Für den sportlichen Erfolg werden Spitzenathleten schon in jungen Jahren zu Höchstleistungen gedrillt. Jetzt saß ein bekannter Eiskunstlauf- Trainer auf der Anklagebank des Amtsgerichts Sonthofen: Karel Fajfr. Die Anklage lautete auf Körperverletzung. Er soll im Umgang mit seinen Schützlingen die Grenzen überschritten und den damals 16-jährigen Würzburger Eiskunstläufer Isaak Droysen im November 2016 bei einer Trainingseinheit eine Ohrfeige verpasst haben. Nach zwei Verhandlungstagen und mehr als zehn Zeugenaussagen wurde der 77-Jährige vom Amtsgericht freigesprochen. Es ist der vorläufige Schlusspunkt einer Affäre, die die Eiskunstlauf-Szene über Jahre erschüttert hat.
Im Jahr 2019 erhebt Isaak Droysen gegenüber dieser Redaktion erstmals Vorwürfe gegen seinen ehemaligen Trainer, der ihm über Jahre hinweg körperliche und seelische Verletzungen zugefügt haben soll. Er berichtet von Schlägen, Schikanen und üblen Beschimpfungen. Strafanzeige stellt der Eiskunstläufer, der seine Karriere zu dem Zeitpunkt bereits beendet hat, zunächst nicht. Doch die Staatsanwaltschaft ermittelt nach den Berichten, die bundesweit aufgegriffen werden.
"Übriggeblieben von diesen Ermittlungen ist eine Ohrfeige im Herbst 2016", sagte Richterin Brigitte Gramatte-Dresse nun während der Verhandlung in Sonthofen. Die anderen Vorwürfe lassen sich nicht beweisen, so drehte sich der Prozess um einen Schlag. Faijfr bestreitet die Vorwürfe: "Es mag sein, dass ich ein harter Trainer bin – manchmal geht es zur Sache", sagt der 77-Jährige. "Aber eine Ohrfeige ist ein No-Go, Schläge hat es nie gegeben."
Der Trainer hat wegen falscher Anschuldigungen rechtliche Schritte gegen seinen früheren Schüler eingeleitet. Der heute 19-jährige ehemalige Kaderathlet trat im Prozess als Nebenkläger auf und erneuerte seine Vorwürfe: Er berichtete von Beleidigungen, Drohungen und der Ohrfeige im November 2016. Doch im Laufe der Verhandlung ergaben sich Widersprüche: So soll der Trainer mit rechts zugeschlagen haben, ist aber Linkshänder. Er soll auf einer Bank gesessen haben, hätte von dort das Opfer aber nicht erreichen können. Zudem wies der Verteidiger mit Hallenbelegungsplänen nach, dass Trainer und Schüler nie allein auf dem Eis waren, sondern stets andere Sportler zeitgleich trainierten.
Die Aussagen der Zeugen hinterließen Zweifel: Eine Mitschülerin, der Droysen von den Schlägen berichtet haben soll, kann sich kaum erinnern und datiert den Vorfall in das falsche Jahr. Ein anderer Trainer, der den Schlag gesehen haben will, berichtete von einem lauten Schrei. Den hat aber nur er wahrgenommen, obwohl in der Eishalle der Trainingsbetrieb lief. Zudem hatte der Zeuge seine Beobachtung drei Jahre für sich behalten, obwohl ihn eigentlich ein Ehrenkodex der Eislauf- Union dazu verpflichtet, solche Vorfälle sofort zu melden.
Die Zeugen aus der Eiskunstlauf-Szene teilen sich in zwei Lager, Anhänger und Kritiker des Angeklagten Fajfr. "Die einen sagen, dass er nichts Falsches machen kann, die anderen trauen ihm alles zu", sagte die Staatsanwältin. "Fast jeder Zeuge hat eine Agenda – und wir sind angelogen worden, was das Zeug hält." Die Verhandlung habe das Bild einer Umgebung gezeichnet, in dem alles dem Eiskunstlauf unterworfen ist. Ein Umfeld, das für Kinder nicht geeignet sei.
Der Angeklagte habe Macht in diesem System, das seinen Missbrauch gedeckt habe, so die Staatsanwältin. Sie wertete die Aussage des Opfers als glaubwürdig und forderte eine Geldstrafe von 8100 Euro (90 Tagessätze). Isaak Droysen habe "keinen Belastungseifer – und Jahre über Jahre die gleiche Geschichte erzählt." Die Indizien würden ihm Glaubwürdigkeit verleihen. "Er hat alles aufgegeben, dafür muss er einen Grund gehabt haben."
Richterin entscheidet im Zweifel für den Angeklagten
Der Sportler sei an seine Leistungsgrenze gestoßen und habe seinem Trainer dafür die Schuld gegeben, argumentierte der Verteidiger Fajfrs. "Er hatte Angst, sein Umfeld zu enttäuschen. Deshalb hat er einen Grund gesucht." Der 19-Jährige habe ausgenutzt, dass der Angeklagte vor 25 Jahren wegen Missbrauchsfällen verurteilt worden war, so der Anwalt.
Richterin Gramatte-Dresse entschied im Zweifel für den Angeklagten und sprach ihn frei. "Das Gericht muss von der Schuld überzeugt sein." Vor allem die belastende Aussage des Trainer-Kontrahenten überzeugte die Richterin nicht. "Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ein Zeuge einen Vorfall nach so langer Zeit so detailliert schildern kann – und vorher niemandem außer seiner Frau davon erzählt", sagte Gramatte- Dresse. "Vielleicht war er sich schon damals nicht so ganz sicher, ob es nicht nur ein Klaps auf die Wange war." Auch die Aussage des 19-Jährigen überzeugte die Richterin nicht. "Ich kann auf Basis dieser stereotypen Schilderungen nicht zu einer Verurteilung kommen. Zu meiner Überzeugung reicht es nicht."
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat allerdings bereits angekündigt, keine Rechtsmittel einzulegen. Zu Ende ist das Thema damit jedoch noch nicht: Einem Bericht der Zeitung "taz" zufolge verhandelt am 17. Februar das Landgericht Köln über einen Antrag Fajfrs auf Unterlassung, Entschädigung sowie Erstattung der Anwaltskosten gegen Droysen.
Das ist die vermutlich wertvollste Erkenntnis aus dem Prozess! (wobei die Vorwürfe von rüden Methoden bei gewissen Sportarten z.B. auch Eiskunstlauf nichts neues sind).
Eltern sollten sich das zu Herzen nehmen und ihre Kinder diese Sportart nur hobbymäßig ausüben lassen und bei neg. Anzeichen gegensteuern - ein Prinzessinentraum ist das sicherlich nicht - ähnlich wie beim professionellen Ballett.
Geld verdienen lässt sich mit so einer relativen Randsportart eh kaum bzw. braucht man sich nur anschauen aus welchen Ländern die in dieser Sportart erfolgreichen Sportler kommen - aus größtenteils totalitären Staaten die für ihre extremen Traniningsmethoden bekannt sind - Methoden die in Deutschland sicherlich strafbar wären.