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Hannover
Samstagsbrief: Herr Schröder, kündigen Sie Wladimir Putin die Freundschaft!
Der Alt-Kanzler hat in der Vergangenheit nichts getan, um den russischen Präsidenten von seinen Kriegsplänen abzubringen, findet unser Autor. Eine Abrechnung in Briefform.
Ex-Kanzler Gerhard Schröder mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Ein Bild aus dem Sommer 2018, nach dem  Eröffnungsspiel der Fußball-WM in Moskau.
Foto: Alexei Druzhinin, dpa | Ex-Kanzler Gerhard Schröder mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Ein Bild aus dem Sommer 2018, nach dem  Eröffnungsspiel der Fußball-WM in Moskau.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:32 Uhr

Sehr geehrter Herr Schröder,

Männerfreundschaften sind etwas ganz besonderes. Man(n) kennt sich oft viele Jahre, geht durch dick und dünn. Und selbst wenn man sich lange nicht gesehen hat, dauert es höchstens eine Flasche Bier, bis sich diese ganz besondere Vertrautheit wieder einstellt. Man sagt ja auch: Mit dem besten Freund kann man viele Stunden schweigend am Tresen verbringen und am Ende sagen, dass es der beste Abend seit langem war. Ihr Schweigen gegenüber einem Ihrer guten Freunde, Herr Schröder, ist allerdings eine Schande!

Ich spreche von Ihrem guten Freund Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten, der in dieser Woche die Ukraine, ein souveränes Land, überfallen hat. Den Mann, den Sie einst einen "lupenreinen Demokraten" genannt haben. Jahrelang haben Sie ihm die Stange gehalten, sind mit ihm also durch dick und dünn gegangen. Egal, ob Putin Menschenrechte verletzt, Widersacher eliminiert, sein Volk durch eine nie dagewesene Fake-News-Strategie an der Nase herumgeführt, Oppositionelle wegsperrt, Journalisten mundtot gemacht oder Wahlen gefälscht hat: Auf Gerhard Schröder konnte sich der Despot im Kreml immer verlassen.

Zuverlässig haben Sie die putinschen Narrative in die deutsche Öffentlichkeit transportiert. Etwa als Sie vor dem russischen Angriff auf die Ukraine die Forderung Kiews nach Waffenlieferungen als "Säbelrasseln" bezeichnet oder der Nato eine Mitschuld am russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze gegeben haben. Selbst als das Unfassbare Realität wurde und Putin sein Militär zur Eroberung der Ukraine ausgesandt hatte, rangen Sie sich gerade einmal dazu durch, im Netzwerk LinkedIn zu schreiben, dass der Krieg "schnellstmöglich beendet werden" müsse. Und dass das "die Verantwortung der russischen Regierung" sei, schrieben Sie – nicht ohne eine verharmlosende Erklärung für die russische Aggression nachzuschieben: "Aber auch Sicherheitsinteressen Russlands rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Mittel."

Glauben Sie wirklich, dass es Putin um Sicherheit geht? Entschuldigen Sie, wenn ich das so sage, aber aus meiner Sicht stellen Sie sich bereitwillig als Figur des russischen Staatstheaters zur Verfügung. Natürlich nicht, ohne davon zu profitieren: Als Aufsichtsratschef des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft sollen Sie jährlich 600 000 Euro kassieren. Bald sollen Sie auch dem Aufsichtsrat des Erdgaskonzerns Gazprom angehören. Außerdem haben Sie nicht unbedeutende Funktionen bei den Betreibergesellschaften der Erdgaspipelines Nord Stream und Nord Stream 2.

Wissen Sie was ein starkes Zeichen wäre, Herr Schröder? Kein bedeutungs- wie wirkungsloser Post bei LinkedIn, sondern Ihr Rückzug aus all Ihren oben genannten Posten. Schmeißen Sie hin bei Rosneft und Nord Stream, geben Sie Gazprom einen Korb. Dass das geht, hat in dieser Woche der frühere österreichische Kanzler Christian Kern gezeigt: Er trat als Aufsichtsrat der russischen Staatsbahn RZD zurück.

Aber ich fürchte, Sie haben sich längst entschieden, Herr Schröder. Anscheinend wollen Sie sich nicht friedenstiftend einbringen. Es spricht aus meiner Sicht nicht viel dagegen, dass auch Sie als Teil von Putins PR-Maschinerie in naher Zukunft von den EU-Sanktionen gegen Unterstützer des russischen Regimes betroffen sein sollten.

