtlinie 7.2 des Pressekodex (Deutscher Presserat) sagt zu Schleichwerbung:
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird.

Frühere Leseranwalt-Kolumnen zu Schleichwerbung:

2007: "Wenn Wirtschaftsnachrichten Grenzen überschreiten"

2007: "Essen Sie den Festtagsbraten dort, wo er Ihnen schmeckt"

2010: "Fidel Castro und seine Beziehung zu einer kapitalistischen Marke"

2011: "Wie berühmte Fußballer und Vereine für Redaktionen zu Verführern werden können"

2016: "Wenn ein Likör von öffentlichem Interesse ist"

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute

Der Bericht, der am 7.8.2020 in der Kitzinger Lokalausgabe der Main-Post erschienen ist: Der Wirt und sein Lokal werden genannt.
Foto: Repro Sahlender | Der Bericht, der am 7.8.2020 in der Kitzinger Lokalausgabe der Main-Post erschienen ist: Der Wirt und sein Lokal werden genannt.
Kürzer war der Bericht, der in der Gesamtausgabe der Main-Post vom 7.8.2020 erschienen ist.
Foto: Repro Sahlender | Kürzer war der Bericht, der in der Gesamtausgabe der Main-Post vom 7.8.2020 erschienen ist.
 
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