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Würzburg
Samstagsbrief: Steht die Messstation in Würzburg richtig, Herr Resch?
Die Deutsche Umwelthilfe will den nördlichen Stadtring in Würzburg für Diesel-Fahrzeuge sperren. Redakteur Benjamin Stahl ist von dem Plan nicht überzeugt.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe
Foto: Michael Kappeler, dpa | Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:33 Uhr

Sehr geehrter Herr Resch,

dass die Deutsche Umwelthilfe (DUH) vor Gericht ein Diesel-Fahrv erbot für einen Teil des Würzburger Stadtrings erstreiten will, hat in unserer Leserschaft die Emotionen hochkochen lassen. Einige meinten, die Klage der DUH sei "der einzige Weg, damit sich in Würzburg was tut" in Sachen Verkehrswende. Zu schleppend geht diesen Lesern der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radwegenetzes voran. Andere schreiben, sie könnten über Ihren Verein nur "den Kopf schütteln", werfen der DUH "vorschnelles Handeln", "Panikmache" und "Populismus" vor. Einer meinte, Sie, Herr Resch, wären "ein guter Kandidat für einen Samstagsbrief", den wir jede Woche an eine Person schreiben, die von sich Reden gemacht hat. Hier ist er also, der Brief.

Schon seit gut 30 Jahren sind Sie Bundesgeschäftsführer der DUH. So viel Aufmerksamkeit wie heute hatten Sie aber nie. Der Diesel-Skandal wirkte für die Bekanntheit der DUH wie ein Turbolader. Was die Autoindustrie sich da geleistet hat und wie sie nun mit der Angelegenheit umgeht – da sind wir uns einig –, ist unfassbar und dreist. Seit Monaten beschäftigen Sie nun aber deutschlandweit die Gerichte und erstreiten Fahrverbot für Fahrverbot. Und an dieser Stelle fühle ich mich unseren Lesern näher, der über die DUH den Kopf schüttelt.

Um der Rückfrage vorzugreifen: Ja, ich fahre einen Diesel. Schadstoffnorm Euro 5. Aber auch Diesel-Fahrer haben Lungen und damit ein Interesse an sauberer Luft. Lassen wir also mein Auto in der Garage und fragen ganz unvoreingenommen: Auf welcher Basis bewegt sich die DUH mit ihren Klagen überhaupt?

In Deutschland darf der Anteil von Stickstoffdioxid (NO2), das Diesel-Motoren erzeugen, nicht den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft übersteigen. Wenn Sie also nun auf Einhaltung dieses Grenzwertes klagen, ist das Ihr gutes Recht. Aber ist es auch richtig? Die geltenden Grenzwerte: sind umstritten. Die Folgen von Diesel-Abgasen für die Gesundheit: sind umstritten. Selbst die Stationierung der Messstationen, die die Feinstaub- und NO2-Grenzwerte ermitteln: umstritten. Und zwar nicht nur bei Diesel-Fahrern, sondern auch unter Experten. Da fragt man sich, wo Sie so viel Sicherheit hernehmen, um voller Überzeugung zu behaupten, dass Dieselfahrzeuge die Hauptschuld an mehr als 800 000 jährlichen Diabetes- und Asthma-Neuerkrankungen sowie an knapp 13 000 vorzeitigen Todesfällen tragen.

Aber der Reihe nach: Zwar liegt dem NO2-Grenzwert eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation zugrunde, die ja nun auch kein Zusammenschluss von Ahnungslosen ist. Die WHO hat aber die Grenzwerte auf der Basis von Auswertung von Krankheitsstatistiken einfach geschätzt. Die Schlussfolgerung die daraus gezogen wurde, halten Mediziner für nicht haltbar. "Es gibt keinen einzigen Todesfall, der kausal auf Feinstaub oder NO2 zurückzuführen wäre", meint etwa der Vorsitzende der Süddeutschen Gesellschaft für Pneumologie, Professor Martin Hetzel. Er spricht von "konstruierten mathematischen Modellen".

