Die Vorwürfe des ehemaligen Würzburger Eiskunstläufers Isaak Droysen gegen seinen Ex-Trainer Karel Fajfr beschäftigen mittlerweile bundesweit die Eislaufszene. Auf ihrer Internetseite hat die Deutsche Eislauf-Union (DEU) nun eine Stellungnahme veröffentlicht. Der 19-jährige Droysen wirft Fajfr vor, ihn über Jahre hinweg im Training im Bundesleistungszentrum in Oberstdorf seelisch und auch körperlich misshandelt zu haben, was Fajfr bestreitet. Der Trainer hat jetzt über seinen Anwalt eine persönliche Stellungnahme an diese Redaktion geschickt, in der er abermals betont, dass er sämtliche Vorwürfe entschieden zurückweise: "Ich habe Isaak Droysen zu keinem Zeitpunkt geohrfeigt, geschlagen oder gedemütigt und auch keine andere Form von physischer oder psychischer Gewalt gegen ihn ausgeübt", so der 75-Jährige, der Strafanzeige gegen Droysen wegen Verleumdung und vorsätzlich falscher Verdächtigung gestellt hat.
Eltern empört über Vorwürfe gegen Fajfr
Dem Anwaltsschreiben beigefügt sind fünf Stellungnahmen von Eltern aktiver Schülerinnen und Schüler Fajfrs sowie eines ehemaligen Trainingspartners Isaak Droysens, die die Vorwürfe alle in Frage stellen. Damit melden sich erstmals seit der ersten Berichte dieser Redaktion über den Fall Ende Juli Zeugen zu Wort, die Droysens Schilderungen nicht bestätigen.
Ihre Kinder, so schreiben die Eltern, hätten ausnahmslos nur sehr gute Erfahrungen mit Karel Fajfr gemacht. Niemand von ihnen könne bestätigen, dass Fajfr sich ihnen oder Droysen gegenüber wie in den Vorwürfen geschildert verhalten habe. Fajfr habe sich geändert. Der Trainer war 1995 in einem aufsehenerregenden Prozess vom Landgericht Stuttgart unter anderem wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen zu einer zweijährigen Haftstrafe und einem dreijährigen Berufsverbot verurteilt worden. Die Misshandlungen hatten zum größten Teil im Training des Vereins in Stuttgart stattgefunden.
Eine Mutter schreibt nun, dass ihre 16-jährige Tochter mit Isaak in einer Gruppe trainiert habe. Auch die Großmutter habe das Mädchen bei allen Trainingseinheiten begleitet und "immer das richtige Verhalten von Karel gegenüber allen Athleten" beobachtet. Die Mutter einer 18-jährigen Läuferin meldet ebenfalls Zweifel an. Ihre Tochter trainiere seit Ende 2016 bei Fajfr, sie habe sich eingehend mit ihr unterhalten. "Sie sagt, sie habe nie eine derartige Erfahrung mit Herrn Fajfr gemacht noch bei anderen Läufer/innen beobachtet." Und die Mutter einer ehemaligen, Läuferin schreibt: "Er ist ein sehr guter Trainer ohne Fehl und Tadel."
"Er ist ein hervorragender Trainer und Pädagoge"
Der Vater einer aktiven Läuferin, Vizepräsident des Eissportclubs Oberstdorf und Präsident der dortigen Eiskunstlaufabteilung, erklärt in seinem Bericht, die Vorwürfe seien "erstunken und erlogen" und eine "Schande". Er werde ein Hausverbot für Droysen in der Eishalle beantragen. Zu seinen ehrenamtlichen Aufgaben als Präsident der Abteilung, so der Vater weiter, gehöre es, die Trainingseinheiten und Stunden zu beobachten und eventuelle Verfehlungen zur Sprache zu bringen. Seine Tochter trainiere seit fünf Jahren bei Fajfr, der ein hervorragender Trainer und Pädagoge sei. "Wir haben keinen anderen Trainer in Oberstdorf, dem das Wohlergehen seiner Läufer so am Herzen liegt." Ein ehemaliger Trainingspartner von Isaak Droysen erklärte, dass er mit Droysen und Fajfr ein Jahr lang fast täglich auf dem Eis gestanden habe. "Körperliche Übergriffe jeglicher Art gab es zu keinem Zeitpunkt!"
