Sehr geehrter Herr Stahl,
vielen Dank für Ihr Schreiben. In der Tat gab es im Jahr 2019 einige kommunale Anträge, auf deren Grundlage generelle Feuerwerksverbote in Innenstädten erwirkt werden sollten. So auch der Versuch von Frau Stadträtin Ulrike Schneider in Schweinfurt. Doch anders als Sie Ihre Leserinnen und Leser vielleicht vermuten lassen wollen, gehen ich oder die Mitglieder des Verbandes der pyrotechnischen Industrie (VPl) dabei nicht an die Decke.
In einer Demokratie gilt es Argumente und Fakten auszutauschen und zugleich auch Kritik auszuhalten. In diesem Prozess ist es jedoch wichtig, dass alle Parteien gleichermaßen ehrlich, fair und transparent arbeiten sowie behandelt werden. Andernfalls fußen unsere Entscheidungen auf falschen Behauptungen, Argumenten und im schlimmsten Fall auf konstruierten Debatten, die geprägt sind von Framing und Denunziation. Welche Wirkung Framing haben soll und kann, zeigen Sie vorbildlich im ersten Absatz Ihres Briefes.
- Lesen Sie auch unseren Samstagsbrief an Herrn Gotzen: Hat es sich bald ausgeböllert?
Zunächst sei erst einmal gesagt, dass wir die Entscheidung des Schweinfurter Stadtrates begrüßen, den Menschen auch zur Jahreswende 2019/2020 privates Feuerwerk zu erlauben. Entsprechende Rückmeldungen zahlreicher anderer Kommunen bundesweit haben wir über das Jahr verteilt erhalten. Nicht zuletzt auch deswegen, weil wir unser Wissen und unsere Haltung als Verband in den Diskurs mit den Bürgerinnen und Bürgern, Politikern und kommunalen Vertretern einbringen konnten. Auch Sie haben daher, wie viele andere Journalisten auch, unsere Positionen erhalten. Nicht nur in Form dieser Pressemappe, sondern auch bereits durch zahlreiche Presseaussendungen im Vorfeld. Schade nur, dass diese bislang bei Ihnen keine Beachtung fanden, um auch so einen ehrlichen Austausch zu ermöglichen.
Sie schreiben ganz richtig, dass wir die Feinstaubdebatte rund um das Feuerwerk kritisieren – auch weil irrelevante Kennzahlen vermischt werden. Uns geht es dabei darum, dass permanent – und das entgegen Ihrer Aussagen auch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und vom Umweltbundesamt (UBA) – von der Umweltschädlichkeit des Feuerwerks gesprochen wird. In diesem Zusammenhang werden beispielsweise in der Broschüre des UBA zum Silvesterfeuerwerk Feinstaub- und C02-Werte bewusst in einem Zusammenhang gebracht. Im Kontext vieler weiterer Berichterstattungen bundesweit werden Verbote von Feuerwerken auch im Zeichen des Klimanotstandes betrachtet. Relevant für Kommunen sind hierbei jedoch nicht die Feinstaub-, sondern die C02-Emissionen. Und eben gegen diese Darstellung wehren wir uns.
Wie Sie ebenfalls richtig feststellen, verwehren wir uns auch den Äußerungen des Umweltbundesamts und der Deutschen Umwelthilfe, dass Feinstäube aus Feuerwerk gesundheitsschädlicher seien als beispielsweise aus Verbrennungsmotoren. Der Vergleich mit dem Straßenverkehr oder Holzöfen stammt übrigens nicht von uns. Dass Partikel aus Feuerwerk, wie wir wissen, wasserlöslich und leichter vom Körper abbaubar sind, findet bislang nirgendwo Gehör. Und ich sehe auch nicht, dass Unternehmen wie die Baumarktkette Hornbach ihre dieselbetriebenen Kettensägen oder Rasenmäher aus dem Verkehr ziehen. Oder ihre Holz-Pellets, die beworben von der Umwelthilfe für deutlich mehr CO2 verantwortlich sind als es das Feuerwerk überhaupt könnte. Sie benennen diesen Umstand ganz richtig: Er ist "heuchlerisch". Der Marktanteil des Feuerwerks beispielsweise bei der Baumarktkette Hornbach ist signifikant gering und der Verzicht daher kein großer Verlust: Da kann man schon mal leicht "die Augen zudrücken" und das Ganze dann im Sinne eines Marketing-Gags als Großmütigkeit verkaufen.