Und dann ist da noch die Sache mit den Messstationen. Versuche haben gezeigt, dass sich die Ergebnisse dieser Stationen leicht beeinflussen lassen. Je nachdem, wie weit sie zum Beispiel von Gebäuden oder Ampeln entfernt stehen, variieren die Werte massiv. Selbst die Position des Ansaugstutzens, der die auszuwertende Luft einfängt, spielt eine Rolle. Haben Sie eigentlich einmal überprüft, ob die Messstation in Würzburg richtig steht? Unsere Leser fragen sich aus meiner Sicht zurecht, ob die hohen Werte am Stadtring nicht vielleicht aus "den langen Staus" resultieren, die wiederum Folge einer optimierungswürdigen Ampelschaltung sein könnten.

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Noch eine Frage, Herr Resch: Haben Sie sich eigentlich schon einmal Gedanken über die Folgen von Diesel-Fahrverboten gemacht? Es ist ja nicht so, dass dann alle Diesel stehen bleiben würden. Die Fahrer würden nur andere Strecken, vermutlich längere Umwege nehmen. Eine gute Idee? Und wer und wie soll die Fahrverbote kontrollieren? In Hamburg, wo Sie für das erste Diesel-Fahrverbot gesorgt haben, hat die Polizei bereits eingeräumt, nur in "unregelmäßigen Abständen" Kontrollen durchzuführen. Kein Wunder, dass die Werte in der Hansestadt nicht fallen, oder?

Herr Resch, ich glaube, Sie berufen sich nicht auf wasserdichte wissenschaftliche Erkenntnisse. Eher auf Interpretationen, die Ihnen passen. Auf Theorien und "konstruierte mathematische Modelle". Eigentlich komisch. Die FAZ zitierte Sie einmal angesichts manipulierter und nicht unter Realbedingungen vorgenommener Abgasmessungen der Autobauer: "Die Luftreinhaltepläne", die dafür sorgen sollen, dass die von der EU festgelegten Grenzwerte für Luftschadstoffe eingehalten werden, "sind für die Realität und nicht fürs Labor gemacht". Gerade sind Sie genauso hypothetisch unterwegs, wie die Autobauer.

Mit freundlichen Grüßen

Benjamin Stahl, Redakteur

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Die Antwort und den Gegenbrief, den Briefwechsel also, finden Sie dann auf jeden Fall bei allen Samstagsbriefen hier. Und vielleicht bietet die Antwort desjenigen, der den Samstagsbrief zugestellt bekommt, ja auch Anlass für weitere Berichterstattung – an jedem Tag der Woche.
 
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  • Arcus
    Bevor sich die vielen Dieselfahrer weiter echauffieren, sollen sie erstmal die Subventionen die mit jedem Liter Benuin von allen Steuerzahlern aufgebracht werden zurückzahlen.
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  • 50Hertz
    Herr Resch ist Mitglied des HON- Circles bei der Lufthansa, dafür muss man innerhalb von 2 Jahren mindestens 600000 Meilen fliegen. Das schaffen, schätze ich mal, 90% der Bevölkerung in ihrem ganzen Leben nicht zu fliegen.

    Der Mann soll doch bitte schweigen. Es ist sein Geschäftsmodell sonst nichts.
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  • 1958kosb
    Seit über 50 Jahren werden wir von der Autoindustrie beschissen (Spritverbrauch, Abgaswerte). Aber nö, wir wollen es nicht war haben und einfach so weiter machen. LKW Fahrverbot in WÜ ist für die Katz, keiner kontrolliert es. Jetzt wird gejammert wenn ein Fahrverbot kommt.
    Hoffentlich kommt das Fahrverbot für ganz WÜ.
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  • waldtom1
    Danke Herr Stahl, sie haben mir aus der Seele gesprochen!
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  • Ankaka
    Schon unglaublich was eine deutsche Umwelthilfe mit Finanzierung von Toyota in Deutschland für einen blödsinn anrichten kann. Eine Straße zu sperren verlagert ein Problem und ist keine Lösung. Vollkommen falsche Messungen und fasche Lösungsansätze.
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  • TLW-tu_W
    Ein 5 stelliger Betrag bei einem Budget von über 8Mio.
    Ein Hinweis damit jeder die Größenordnung dieser Finanzierung selbst einordnen und bewerten kann.
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  • DFR4
    Hören Sie doch bitte mal auf diesen Verein, diese Person in ihrer zerstörerischen Funktion zu relativieren. Danke
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  • TLW-tu_W
    Der Beitrag suggeriert es wäre quasi ein "Toyota" Verein.
    Das ist nicht der Fall.
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  • 50Hertz
    Es war lange genug ein von Toyota "gepflegter" Verein.
    Nur weil die das jetzt aus taktischen Gründen eingestellt haben,
    soll es vergessen sein ?
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  • sauer.paul.nordheim.de@web.de
    Die Klagen der DUH sind definitiv der einzige Weg, damit in Deutschland endlich etwas vorangeht in Sachen Verkehrswende, Umweltschutz, etc.

    Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass die DUH nur darauf pocht, dass die von Deutschland und der EU beschlossenen und rechtsgültigen Gesetze eingehalten werden.
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  • dietmar@eberth-privat.de
    Nichts Neues. Einfach mal aus Gedankenkäfig ausbrechen und mal etwas längerfristiger Denken...
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  • fuzzy1
    Hut ab, Herr Stahl, das ist objektive Journalistenarbeit, weiter so.
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  • DFR4
    Mann soll nicht glauben, dass die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte dem Wahnsinn der DUH und ihren politischen Förderern standhalten. Wir sind auf dem Weg zurück ins Mittelalter. Der DUH Chef leistet dabei ganze Arbeit.
    Einmal von bewusst destruktiven Idioten geschaffene Tatsachen, die auf unfaktischen Lügen aufbauen, werden hierzulande von keiner Instanz mehr revidiert. Im Gegenteil, man wähnt sich bereits wieder in einer Zeit, als rote Haare eine ähnliche Reflexsituation auslösten wie heute das Wort „Diesel“.
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  • kgeorg
    Die Antwort von Herrn Resch würde mich mal interessieren, falls er sich überhaupt dazu herabläßt.
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  • DieWahrheit
    Sehr geehrter Herr Stahl,

    ich bin gespannt welche Antworten Herr Resch auf Ihren Brief hat.

    Die Intention der „DUH“ ist doch die deutschlandweite Hysterie auszunützen, meines Erachtens hat die „DUH“ die Hysterie sogar provoziert um auf KOSTEN ANDERER GELD zu machen und das ohne Rücksicht auf Verluste!
    Schon der Name des Vereins ist eine Beleidigung an alle Deutschen und Umweltschützer!

    Warum?
    Die „DUH“ ist eine Firma die
    1. Deutsche Betriebe, und da spreche ich nicht von Großunternehmen, vernichtet und
    2. lässt die CO2 Debatte völlig außen vor. Bekanntlich bläst der Benzinmotor mehr CO2 in die Luft als der Dieselmotor.

    Sehr geehrter Herr Stahl,

    Sie fragen nach den Folgen und beziehen sich nur auf Deutschland. Aber was ist mit den Ländern und Menschen, die, weil wir mit deutscher Gründlichkeit das E-Fahrzeug forcieren, Lithium abbauen.
    Ist deren Leben nichts Wert?

    Wo sind Sie die Toden?

    Können Sie mal eruieren wie hoch die Feinstaubgrenzwerte in unseren Nachbarländern sind.

    Gru
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  • DieWahrheit
    Sehr geehrter Herr Stahl,

    meines Wissens ist der Verein „DUH“ ca. 300 Mitglieder stark.
    Von diesen sollen ca. 2/3 Rechtsanwälte sein!

    Können Sie das mal überprüfen ob das so stimmt.

    Vielen Dank für Ihre Mühen.

    Gruß
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  • lausdeandl@yahoo.de
    Könnte man zusaätzlich auch noch recherchieren, mit welchen Fällen diese ihr Geld verdienen?
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  • 0goofer1
    Angesichts der ganzen Dieseldikussion, würde mich auch einmal interessieren wo ausserhalb Deutschlands noch Fahrverbote existieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Athen, Rom, Madrid oder Paris viel reinere Luft haben als Würzburg. Und das wäre ja auch wichtig, wenn man mit dem Auto in Urlaub fahren will.
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  • kgeorg
    Im Großraum Paris wird es ab Mitte 2019 Fahrverbote für alte Diesel geben, die vor 2001 zugelassen wurden. Damit ist der finanzielle Schaden für die Betroffenen um einiges geringer als in unserem Land, da die Autos ja mindestens schon 18 Jahre alt sind.
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  • al-holler@t-online.de
    Ich gebe ihnen ja recht, Herr Stahl (ja, das kommt auch mal vor - Ironie off); aber würden Sie das auch so deutlich schreiben, wenn Sie keinen Diesel führen?
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