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Schweinfurt
Samstagsbrief: Hat es sich bald ausgeböllert, Herr Gotzen?
Für eine Mehrheit der Deutschen gehört Feuerwerk zur Silvester-Tradition. Dennoch mehren sich Rufe nach einem Böllerverbot. Ein PR-Gau für den Verband der pyrotechnischen Industrie?
Der Geschäftsführer vom Verband der pyrotechnischen Industrie: Klaus Gotzen
Foto: Daniel Karmann, dpa | Der Geschäftsführer vom Verband der pyrotechnischen Industrie: Klaus Gotzen
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:14 Uhr

Sehr geehrter Herr Gotzen,

kennen Sie Ulrike Schneider? Vermutlich nicht. Die Dame ist Stadträtin in Schweinfurt und hat vor einigen Wochen per Eilantrag ein Feuerwerksverbot an Silvester für die Stadt gefordert. Die Entscheidung darüber wurde zwar inzwischen vertagt. Aufs neue Jahr, also nach dem Silvesterfeuerwerk, das nun auch in der Nacht zum 1. Januar 2020 stattfinden darf. Sie, Herr Gotzen, dürfte ein solches Ansinnen dennoch vor Wut wie eine Rakete in die Luft gehen lassen.

Kurz vor Weihnachten erreichte die Redaktion eine dicke Pressemappe vom Verband der pyrotechnischen Industrie, deren Geschäftsführer Sie sind. Neben Infomaterial und mehreren Positionspapieren lag der Mappe ein Anschreiben bei, in dem Sie erklären, worum es Ihnen geht: Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Die Feuerwerksbranche, schreiben Sie, habe "sich in diesem Jahr einer Debatte ausgesetzt" gesehen, "in der falsche Darstellungen, die Vermischungen relevanter Sachverhalte und unseriöse Zahlen eine wesentliche Bedeutung gespielt haben". Sie nehmen dabei vor allem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das Umweltbundesamt ins Visier und kritisieren exemplarisch die Feinstaubdebatte rund ums Feuerwerk: Feinstaub, schreiben Sie, sei anders als CO2 "nicht klimarelevant", wie es "manch Politiker verkaufen möchte".

An dieser Stelle sei festgehalten, dass das weder die DUH noch das Bundesumweltamt behaupten. Beiden Stellen geht es in der Feinstaubdebatte um etwas anderes, nämlich um die Tatsache, dass Feinstaub gesundheitsschädlich ist. Sie halten dagegen, dass Feinstaub aus Feuerwerkskörpern "wesentlich unbedenklicher" sei als der Feinstaub aus Verbrennungsmotoren. Und überhaupt zweifeln Sie die hohen Feinstaubwerte an Silvester an, auf die sich DUH und Bundesumweltamt berufen.

Ich bin ja der Meinung, dass man gerade bei der DUH besser zwei- als einmal hinschaut, mit welchen Zahlen der Verein arbeitet und an welchen Grenzwerten er sich orientiert. Das hat die Diskussion um Dieselfahrverbote gezeigt, wo zumindest fraglich war, ob die Messstationen, die die Feinstaubwerte ermitteln, richtig installiert werden.

Und damals wie heute ist die Debatte ja ein bisschen heuchlerisch. Niemand will Klimasünder sein, dennoch fahren immer mehr Deutsche SUVs und urlauben auf Kreuzfahrtschiffen. Niemand will Feinstaub atmen, aber laut einer aktuellen Umfrage sagt eine große Mehrheit der Deutschen, Feuerwerke seien schön anzusehen und gehörten zum Jahreswechsel dazu. Trotzdem dürfte Sie die aktuelle Diskussion beunruhigen: 70 Prozent der Deutschen zündet nämlich selbst kein Feuerwerk, ebenso viele finden die Raketen und Böller zu teuer und nun werfen die ersten Händler die Pyrotechnik sogar aus ihrem Sortiment. Die Umweltdiskussion rund ums Feuerwerk scheint Ihnen mehr zu schaden, als die Aktion "Brot statt Böller", die schon seit knapp 40 Jahren läuft.

Klar, dass Sie da – trotz guter Umsätze in den vergangenen Jahren – reagieren müssen. Sie sind Lobbyist einer Branche, die aktuell kaum mehr eine Lobby hat. Da muss ein PR-Feuerwerk gezündet und Kritik widerlegt werden. Ihre nun gestartete "Aufklärungskampagne" mit dem Titel "Lass es krachen" klingt aber eher wie eine Gegenbewegung zu "Brot statt Böller". Und auch sonst scheinen Ihre Bemühungen nicht so recht zu zünden, weil vieles im PR-Sprech einfach schöngeredet wird.

Sie berufen sich auf die Tradition, dass mit Feuerwerk "böse Geister vertreiben" werden und beteuern, man forsche an leiseren und umweltfreundlicheren Feuerwerkskörpern. Aber was ist mit dem Müll, der auch dieses Neujahr wieder auf den Straßen bleibt? Soll jeder selbst entsorgen, im Zweifel übernehmen die Kommunen "diese Last", schreiben Sie. Und die Verletzungen, die Feuerwerk verursacht? Daran seien vor allem illegale Raketen aus dem Ausland schuld. Die Tiere, die unter dem Geböller leiden? Sie plädieren dafür, dass Feuerwerkskörper nicht in Vogelschutzgebieten gezündet werden und Tierhalter könnten ja "Maßnahmen treffen, damit auch ihre Vierbeiner gut ins neue Jahr starten".

