Wegen der Auswahl der veröffentlichten Leserbriefe hat jetzt ein Ehepaar sein Zeitungsabonnement gekündigt. Nach einem Gespräch mit dem verantwortlichen Redakteur, so schreibt das Paar, habe es im vergangenen Jahr noch von dieser Konsequenz abgesehen. Entscheidendes Argument sei damals gewesen, dass alle Meinungen aus der Mitte der Gesellschaft und auch rechts oder links davon dargestellt werden sollen. Rechte Meinungen würden sich selbst entlarven oder durch gegenübergestellte Meinungen kontrastiert. Nun vermissen die Abbesteller aber konträre Leserbriefe, und zwar – so wörtlich – „in einem für uns relativen Maß!“ In den letzten Wochen würden fast täglich, und zwar ohne Gegenüberstellung, rechtspopulistische Äußerungen oder Stammtischparolen erscheinen.
Ich empfinde das zwar selbst nicht so und kenne auch nicht das „relative Maß“ dieser unzufriedenen Leser. Ich weiß aber um die Kriterien, nach denen die Redaktion Leserbriefe veröffentlicht. Dazu zitiere ich aus den Leitlinien der Redaktion dieser Zeitung: „Es dient der wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit, im Leserbriefteil auch Meinungen zu Wort kommen zu lassen, die die Redaktion nicht teilt.“ Daran hält sich die Redaktion, wenn niemand dadurch beleidigt oder falschen Behauptungen ausgesetzt wird. Das zu beurteilen ist in harten Meinungsauseinandersetzungen nicht immer einfach.
Festzuhalten ist aber, dass die Redaktion die Leserbrief-Veröffentlichung nicht manipuliert. Kommen etwa zu Aussagen von Bundespräsident Joachim Gauck fünf kritische Briefe, zustimmende aber nur einer oder keiner, dann stehen sie in diesem Verhältnis in der Zeitung. In den Fällen, die das Ehepaar an zwei Erscheinungstagen kritisiert, lagen aktuell leider keine Zuschriften vor, die andere Meinungen vertraten. Es gab also nichts auszuwählen. Das ist kein Grund, vorliegende Schreiben zurückzuhalten. Sie waren zum Teil scharf, aber noch vertretbar formuliert. Veröffentlicht werden zu überregionalen Themen, in der gedruckten Zeitung sowie im Internet, insgesamt mehr als 80 Prozent der Zuschriften.
Im Kündigungsschreiben lese ich noch, dass die Zeitung mit der Leserbrief-Auswahl den Eindruck erwecke, dies sei Volkes Meinung. Nein, das will die Redaktion nicht. Ich gehe aber davon aus, dass das die meisten Leser wissen. Handelt es sich doch um die Meinung der Personen, welche die Briefe unterzeichnet haben. Das muss nicht die der Redaktion sein und nicht die des Volkes. Wie viele Leser die verbreiteten Ansichten teilen, ist unbekannt.
Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich die MP von den geistigen Strömungen der Zeit manipulieren lässt.
Manche Leserbriefschreiber instrumentalisieren die MP geradezu, um ihren ewig gestrigen oder allein selig machenden Sermon zu publizieren.
Bei manchen merkt man förmlich, dass ihr Erbarmen mit dem Nächsten nur dann stattfindet, wenn sie sich ihres eigenen Geldbeutels, der ihnen näher ist als die christliche Caritas, erbarmen können. Dann predigen diese Leserbriefschreiber eine
Wohltätigkeit, welche mit dem Nachhaltigkeitsprinzip des Sankt-Florians-Prinzips Eindruck schinden soll. Die meisten Leserbriefe sind reinste Selbstbeweihräucherung und somit Studienobjekte der Psychologie.
Insbesondere Ihre Ergüsse gehören zu dieser Gruppe "Leserbriefe"....
Allen Anderen zeigen, wie Intelligent und wortgewandt man selber ist.... Peinlich!
Ist man erst einmal über die Phase der Ergießung hinaus, dann bemerkt man vielleicht, dass man keiner Ideologie zu folgen braucht, um über sich selbst Herr zu werden.
Etwas, was sie erst noch lernen müssen. Ansonsten wären Sie in Ihrer Kritik nicht so herrlich komisch und augenzwinkernd, sondern würden klipp und klar sagen, dass Sie meine Gedanken für einen ausgesprochenen Bockmist halten. So lavieren Sie und schmeicheln Sie, immer mit einem lachenden und einem zürnenden Auge.
Mir sind Leute, die eindeutig sind, lieber. Es ist Ihr gutes Recht, meine Gedanken abzulehnen.
Vielen Leserbriefschreibern mangelt es am Respekt vor dem politischen Gegner und so wundert sich mancher, dass es aus dem Wald so zurückhallt, wie man in diesen hinein gerufen hat. Nehmen Sie die Frau Stamm, welche zwar sehr beliebt, aber nicht unbescholten ist. Wenn man sich gegen deren Launenhaftigkeit wehrt, dann begeht man zwangsläufig eine Majestätsbeleidigung nach der Netiquette, wenn man ihr vorhält, dass
sie nicht fehlerfrei ist. Frau Stamm hat zuletzt die Journalisten in WÜ gemaßregelt. Das habe ich ihr vorgehalten und wurde von der Netiquette zensiert. Ist das fair?
Der Prof. aus Königsberg zieht über die Linke her, dass sich die Balken biegen und mich bezichtigt man der Ergüsse. Ist das fair? Urteilen Sie selbst.
sollten Sie sich für das fulminante Werk von Arno Schmidt "Zettels Traum" entscheiden. Die darin verwendeten "Etyme" spiegeln das kollektive Gedächtnis der Hippie-Generation wider.
Nun hat der Titel "Zettels Traum" nichts mit Notizzetteln zu tun, sondern Zettel ist ein Weber aus Shakespeares "Ein Sommernachtstraum". Zettels Traum ist also ein Chiffre für die Wünsche der Romanfigur Paschenstecher. Viel Spass bei der Lektüre!
Anton Sahlender, Leseranwalt
Anton Sahlender, Leseranwalt