Es sei noch einmal festgehalten: Anstatt sich als Lobbyist für russische Energiekonzerne und Putins Interessen einzusetzen, hätten Sie sich dank Ihrer Männerfreundschaft zum russischen Präsidenten bei ihm als Lobbyist für Demokratie und Frieden stark machen können. Das haben Sie nicht getan, Sie haben geschwiegen und damit auch dem Amt des Bundeskanzlers Schaden zugefügt.

Geradezu grotesk wurde es wenige Tage vor dem russischen Einmarsch. "Viele haben sich bei mir gemeldet, ob mein Mann nicht mit Herrn Putin über die Ukrain-Krise reden könnte", postete Ihre Frau bei Instagram, wo Sie beide sehr aktiv sind. "Das ginge nur, wenn die Bundesregierung das ernsthaft wollte. Davon ist aber nicht auszugehen." Kurz darauf wurde der Post wieder gelöscht.

Mal im Ernst, Herr Schröder: Nicht nur, dass Ihre Frau zwischen pittoresken Pflanzenfotos und Bildern des schröderschen Pärchen-Glücks in Pressesprechermanier dieses Thema anschneidet –brauchen Sie wirklich grünes Licht der Bundesregierung, um einem Freund zu sagen, dass er gerade Mist baut?

Auch wenn Sie mit 77 Jahren ein gutes Stück älter sind als ich, Herr Schröder, gestatten Sie mir einen Rat: Seine Freunde kann man sich aussuchen.

Benjamin Stahl, Redakteur

Persönliche Post: Der "Samstagsbrief"

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.
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Quelle:
 
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  • gerhard.rausch@gmx.net
    Hallo Herr Stahl,

    Vielen Dank für Ihren Brief.
    Der nächste könnte sein Schröder, Schwesig und Nord Steam 2.
    "Was läuft Genossen"
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  • saf.wuerzburg@t-online.de
    Die beiden, Diktator Putin und seine "Marionette" kommen mir auf dem Bild irgendwie vor, wie Waldorf und Statler ...

