Als Bayerns Schulen im März schlossen, da war die Stimmung im Freistaat noch optimistisch. Natürlich würden nach fünfwöchiger Zwangspause die Schulen am 20. April wieder öffnen können. Natürlich würden Schulen dann wieder sichere Orte sein, weil ein so leistungsstarkes Land wie Bayern bis dahin das Coronavirus in seine Schranken verwiesen haben würde. Die Mehrheit dachte so - Virologen mal ausgenommen – damals im März.
Angesichts der aktuellen Corona-Fallzahlen erweist sich diese Einschätzung rückblickend als naiv. Auch wenn im besonders stark betroffenen Freistaat die Corona-Bekämpfungskombination von Shutdown, Schulschließung und Ausgangsbeschränkung Wirkung zeigt, auch wenn sich das Ansteckungstempo nachweisbar verlangsamt, steigt die Zahl der Infizierten und Toten weiter. In dieser Lage wäre es fatal, Bayerns Schulen wieder zu öffnen. Nein, auch nicht stufenweise! Sondern gar nicht.
Eine Entlastung der Eltern ist erstrebenswert, aber nicht überlebenswichtig
"Bloß nicht! Ich flippe aus, wenn das weitergeht!“, werden manche Eltern klagen. Gerade Eltern mit jüngeren oder mehreren Kindern, gerade Familien in engen Wohnungen, sicher auch Alleinerziehende, ersehnen ein Ende der Schulschließungen. Elternpflichten rund um die Uhr, angereichert mit Ersatzlehrer-Einsätzen und Hilfspolizei-Geschrei ("Weg vom Karussell, kapier das endlich!“) zerren an den Nerven. Es scheint uns, als sei das nicht länger aushaltbar. Aber es gibt keine sinnvolle Alternative zu den aktuellen Beschränkungen. Denn eine Entlastung der Eltern wäre erstrebenswert; sie ist aber - brutal deutlich gesprochen - nicht überlebenswichtig.
- Lesen Sie auch: Leopoldina: Schulen so bald wie möglich wieder öffnen
- Lesen Sie auch: Normaler Schulbetrieb nach den Osterferien unwahrscheinlich
- Immer aktuell: Die Corona-Lage in Unterfranken
Gleiches gilt für Bildung. Jahrzehntelang hat Bayern Bildungsstandards hochgehalten, seine ambitionierten Lehrpläne mit Zähnen und Klauen verteidigt und auf Abschlussprüfungen beharrt, an denen anderswo sogar manch ein Lehrer verzweifelt wäre. Aber auch wenn sie 70 Jahre lang wertvoll war, ist die Qualität bayerischer Bildung in diesem Jahr unwichtig. Es ist zu hoffen, dass der Kultusminister, der vergangenes Jahr noch ein extrem schweres Mathe-Abi gegen murrende Schüler verteidigt hat, diesmal besser kalkuliert und zu dem Schluss kommt: Drei Monate regulärer Schulbildung rechtfertigen nicht womöglich Tausende Tote mehr.
Der Wiedereröffnung der Schulen würde eine zweite große Ansteckungswelle folgen
Aktuell drohen Schülern, die sich besuchen, die gemeinsam am Mainufer sonnenbaden oder auch nur zu viert miteinander bolzen, drakonische Strafen. Weil diese sonst so harmlosen Aktivitäten dazu führen könnten, dass das Virus schneller neue Wirte findet. Und dann sollen von einem Tag auf den anderen 1,6 Millionen Schüler sich wieder volle Schulbusse, dicht gereihte Schulbänke und auch die Schultoiletten teilen? Sollen das Virus, das einer in der Klasse ahnungslos trägt, mitnehmen nach Hause, weitergeben an Eltern, an deren Arbeitskollegen samt Seniorchefin?
Wenn jetzt die Schulen wieder öffneten, gäbe es ein kurzes Aufatmen, ja. Aber dann käme mit tödlicher Sicherheit die zweite, große, vielleicht überhaupt nicht mehr zu steuernde Ansteckungswelle. Lasst die Schulen zu! Aus Ländern wie China oder Italien, deren Corona-Krisen früher begannen, wissen wir doch, dass einzig eine rund drei Monate dauernde Ausgangsbeschränkung Corona aushungern kann.
Vorstellbar: Not-Zeugnisse auf der Basis von Jahresfortgangsnoten und Hausaufgaben
Quali, Mittlere Reife, Abi 2020? Diese Prüfungen könnten vielleicht mit viel Sicherheitsabstand in Turnhallen durchgeführt werden. Ansonsten erscheint es am sinnvollsten, Bayerns Schüler auf eine Fortsetzung des Online-Unterrichts einzuschwören und im Sommer Not-Zeugnisse auf Basis von Jahresfortgangsnoten und eingereichter Hausaufgaben auszustellen. Klar, das könnte im Einzelfall unfair sein (weil der eine daheim gute Lernvoraussetzungen hat und der andere nicht). Aber noch unfairer wäre es, der Notengerechtigkeit wegen die Gesellschaft noch mehr zu gefährden als sie es ohnehin schon ist.
Wie bin ich froh, dass unsere Bundesregierung sich von Experten aus der Leopoldina beraten lässt, die die Gesamtlage nüchtern bewerten und vernünftig abwägen.
Schon mal jemand an die Jugendlichen gedacht, die im August/September ihre Ausbildung beginnen wollen?
Die haben auch Ängste und auf die Jugend muss auch ein Stück weit gehört werden.
Das Abi absagen, finde ich zu billig, nur weil jetzt mal 3 Wochen keine richtige Schule war. Außerdem nervt mich das elitäre Getue mit dem Abi, es gibt auch noch Quali, Mittlere Reife, Fachabi usw. Aber das ist anscheinend heutzutage nichts mehr wert. Man hört immer nur die Gymnasiasten, welche eine Petition starten. Was soll das? Nutzt die Zeit zum lernen und schreibt Eure Prüfung, wenn auch verschoben. Aber wahrscheinlich ist das, das Problem, dass man nicht rechtzeitig in den Urlaub kann. Der wird heuer nicht möglich sein. Was spricht dann gg eine verschobene Prüfung?
Verstehe die Einstellung Einiger hier echt nicht. Es ist die Aufgabe aller Eltern, die Betreuung ihrer Kinder auch in schwierigen Situationen sicherzustellen. Punkt.
Jetzt hilft der Staat in besonderen Situationen sogar schon finanziell aus und versucht zumindest, den wirtschaftlichen Verlust abzumildern – und trotzdem wird rumgenölt, was das Zeug hält.
Kapiere ich echt nicht …
Also alles eine Frage der Abwägung … und nicht jeder ist bereit, für Geld zu sterben!
In China dürfte die tatsächlich Zahl deutlich über der offiziellen liegen.
Und jeder dieser Toten hat Angehörige, die trauern, Abschied nehmen müssen, deren Existenzen massiv beeinträchtigt sind - und wenn ein Alleinverdiener, der die Familie ernährt hat, können hier auch Existenzen zerstört werden - und zwar deshalb, weil Menschen STERBEN!
Ich finde eine solche Einstellung menschenverachtend!
Der Bus unseres Sohnes (Linie Rannungen/Schweinfurt) ist immer voll.
Die Kinder stehen sogar vorne bis zur Tür, was eigentlich nicht erlaubt ist.
Wert fordert, die Riskiogruppen müssen geschützt werden, und älteren ist es nicht zuzumuten in Isolation zu gehen, muss auch Schutz und Absicherungsmaßnahmen für die Familien präsentieren.