Eiskunstlauf-Bundestrainer Karel Fajfr hat sich mit seiner Strafanzeige gegen seinen ehemaligen Schützling Isaak Droysen keinen Gefallen getan. Fajfr wollte Droysens Vorwürfe der seelischen und körperlichen Misshandlung abwehren, doch nun hat die Staatsanwaltschaft Würzburg den Fall geprüft – und das Ermittlungsverfahren gegen den 19-Jährigen eingestellt. Droysen darf seine Vorwürfe gegen den umstrittenen Trainer damit weiterhin öffentlich äußern. Das ist ein wichtiges Signal in einem Fall, der bundesweit beobachtet und kontrovers diskutiert wird.
Ein Fall, in dem der Leistungssport und seine dunklen Seiten beispielhaft auf dem Prüfstand stehen, denn es geht um Kinder und deren Schutz. Und das aus verschiedener Sicht: Eltern anderer Fajfr-Läufer verteidigen den Trainer und bezichtigen Isaak Droysen öffentlich der Lüge. Dabei ziehen sie auch ihre minderjährigen Kinder in eine Diskussion hinein, deren Folgen zum jetzigen Zeitpunkt nicht abzusehen sind. Mag sein, dass sie es selbst gut haben bei diesem Trainer. Doch das kann nicht der Beweis dafür sein, dass anderen Kindern kein Leid zugefügt wurde. Es liegt am Verband, hier schnell und umfassend aufzuklären, damit eine solche Situation erst gar nicht entsteht. Doch Aufklärung setzt den Willen dazu voraus – und der ist im Präsidium der DEU nicht zu erkennen.
Erschreckende Verantwortungslosigkeit
Stattdessen übt man sich routiniert in der Zurückweisung jeglicher Verantwortung für das Tun der freiberuflichen Trainer. Dabei obliegen Ausbildung und Lizenzvergabe aller Eiskunstlauftrainer in Deutschland ganz alleine der Eislauf-Union. Doch deren Verbandspräsident Dieter Hillebrand scheint es nicht zu interessieren, wenn Kinder durch das Verhalten ihrer Trainer in seelische Not geraten. Isaak Droysen ist nicht der erste Fall in jüngster Zeit, in dem eine Staatsanwaltschaft gegen einen Trainer ermittelt hat. Doch nicht einmal die schriftliche Feststellung der Staatsanwaltschaft in jenem anderen Fall, dass der Trainer ein "moralisch verwerfliches" Verhalten gegenüber dem Kind gezeigt habe, hat Hillebrand dazu bringen können, den Trainer zu suspendieren. Stattdessen ist das Kind gegangen. Problem gelöst.
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Es ist seit Jahrzehnten das gleiche Muster in der DEU zu beobachten – und der Skandal ist, dass dieses Vorgehen auch in Zeiten viel diskutierter und dringend notwendiger Prävention noch immer funktioniert. Doch jetzt ist das große Schweigen als Erfolgsmodell der DEU brüchig geworden. Der Fall Isaak Droysen zwingt Hillebrand zum Handeln und sich des Falles anzunehmen. Der junge Würzburger besteht auf Aufklärung, hat sich nicht mundtot machen lassen mit anwaltlichen Drohungen oder einer Strafanzeige des Trainers wegen falscher Verdächtigung.
Fehlende Führungskompetenz
Auch das Nichtbeantworten von Presseanfragen, mit dem der Verband Journalisten seit Jahren daran hindert, über Vorgänge zu berichten, funktioniert nicht mehr. Die erschreckende Verantwortungslosigkeit des Verbandes im Umgang mit ihren jungen Athleten tritt unaufhaltsam zutage. Dann etwa, wenn der stellvertretende Präsident des Eissportclubs Oberstdorf, zuständig für korrekte Abläufe im Training in eben jenem Bundesleistungszentrum, in dem sich der Fall Fajfr/Droysen abgespielt hat, den jungen Läufer auf beschämende Weise öffentlich beleidigt. Dass die Verbandsspitze hier nicht sofort eingeschritten ist, zeigt nur eines: Es fehlt nicht nur an Kompetenz in der Führung, sondern auch an Anstand. Ein personeller Umbau an der Spitze der DEU ist dringend notwendig. Nicht irgendwann. Jetzt!
Nachtrag: Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren gegen Karel Fajfr wegen der Vorwürfe Droysens von angeblichen Schlägen auf Arme, Beine, Rücken und ins Gesicht mangels Tatverdachts eingestellt. Diese Entscheidung hat die Generalstaatsanwaltschaft München nach Beschwerde Droysens bestätigt. Nun hat das Amtsgericht Sonthofen Karel Fajfr am 8. Februar 2021 von dem noch verbliebenem Vorwurf einer angeblichen Ohrfeige Droysens im Herbst 2016 freigesprochen. Der Freispruch ist rechtskräftig.