Der Fall Karel Fajfr zieht Kreise. Wie diese Redaktion berichtete, hat der Würzburger Eiskunstläufer Isaak Droysen (19), einstiges Vorzeigetalent des WSV Aschaffenburg, schwere Vorwürfe gegen seinen Ex-Trainer (74) aus dem Bundesleistungszentrum Oberstdorf erhoben. Er sei von dem Trainer über Jahre körperlich und seelisch misshandelt worden. Der erfolgreiche Nachwuchsläufer berichtete dieser Redaktion von jahrelangen Demütigungen, Schlägen und Beschimpfungen. Im vergangenen Jahr hat Droysen seine Karriere beendet und den Stützpunkt in Oberstdorf verlassen. Im Gespräch mit dieser Redaktion bestritt Fajfr die Vorwürfe gegen seine Person.
Die ersten Reaktionen auf die Veröffentlichung der Vorwürfe, so erklärt Droysen auf Anfrage, seien gekennzeichnet von Entsetzen über das Verhalten des Trainers und Lob für seinen Mut, die Geschichte publik zu machen. Und: "Es gibt einige, die bestätigt haben, dass die Vorwürfe zutreffend sind, sie es mit eigenen Augen gesehen und gehört haben." In der Redaktion meldeten sich ebenfalls weitere Betroffene, darunter auch Eltern von Eiskunstlaufschülern, die von ähnlichen Vorkommnissen in weiteren Stützpunkten mit anderen Trainern berichteten.
Main-Post-Bericht zieht Kreise
Aussagen von Verantwortlichen des WSV, man habe ihm Fajfr nicht empfohlen, kontert der 19-jährige, angehende Student abermals: "Das ist definitiv falsch. Bei unserem ersten Gespräch mit Fajfr saßen die beiden Vermittlerinnen aus Aschaffenburg, nämlich die Obmännin und die Trainerin des WSV, dabei." Nach seinem Entschluss, mit dem Leistungssport aufzuhören, ist er auch bei seinem Verein WSV Aschaffenburg ausgetreten: "Ich wollte mich nicht länger hergeben für eine Maschinerie aus Machtstreben und Intrigen und der Missachtung dessen, was Fajfr mir angetan hat", so Droysen.
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Nicht nur in Aschaffenburg, auch in der Oberstdorfer Eislauf-Szene sei die Recherche dieser Redaktion das beherrschende Thema, so Droysen.
Von wem bekommt Fajfr Geld?
Isaak Droysens Vorwürfe richten sich auch gegen die Deutsche Eislauf-Union (DEU). Deren Funktionäre, so Droysen, würden mit der Duldung Fafjrs im Bundesleistungszentrum gegen ihre Fürsorgepflicht gegenüber Schutzbefohlenen verstoßen. DEU-Präsident, Dieter Hillebrand, erklärte auf Nachfrage, dass Fajfr nur ein freiberuflicher Trainer ohne Vertrag mit der DEU sei. Auf der Homepage des Verbandes jedoch wird Fajfr an prominenter Stelle als Mitglied im "Funktionsteam hinter der Nationalmannschaft" präsentiert. Karel Fajfr selbst sagte auf Anfrage dieser Redaktion, dass er in einer Technik-Kommission der DEU mitarbeite. Wer ihn wofür bezahlt, welche Rechte und Pflichten er in der DEU hat, beantwortete die DEU nicht.
Unsere Recherchen zeigen indes, dass offenbar Zuschüsse des Bayerischen Eissport-Verbandes (BEV), der der DEU angehört, direkt an Karel Fajfr geflossen sind. Das geht aus Rechnungen hervor, die der Redaktion vorliegen. Demnach musste die Familie Droysen für das Training bei Fajfr im Monat 750 Euro bezahlen, die der Trainer quittierte und dabei auf der Rechnung den Zuschuss des BEV über 200 Euro vermerkte und direkt abzog.