Droysen selbst sagt zu den Stellungnahmen der anderen Läufer und ihrer Eltern, dass er mit zwei der Läuferinnen, mit denen er angeblich in einer Trainingsgruppe gewesen sein solle, nie gemeinsam mit Fajfr auf dem Eis gestanden habe. "Eine der Läuferin kam erst, als ich schon nicht mehr bei Fajfr trainierte, mit der anderen war ich definitiv nie in einer Gruppe", so Droysen. Was seinen tatsächlichen engen ehemaligen Trainingspartner betreffe, so habe er mit diesem meist nur an Nachmittagen bei Fajfr trainiert. In den Einheiten zum Beispiel am Abend sei der Läufer nicht mit dabei gewesen. "Er hat auf jeden Fall die Wutanfälle Fajfrs mitbekommen, Fajfr hat auch ihn brutal angebrüllt."
Zuschauer von Fajfr-Training: Auf entsetzliche Weise getobt
Den Aussagen der Eltern der Fajfr-Schüler stehen Schilderungen von anderen, der Redaktion namentlich bekannten Zeugen gegenüber. Der Zuschauer eines Abendtrainings etwa erklärte gegenüber der Redaktion: "Fajfr tobte und brüllte 50 Minuten lang auf entsetzliche Weise in der vierköpfigen Trainingsgruppe immer nur einen an. Das war Isaak Droysen." Er sei, so der Mann, immer wieder kurz davor gewesen, selbst aufs Eis zu gehen und Fajfr zu stoppen. "Mir ging das so nahe, ich habe danach mindestens 20 Minuten gebraucht, um nach diesem Training selbst runterzukommen von diesem Erlebnis." Drei Mädchen seien noch mit auf dem Eis gewesen, die habe Fajfr in Ruhe gelassen. "Isaak hat versucht, Haltung zu wahren, aber man hat gesehen, dass er damit größte Mühe hatte. Ich habe mich gewundert, wie er das aushält und weitertrainiert." Das Verhalten von Fajfr gegenüber Droysen, so sagt der Mann, sei ihm zutiefst zuwider gewesen. "So etwas Schlimmes zwischen Trainer und Schüler habe ich noch nie erlebt. "
Polizei leitete Vorermittlungen ein
Das Polizeipräsidium Unterfranken hat bestätigt, dass aufgrund der Berichterstattung dieser Redaktion Vorermittlungen eingeleitet worden seien. Das geschieht, wenn ein Verdacht vorliegt, die Behörde aber noch keine konkreten Anhaltspunkte für eine vorliegende Straftat hat. Mehrere Anfragen dieser Redaktion, darunter auch zu den Vorermittlungen der Polizei, ließ die Deutsche Eislauf-Union (DEU) unbeantwortet. In einer E-Mail bestätigte der Verband lediglich den Eingang der Fragen. Das Präsidium werde sich "mit dem an uns herangetragenen Sachverhalt befassen und behält sich vor, gegebenenfalls eine Stellungnahme abzugeben".
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Eine solche Stellungnahme ist seit einigen Tagen auf der Internetseite der DEU zu finden. Darin kündigen die Verantwortlichen eine "lückenlose Aufarbeitung der massiven Vorwürfe" Droysens an. So habe die DEU bereits schriftliche Stellungnahmen aus dem näheren und weiteren Personenkreis um Fajfr und Droysen angefordert. Nachdem die DEU zunächst auf ihrer Webseite noch betont hatte: "Nach heutigem Stand liegen der Deutschen Eislauf-Union keine Aussagen vor, die die massiven Vorwürfe von Isaak Droysen stützen", hat der Verband diesen Satz mittlerweile gelöscht. Nach Informationen dieser Redaktion sind intern in der DEU von Funktionsträgern Stimmen laut geworden, die sich gegen diese Formulierung gewehrt hatten. So lägen durchaus Aussagen vor, die Isaak Droysens Vorwürfe stützen.
