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Würzburg
Kommentar: Lasst bloß die Schulen weiter geschlossen!
Bayern muss Prioritäten setzen: Drei Monate regulärer Schulbildung rechtfertigen nicht womöglich Tausende Corona-Tote mehr.
Eine Grundschullehrerin bei ihrer täglichen Videokonferenz: Ist Fernunterricht das beste Schulmodell auch für die nächsten Wochen? 
Foto: Kay Nietfeld, dpa | Eine Grundschullehrerin bei ihrer täglichen Videokonferenz: Ist Fernunterricht das beste Schulmodell auch für die nächsten Wochen? 
Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:34 Uhr

Als Bayerns Schulen im März schlossen, da war die Stimmung im Freistaat noch optimistisch. Natürlich würden nach fünfwöchiger Zwangspause die Schulen am 20. April wieder öffnen können. Natürlich würden Schulen dann wieder sichere Orte sein, weil ein so leistungsstarkes Land wie Bayern bis dahin das Coronavirus in seine Schranken verwiesen haben würde. Die Mehrheit dachte so - Virologen mal ausgenommen – damals im März.

Angesichts der aktuellen Corona-Fallzahlen erweist sich diese Einschätzung rückblickend als naiv. Auch wenn im besonders stark betroffenen Freistaat die Corona-Bekämpfungskombination von Shutdown, Schulschließung und Ausgangsbeschränkung Wirkung zeigt, auch wenn sich das Ansteckungstempo nachweisbar verlangsamt, steigt die Zahl der Infizierten und Toten weiter. In dieser Lage wäre es fatal, Bayerns Schulen wieder zu öffnen. Nein, auch nicht stufenweise! Sondern gar nicht.

Eine Entlastung der Eltern ist erstrebenswert, aber nicht überlebenswichtig

"Bloß nicht! Ich flippe aus, wenn das weitergeht!“, werden manche Eltern klagen. Gerade Eltern mit jüngeren oder mehreren Kindern, gerade Familien in engen Wohnungen, sicher auch Alleinerziehende, ersehnen ein Ende der Schulschließungen. Elternpflichten rund um die Uhr, angereichert mit Ersatzlehrer-Einsätzen und Hilfspolizei-Geschrei ("Weg vom Karussell, kapier das endlich!“) zerren an den Nerven. Es scheint uns, als sei das nicht länger aushaltbar. Aber es gibt keine sinnvolle Alternative zu den aktuellen Beschränkungen. Denn eine Entlastung der Eltern wäre erstrebenswert; sie ist aber - brutal deutlich gesprochen - nicht überlebenswichtig.

Gleiches gilt für Bildung. Jahrzehntelang hat Bayern Bildungsstandards hochgehalten, seine ambitionierten Lehrpläne mit Zähnen und Klauen verteidigt und auf Abschlussprüfungen beharrt, an denen anderswo sogar manch ein Lehrer verzweifelt wäre. Aber auch wenn sie 70 Jahre lang wertvoll war, ist die Qualität bayerischer Bildung in diesem Jahr unwichtig. Es ist zu hoffen, dass der Kultusminister, der vergangenes Jahr noch ein extrem schweres Mathe-Abi gegen murrende Schüler verteidigt hat, diesmal besser kalkuliert und zu dem Schluss kommt: Drei Monate regulärer Schulbildung rechtfertigen nicht womöglich Tausende Tote mehr.

Der Wiedereröffnung der Schulen würde eine zweite große Ansteckungswelle folgen

Aktuell drohen Schülern, die sich besuchen, die gemeinsam am Mainufer sonnenbaden oder auch nur zu viert miteinander bolzen, drakonische Strafen. Weil diese sonst so harmlosen Aktivitäten dazu führen könnten, dass das Virus schneller neue Wirte findet. Und dann sollen von einem Tag auf den anderen 1,6 Millionen Schüler sich wieder volle Schulbusse, dicht gereihte Schulbänke und auch die Schultoiletten teilen? Sollen das Virus, das einer in der Klasse ahnungslos trägt, mitnehmen nach Hause, weitergeben an Eltern, an deren Arbeitskollegen samt Seniorchefin?

Wenn jetzt die Schulen wieder öffneten, gäbe es ein kurzes Aufatmen, ja. Aber dann käme mit tödlicher Sicherheit die zweite, große, vielleicht überhaupt nicht mehr zu steuernde Ansteckungswelle. Lasst die Schulen zu! Aus Ländern wie China oder Italien, deren Corona-Krisen früher begannen, wissen wir doch, dass einzig eine rund drei Monate dauernde Ausgangsbeschränkung Corona aushungern kann.

Vorstellbar: Not-Zeugnisse auf der Basis von Jahresfortgangsnoten und Hausaufgaben

Quali, Mittlere Reife, Abi 2020? Diese Prüfungen könnten vielleicht mit viel Sicherheitsabstand in Turnhallen durchgeführt werden. Ansonsten erscheint es am sinnvollsten, Bayerns Schüler auf eine Fortsetzung des Online-Unterrichts einzuschwören und im Sommer Not-Zeugnisse auf Basis von Jahresfortgangsnoten und eingereichter Hausaufgaben auszustellen. Klar, das könnte im Einzelfall unfair sein (weil der eine daheim gute Lernvoraussetzungen hat und der andere nicht). Aber noch unfairer wäre es, der Notengerechtigkeit wegen die Gesellschaft noch mehr zu gefährden als sie es ohnehin schon ist.