In welcher Form und Höhe Fördergelder seitens des Bayerischen Eislauf-Verbandes vergeben werden, entscheide die Fachspartenleiterin, so der Regensburger Eiskunstlauftrainer Ferdinand Dedovich, der als Ausbildungs-Referent für Bayern an der Konzeption des Deutschen Olympischen Sport-Bundes (DOSB) zur qualifizierten Ausbildung von Trainerinnen und Trainern im Eiskunstlauf mitgearbeitet hat.
Fachspartenleiterin für Eiskunstlauf in Bayern ist Sissy Krick, die bis 2006 Vizepräsidentin der DEU war, als internationale Preisrichterin tätig und auch Mitglied im neugegründeten sechsköpfigen Sportausschuss der DEU ist. Sie gehörte laut Isaak Droysen bei seinem Wechsel nach Oberstdorf 2015 zur Befürworterin Fajfrs als sein künftiger Trainer. "Sie saß ja auch im ersten Gespräch mit Fajfr dabei", so Droysen. Sissy Krick antwortete auf die Fragen dieser Redaktion nicht, etwa zu Fördergeldern für Bundeskaderläufer wie Isaak Droysen und damit zur Mitfinanzierung von Privat-Trainern wie Karel Fajfr.
Eisfläche: Nutzung für Fajfr kostenlos
Fest steht, Bund und Länder teilen sich die Zuständigkeit für Fördergelder für Athleten. Der Bund, so heißt es auf Anfrage beim Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, sei für Sportler des Bundeskaders zuständig, die Länder für die Landesleistungszentren. Der Standort Oberstdorf sei der einzige Bundestützpunkt in Bayern, ein Landesleistungszentrum sei dort nicht anerkannt. In Bayern gebe es aktuell keine Landesleistungszentren. Insofern, so Sprecher Oliver Platzer, erhalte der Bayerische Eissport-Verband auch keine staatliche Förderung für Athleten und Trainerkosten aus dem Freistaat. Gleichwohl, so Platzer, habe der Bundesstützpunkt in Oberstdorf eine hohe Bedeutung für den Nachwuchsleistungssport in Bayern. Aus diesem Grund fördere das Land gemeinsam mit dem Bund entsprechende Investitionsmaßnahmen.
Seit 2008 sind laut Bayerischem Staatsministerium des Innern und für Sport, Landesmittel in Höhe von 600 000 Euro an den Träger des Bundesstützpunktes Oberstdorf gegeben worden. Träger und somit Zuwendungsempfänger für Investitionsmaßnahmen am Stützpunkt ist der Markt Oberstdorf, vertreten durch den "Eigenbetrieb Sportstätten Oberstdorf".
Wie ein Experte dieser Redaktion bestätigt, ist es in Deutschland üblich, dass die Stützpunkte für die Kaderathleten, die dort trainieren, Zuschüsse von Verbänden erhalten.
Vor den Sportstätten in Oberstdorf hängen auch die offiziellen DEU-Bundesstützpunkttrainer-Fotos aus, mit denen die DEU Werbung für ihre Trainer macht. Darunter auch das von Karel Fajfr. Die Eisnutzung im Rahmen seiner freiberuflichen Trainertätigkeit ohne Vertrag bei der DEU sei für Karel Fajfr kostenfrei, solange er Athleten aus dem Bundeskader trainiere, so Droysen.
Nachtrag: Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren gegen Karel Fajfr wegen der Vorwürfe Droysens von angeblichen Schlägen auf Arme, Beine, Rücken und ins Gesicht mangels Tatverdachts eingestellt. Diese Entscheidung hat die Generalstaatsanwaltschaft München nach Beschwerde Droysens bestätigt. Nun hat das Amtsgericht Sonthofen Karel Fajfr am 8. Februar 2021 von dem noch verbliebenem Vorwurf einer angeblichen Ohrfeige Droysens im Herbst 2016 freigesprochen. Der Freispruch ist rechtskräftig.