Sportdirektor Dönsdorf und Jugendschutzbeauftragte melden sich bei Droysen
Unterdessen hat sich mit Sportdirektor Udo Dönsdorf erstmals seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Fajfr ein Verantwortlicher der DEU bei Isaak Droysen gemeldet. In einer E-Mail macht ihm Dönsdorf ein Angebot für ein persönliches Gespräch. Schon beim überraschenden Ausscheiden Isaak Droysens vor einem Jahr hatte Dönsdorf eine Mail an den Würzburger geschrieben und ihm ein Gesprächsangebot gemacht. "Offensichtlich gab es gravierende Gründe, die Dich bewogen haben", mit dem Leistungssport aufzuhören, so Dönsdorf in dem Schreiben vom 30. Juli 2018.
Auch die Beauftragte der DEU für Kinder- und Jugendschutz, Corinna Gundlach, hat sich bei Isaak Droysen gemeldet. Auch sie will erst durch die Presse von den Vorwürfen gegen Fajfr erfahren haben. In einer Mail an Droysen schreibt sie: "Nun musste ich leider in der Main-Post über deine Erfahrungen mit Karel Fajfr lesen." Auch sie bietet dem Würzburger ein persönliches Gespräch an. Ein Telefonat mit ihr, sagt Droysen, sei mittlerweile erfolgt.
Wann und wie die einzelnen Verantwortlichen in der DEU von Droysens aktuellen Vorwürfen gegen Fajfr erfahren haben, ist unklar. So hatte ein Trainer der DEU gegenüber der Berliner Tageszeitung "taz", die die ersten Berichte dieser Redaktion aufgegriffen hatte, erklärt, dass das Verhalten Fajfrs schon länger Anlass für kontroverse Debatten im Verband sei. Bereits im April habe die Leistungssportkommission des Verbandes beschlossen, dass minderjährige Kadersportler nicht mehr bei Fajfr trainieren dürften. Ein Haupttrainer dürfe ihm allerdings Übungseinheiten übertragen, wenn er selbst in der Verantwortung bleibe. Karel Fajfr erklärte dazu schriftlich gegenüber dieser Redaktion: "Ich habe erst aus einem Folgeartikel in der Main-Post erfahren, dass ich angeblich keine Kadersportler mehr trainieren darf."
Die DEU hat auf eine entsprechende Anfrage dieser Redaktion nicht geantwortet, erklärt aber nun auf ihrer Internetseite: "Die in den Medien veröffentlichte Aussage, die Leistungssportkommission der DEU habe beschlossen, das der Trainer Karel Fajfr keine minderjährigen Sportler mehr trainieren darf, entspricht nicht den Tatsachen. Einen solchen Beschluss gibt es nicht."
Nachtrag: Die Staatsanwaltschaft hatte das Ermittlungsverfahren gegen Karel Fajfr wegen der Vorwürfe Droysens von angeblichen Schlägen auf Arme, Beine, Rücken und ins Gesicht mangels Tatverdachts eingestellt. Diese Entscheidung hat die Generalstaatsanwaltschaft München nach Beschwerde Droysens bestätigt. Nun hat das Amtsgericht Sonthofen Karel Fajfr am 8. Februar 2021 von dem noch verbliebenem Vorwurf einer angeblichen Ohrfeige Droysens im Herbst 2016 freigesprochen. Der Freispruch ist rechtskräftig.
Dass Karel Fajfr so ein "schlimmer Finger" ist, hat die ehemalige Paarläuferin Tina Riegel schon in den 1980ern erfahren. Und der -Fajfr-will sich geändert haben ??? Na ja...