 
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  • Breutmann
    Völlig daneben! Der Wiederöffnung von Schulen tausende Corona-Tote gegenüber zu stellen - das ist durch nichts belegt und damit nur üble Panikmache. Auch inhaltlich zeigt der Kommentar wenig Verständnis für das, was in unserer Gesellschaft gerade passiert.
    Wie bin ich froh, dass unsere Bundesregierung sich von Experten aus der Leopoldina beraten lässt, die die Gesamtlage nüchtern bewerten und vernünftig abwägen.
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  • Albatros
    Wir führen gerade einen Krieg gegen einen unsichtbaren Feind und wir haben gegenwärtig 2 Optionen, erstens, mit viel Aufwand für jeden einzelnen die Einschränkungen fortsetzen, bis die Welle der Infektionen weitestgehend gestoppt ist, oder zweitens, eine erneute Infektionswelle zu riskieren, die abermals mehreren Tausend Menschen das Leben kosten wird. In einem echten Krieg würde Niemand einfordern ins normale Leben zurück zu kehren. Die deutsche Wirtschaft wird sich nach Corona schnell erholen und auch alle übrigen Dinge finden rasch ihren Weg in die Normalität, eine zweite Welle jedoch würde uns noch einmal für Monate zurück werfen. Wenn wir jetzt noch 3 oder 4 Wochen diszipliniert handeln, sehen die Virologen sehr gute Aussichten dass wir die Infektionen im Griff haben.
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  • BVBMan
    Dieser Herdenimmunitätsirrsin ist auch nicht aus den Köpfen heraus zu kriegen. Tausende von Toten werden dabei einfach in Kauf genommen. Vielleicht wird demnächst von solchen Leuten noch empfohlen, die Kinder und Jugendlichen zwangsweise zu infizieren. Und noch was humoristisches nebenher. Früher bekamen die Schüler Depressionen weil sie zur Schule gingen. Heute ist es angeblich genau umgekehrt?
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  • Meido
    Das ist ein sehr stimmiger Beitrag, die Forderung ist logisch. Bei den aktuell immer noch täglich deutlich steigenden Infektionszahlen macht es keinen Sinn, kontaktreduzierende Maßnahmen an einem der denkbar ungeeignesten Orte für eine langsame Lockerung wieder aufzuheben. Sogar Pflegekräfte fassen sich mit den Masken öfters ins Gesicht, was allein schon die Infektionsrate erhöht, also wir erinnern uns noch an unser Verhalten in der Schule... Wie in einem Leserkommentar bemerkt, sind viele Menschen der auf den ersten Blick gesund wirkenden Bevölkerung in der Risikogruppe oder haben Kontakt mit Menschen aus dieser. Außerdem sollte man bedenken, dass durch die bereits höhere Streuung auch flächendeckend mit einem schnelleren Wiederanstieg der Zahlen zu rechnen ist. Es sollte -nur bei dringenden Bedarf durch familiäre Umstände- nach wiederholt durchgeführten negativen Coronatests ein Präsenzunterricht für sehr kleine Gruppen mit Einhaltung des Mindestabstands für Hauptfächer geben.
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  • AlleinerziehendeOhneKita
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  • downhiller
    Warum schickt man nicht die Abschlussklassen als erstes in die Schule, meinetwegen Unterricht in der Turnhalle/Aula etc? So ist der Mindestabstand gewährleistet und die Kinder können sich ordentlich auf die Prüfung vorbereiten.
    Schon mal jemand an die Jugendlichen gedacht, die im August/September ihre Ausbildung beginnen wollen?
    Die haben auch Ängste und auf die Jugend muss auch ein Stück weit gehört werden.
    Das Abi absagen, finde ich zu billig, nur weil jetzt mal 3 Wochen keine richtige Schule war. Außerdem nervt mich das elitäre Getue mit dem Abi, es gibt auch noch Quali, Mittlere Reife, Fachabi usw. Aber das ist anscheinend heutzutage nichts mehr wert. Man hört immer nur die Gymnasiasten, welche eine Petition starten. Was soll das? Nutzt die Zeit zum lernen und schreibt Eure Prüfung, wenn auch verschoben. Aber wahrscheinlich ist das, das Problem, dass man nicht rechtzeitig in den Urlaub kann. Der wird heuer nicht möglich sein. Was spricht dann gg eine verschobene Prüfung?
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  • juergenmagic@t-online.de
    Sehr wohl muss sich der Staat auch um die Eltern Gedanken machen. Wer Familienfreundlichkeit propagiert, muss das erst Recht in einer Krise machen. Sonst fällt denen das spätestens bei der nächsten Bundestagswahl auf die Füße.
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  • FischersFritz
    Aber das macht er doch auch: https://www.vbw-bayern.de/vbw/ServiceCenter/Corona-Pandemie/Arbeitsrecht/Entgeltfortzahlung-bei-Verdienstausfall-wegen-Wegfall-Kinderbetreuung.jsp

    Verstehe die Einstellung Einiger hier echt nicht. Es ist die Aufgabe aller Eltern, die Betreuung ihrer Kinder auch in schwierigen Situationen sicherzustellen. Punkt.