    Nur konnte man über diese beiden wenigstens herzhaft lachen!
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  • klafie
    am besten wäre, wenn Schröder in Russland bliebe und auch seine Gehälter eingefroren würden, dass er nicht mehr an sein Geld kommt. Dann kann er seinen Dutzfreund in den A..... kriegen und um Gnade betteln!
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  • Arcus
    Den Schröder mochte ich noch nie. Heute noch weniger. Er ist wie Söder&Co ein Egomane, dem gehts zuerst um sich und dann kommt lange nichts. Gerade in Krisenzeiten brauchen wir solche Politiker überhaupt nicht.
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  • rasputin32
    Er hat zumindest ein deutsche Beteiligung am -völkerrechtswidrigen- IrakKrieg der USA abgelehnt.
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  • roswitha.oehrlein@aol.com
    Ruhegehalt und sämtliche Vergünstigungen ersatzlos streichen, da er das Ansehen der BRD bis auf´s Mark schädigt! Soll er klagen wo er will! Vielleicht füttert ihn sein Busenfreund Putin durch, wenn auch noch die Einnahmen von Gazprom wegbrechen sollten!
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  • giacomo
    Sehr guter offener Brief. Allerdings wird Schröder keine Main-Post lesen. Und selbst wenn, geht ihm das am Allerwertesten vorbei. Putin steht zumindest unter dem Verdacht Morde und Giftanschläge auf politische Gegner befohlen zu haben. Wie man mit so einem "Mann" befreundet sein kann, entzieht sich meinem Verständnis. Aus meiner Sicht wäre zu prüfen, ob gegen Herrn Schröder nicht sogar wegen Landesverrat ermittelt werden müsste!!
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  • info@ehrbar-weinstube.de
    …das geniale an dem Samstagsbrief ist ja das: der Text wird als Brief an den Empfänger per Post verschickt, so, dass dieser den Brief am Samstag im Briefkasten hat. Also wird der Brief sehr wohl von seinem Büro zur Kenntnis genommen, und evtl. (bei dieser brisanten Lage auch sehr gut vorstellbar) an Herrn Schröder persönlich weiter gegeben.
    Kann mir schon vorstellen das er in Kenntnis gesetzt wird.
    Herzliche Grüße
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  • mppthi
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  • Maryan
    Ich verfolge den ganzen Tag mehrere Sender und Berichte, also solche wo man auch gleichbelagerte Meldungen verfolgen kann. So wie es ausschaut geht es in die Richtung, noch von keinem bestätigt, aber der Druck im eigenen Land wird so groß, dass er wohl über seinen eigenen Fehler stolpert und gestürzt wird. Es gibt Berichte, wonach er am Schwarzen Meer eigene Städte hat angreifen lassen, damit er sich weiter rechtfertigen kann. Ich denke, wir haben Gott auf unserer Seite der Gerechtigkeit und sein Ende ist absehbar.Selbst Gasprom stellt sich gegen seinen Krieg, das sind die ersten Ausläufers seines Untergangs. Da ist eine große Formation im Gang, die gutes hoffen lässt.
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  • jutta.noether@web.de
    Ihr Wort in Gottes Ohr...
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  • giacomo
    Eine sehr naive Ansicht. Putin lässt sich durch nichts von seinem Vorhaben abbringen. Lieber steckt er selbst sein eigenes gesamtes Volk in Lager nach Sibirien! Der hat einen Angriffskrieg begonnen und hört erst auf wenn er gewonnen hat. Alles andere widerspricht seinem Ego!!
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  • ToDietz@web.de
    Guter Kommentar Herr Stahl. Danke dafür.
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  • agentmulder
    Nicht das Ex-Kanzler Schröder eine Schande für unser Land ist. Eine noch größere Schande ist,dass es "unsere" Regierung auch weiter dem Morden zu sieht ohne jetzt den A.... in der Hose zu haben und dem Größenwahnsinnigen Putin zu zeigen wo der Hammer hängt! Es muss jetzt in die Ukraine an Waffen zur Verteidigung geliefert werden was Notwendig ist und schon seit Wochen gefordert wird. NEIN! Nicht nur Stahlhelme! Und selbst die sind noch nicht ankommen! Schwäche verachtet Putin und wird das weiter ausnutzen! Würde mich sogar bereit erklären den LKW voll mit Waffen bis an die Krenze zur Ukraine zu fahren wenn sich niemand finden sollte!
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  • popp.58
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  • Maryan
    Ich befürchte, dass es da um Jahre zu spät ist, dem zu zeigen wo der Hammer hängt, der geht zum äußersten und wenn es eine Nuklearwaffe ist. Wenn ihn nicht seine eigenen Leute stürzen, sehe ich für die Ukraine, für Europa, evtl. für die ganze Welt, das schlimmste Szenario kommen. Der dreht völlig am Rädchen! Selbst wenn die Ukraine sich ergeben würde und er zu Verhandlungen bereit wäre, der macht weiter.
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  • ToDietz@web.de
    Die Zeiten als Deutschland den Russen bzw. der Sowjetunion zeigen wollte wo der Hammer hängt sind Gott sei Dank seit fast 80 Jahren vorbei.

    Wollen Sie etwa die Jusos und die grünende Jugend in Russland einmarschieren lassen?
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  • jutta.noether@web.de
    Also, die Stahlhelme fand ich, gelinde gesagt, eine Unverschämtheit.
    Allerdings bin ich nach wie vor der Meinung: keine Waffenlieferungen!
    Und das bezieht sich genauso auf afrikanische, orientalische etc. Länder. Eine Schande, dass dt. Unternehmen mit sowas Geld machen!
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  • Maryan
    Wenn ich das Bild nur sehe, steigt mein Puls ins unermessliche!
    So eine Schande für unser Land!
    Die meisten wollen es noch nicht wahrhaben, was da auch auf Deutschland, Europa und der restlichen Welt, zurollt.
    Auf NTV wurde vor ca. 1 Std. berichtet, dass Leute, wo in Russland wohnen, wenn sie verbreiten, dass Russland sich im Krieg mit der Ukraine befindet, erschossen werden sollen. Genauso wollen sie wieder die Todesstrafe einführen und so einen Menschen, hält ein Exkanzler von Deutschland, in den Armen!
    Nicht mit Worte zu fassen!
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  • ToDietz@web.de
    "Wes Brot ich (fr)ess, des Lied ich sing."

    Er hält ihn ja nicht umsonst, sprich ehrenamtlich im Arm.

    Muss eben sehen wie er neben seiner fürstlichen Pensions als abgesägter Bundeskanzler finanziell über die Runden kommt.
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