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Mal ehrlich: Was wäre denn so schlimm daran, wenn man nicht mehr selbst böllern dürfte und stattdessen zentrale Feuerwerke organisiert würden? Das wäre doch immer noch besser als das, was Stadträtin Schneider in Schweinfurt plant: Sie ruft dazu auf, an Silvester um Mitternacht mit einer Kerze auf den Marktplatz zu kommen und in "stillem Protest" das neue Jahr zu begrüßen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Rutsch

Benjamin Stahl, Redakteur

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  • rft@rudolf-thomas.de
    Es werden das Jahr über Feuerwerke gezündet. So bei Hochzeiten, Geburtstagen (z. B. von der Steinburg) und bei Kiliani. Wenn immer mehr verboten wird, dann ist auch die Meinungsfreiheit in Gefahr. Wir erleben bereits jetzt, wie sehr sie eingeschränkt wird. Und den sogenannten "Umfragen zur Folge" zu vertrauen, ist mehr als fragwürdig. Niemand hinterfragt, woher die Zahlen stammen und wer, wo befragt wurde. Aber alle verwenden nach Gutdünken die Zahlen, ob sie stimmen oder nicht, Hauptsache Stimmung erzeugen.
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  • sauer.paul.nordheim.de@web.de
    Wieso ist die Meinungsfreiheit in Gefahr, wenn Feuerwerke (= Umweltverschmutzung pur) verboten werden? Das müssen Sie mir erklären!!!
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  • Franken48
    Mit einem Wort links- grünes Provinz Blättchen. Hauptsache alles verbieten.
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  • Jedes Jahr ein bis zwei Wochen vor Silvester die gleiche Diskussion. Wenn die Politik ernsthaft Interesse hätte bundesweit ein Böllerverbot einzurichten, dann würde dies im Sommer besprochen und als Gesetz verabschiedet. Diese jährliche Diskussion kurz vor Silvestern bringt überhaupt nichts, da liegt das Zeug schon in den Verkaufsregalen. Diese Diskussionen dienen nur dazu die Nachrichten mit sinnlosen Artikeln zu füllen.
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  • sauer.paul.nordheim.de@web.de
    Es wird allerhöchste Zeit, dass die Menschen, insbesondere diejenigen in den Industrienationen begreifen, dass spürbare Einschränkungen vom bisherigen „Luxus“, wie z.B. Urlaubsfernreisen (insbesondere solche mit dem Flugzeug), Inlandsflüge, SUV-Fahren, Feuerwerke abbrennen, viel Fleisch essen, viele neue Kleider und Schuhe kaufen, usw.,usw. dringend notwendig sind, um kommenden Generationen überhaupt noch ein einigermaßen erträgliches Leben auf dieser Erde zu ermöglichen!
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  • Warum sollen sich die Industrienationen einschränken, während der Rest der Welt weiter die Umwelt verschmutzt? Wir sollen auf SUV, Flugreisen etc. verzichten? Gleichzeitig werden unsere "dreckigen" Diesel nach Osteuropa exportiert und fahren dort die nächsten 20 Jahre weiter? Andere Nationen werfen ihren Müll, Plastik etc. direkt ins Meer, während wir eines der besten Recycling- und Entsorgungssysteme haben. Vll. sollten erstmal diese Länder lernen wie man die Umwelt schützt und mit ihr umgeht, bevor man die Industrienationen weiter einschränken will.
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  • sauer.paul.nordheim.de@web.de
    Auf Ihre Zeilen möchte ich kurz wie folgt antworten:
    1.
    Recycling: „Deutschlands Weltmeister-Titel ist für die Tonne“
    Böllstiftung und BUND geben vor allem den Plastik-Herstellern die Schuld an der Vermüllung der Umwelt. Laut Plastikatlas 2019 ist Deutschland der drittgrößte Exporteur von Plastikmüll. Außerdem: Nicht mal zehn Prozent des jemals produzierten Plastiks ist recycelt worden.
    2.
    Ein finanziell sehr gut bzw. gut dastehender 4-Personen-Haushalt in einer Industrienation verursacht im Durchschnitt so viel CO2 Ausstoß, wie eine Kleinstadt in einem Land in der 3. Welt
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  • jebusara@web.de
    Herr Stahl, ich bin selten einer Meinung mit Ihnen aber hier stimme ich Ihnen voll und ganz zu.

    Ein zentrales Feuerwerk - wie oft schon in anderen Ländern üblich - genügt vollkommen um das neue Jahr zu begrüssen. Die Umwelt wird damit noch genug verschmutzt, den Tieren bleibt das Trauma weiterhin nicht erspart aber sehr viele "Unfälle" würden damit vermieden werden.

    Es ist fakt, dass nicht jeder der Böller kauft damit auch verantwortungsvoll umgeht. Hat man in alten Zeiten noch darauf geachtet, dass niemand zu Schaden kommt ist genau das inzwischen heute vielfach das Ziel. Anders kann man sich nicht erklären wenn Böller absichtlich auf Mensch und Tier geworfen werden.

    Auch wenn heutzutage die Umweltverbände bezüglich Verbot in Kritik stehen ist es eigentlich den verantwortungslosen Idioten es zu verdanken, wenn Böller in Privathand verboten werden.
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  • johannesrustler
    Sehr geehrter Herr Stahl, ich bin wirklich überrascht wie sich die MAINPOST immer mehr von den "grünen" Parteien als Parteiorgan einspannen lässt, dadurch Meinungsmache betreibt und bin echt froh, das MAINPOST- Abonnement letztes Jahr abbestellt zu haben und zum MAINECHO übergewechselt bin. Hoffentlich werden dies noch mehr Ihrer meist älteren Leser tun!
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