    Jetzt hilft der Staat in besonderen Situationen sogar schon finanziell aus und versucht zumindest, den wirtschaftlichen Verlust abzumildern – und trotzdem wird rumgenölt, was das Zeug hält.

    Kapiere ich echt nicht …
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  • Lieb10@gmx.de
    Es wird öfter erwähnt nur für Menschen mit Vorerkrankung wäre das Virus gefährlich. Jetzt mal Hand aufs Herz, wer im mittleren Lebensalter ist denn wirklich gesund? Allein von den Lehrer/innen unserer Schule gehören Einige zur Risikogruppe, aber nicht nur sie - auch ein gutes Dutzend der Eltern. Diabetes, Asthma, COPD, Bluthochdruck - das sind Volkskrankheiten auch in jüngeren Jahren. Einige Eltern sind auch starke Raucher oder auch schon etwas älter. Deshalb könntedie gefahrlose Immunisierung der Kinder ganz schnell nach hinten losgehen - wenn plötzlich die Intensivstationen überfüllt sind. Deshalb - keine Experimente mit der Gesundheit und lieber Schulen/Kitas geschlossen lassen - Gesundheit geht vor.
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  • ammi187@gmail.com
    Und auch weiter die Kinder zuhause lassen? Die Wirtschaft auf Sparflamme lassen? dadurch weiterhin Millionen an Arbeitsplätze verlieren? Existenzen zerstören? Familien auseinander reißen?
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  • FischersFritz
    Covid-19 kann auch Existenzen zerstören – und zwar ziemlich nachhaltig und ultimativ. Bis jetzt wurden schon über 100.000 Existenzen unwiderruflich zerstört – und wir sind noch lange nicht am Ende …

    Also alles eine Frage der Abwägung … und nicht jeder ist bereit, für Geld zu sterben!
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  • ammi187@gmail.com
    100,000 Infektionen = 100,000 Existenzen? Bitte erkläre das man? Weil man jetzt 2-3 Wochen krank geschrieben war? Welche Existenzen?
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  • TLW-tu_W
    Ich nehme an FischersFritz bezieht sich auf die Weltweiten Todesfälle, aktuell ca. 120.000.
    In China dürfte die tatsächlich Zahl deutlich über der offiziellen liegen.
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  • FischersFritz
    Richtig angenommen, danke – wobei nicht nur in China auch bei den Todesfällen von einer erheblichen Dunkelziffer ausgegangen werden muss!
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  • engert.andreas@gmx.de
    naja - auch 100.000 komme ich vielleicht nicht - aber wir haben in Deutschland inzwischen 3.000 Tote - das SIND ENDGÜLTIG ZERSTÖRTE EXISTENZEN!
    Und jeder dieser Toten hat Angehörige, die trauern, Abschied nehmen müssen, deren Existenzen massiv beeinträchtigt sind - und wenn ein Alleinverdiener, der die Familie ernährt hat, können hier auch Existenzen zerstört werden - und zwar deshalb, weil Menschen STERBEN!
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  • Lieb10@gmx.de
    Was ist der Preis ? Der Blick nach Italien, Großbritannien und USA mit den vielen Toten reicht oder ?
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  • engert.andreas@gmx.de
    Arbeitsplätze kann man nach Ende der Krise wieder schaffen, die Wirtschaft wieder aufbauen, finanzielle Einbußen abfedern - wer tot ist, bleibt tot, da ist dann nichts mehr zu machen!
    Ich finde eine solche Einstellung menschenverachtend!
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  • flyarcus@gmx.de
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • Werner12
    Hat schon mal jemand von den Experten darüber nachgedacht wie das mit dem Abstand im Schulbus funktionieren soll.
    Der Bus unseres Sohnes (Linie Rannungen/Schweinfurt) ist immer voll.
    Die Kinder stehen sogar vorne bis zur Tür, was eigentlich nicht erlaubt ist.
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  • Moos5
    Wer fordert, dass Schulen und Kindergärten weiter geschlossen bleiben, muss auch eine Lösung für die Eltern parat haben. Wer soll Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter betreuen? Großeltern - wäre nicht im Sinne der aktuellen Maßnahmen. Viele Eltern müssten jetzt schon 5 Wochen Urlaub einbringen und unabhängig davon stehen noch Pfingst-, Sommer-, Herbst- und Weihnachtsferien an, wo die Kinder betreut werden müssen. Zudem müssen die Eltern auch Geld verdienen um die Familie durchzubringen. Und im Moment zahlen die Eltern auch ihre Beiträge weiter ohne eine eine Gegenleistung zu bekommen.
    Wert fordert, die Riskiogruppen müssen geschützt werden, und älteren ist es nicht zuzumuten in Isolation zu gehen, muss auch Schutz und Absicherungsmaßnahmen für die Familien präsentieren.
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