Ich würde lügen, wenn wir die Entwicklungen der vergangenen Monate nicht aufmerksam verfolgen würden. Daher versuchen wir als Verband auch, gemeinsam mit unseren Mitgliedern, zu informieren und der emotionalisierten Diskussion sachlich zu begegnen. In diesem Zusammenhang war es auch unser Anliegen, mit einer Kampagne die Öffentlichkeit darüber zu informieren, wie sie mit Feuerwerk sicher ins neue Jahr startet.
Denn anders als Sie es darstellen, geht es uns bei unserer Kampagne nicht um irgendein PR-Feuerwerk. Vielmehr sehen wir den Bedarf – auch mit Blick auf die Debatte um die Zweckentfremdung von Feuerwerk – unseren Teil dazu beizutragen, den Menschen den richtigen Umgang damit nahe zu bringen. Wir sehen unsere Kampagne "Lass es krachen" demnach nicht als Gegenbewegung oder als PR-Maßnahme, um der Diskussion um die Feinstaubwerte entgegenzuwirken. Sie ist unser Beitrag für ein friedliches neues Jahr. Dabei nehmen wir auch in Kauf, dass wir es Menschen dennoch nicht recht machen können – so wie Ihnen gerade. Aber wer kann es schon jedem recht machen? Sie als Journalist können dies wahrlich auch nicht – und das ist ja auch gar nicht Ihre Aufgabe. Aber würden Sie auf Ihre Arbeit verzichten, wenn Sie anderen Menschen dadurch beispielsweise ein angenehmeres Fest bescheren würden? Falls ja, bedauern wir das – aber wir wollen dies nicht. Wir sehen unsere Verantwortung und haben entsprechend gehandelt.
Was Ihre Beschreibung der Silvestertradition und des PR-Sprechs angeht, so gestatten Sie mir, dazu noch etwas zu entgegnen. Es ist nämlich in der Tat sehr interessant, dass Sie diesen bemängeln. Übernehmen Sie ihn doch tagtäglich auch von behördlichen Einrichtungen, Unternehmen, Vereinen etc. oder nutzen ihn selbst, wenn Sie in Überschriften in Ihrer Zeitung davon sprechen, dass "Die ganze Welt zu Gast" bei einem regionalen Naturlandhof ist, über den Sie berichten. Sie nutzen ihn gelegentlich ebenso, wenn Sie ungefiltert Agenturmeldungen rezipieren und mit diesen informieren wollen. Beispielsweise diejenigen, in denen von der DUH Lichtershows als Alternative zum Feuerwerk angepriesen werden. Da meinen Sie, ist dieser PR-Sprech jedoch angebracht und richtig? Lieber Herr Stahl, mal ehrlich: Auch diese Debatte ist heuchlerisch.
Zuletzt möchte ich Ihnen gerne noch Ihre Frage beantworten, was daran so schlimm wäre, privates Silvesterfeuerwerk zu verbieten. Es ist neben der Tatsache, dass die grundlegenden Argumente für die geforderten Verbote nicht stichhaltig und teilweise schlicht ungerechtfertigt sind, vor allem eines: Für viele Menschen ist der Jahreswechsel eine ganz persönliche Tradition. Nicht alle von ihnen wollen Silvester auf großen Events verbringen. Es t oft gerade das individuelle Feuerwerk, das sie mit ihrer Familie oder im Freundeskreis zuhause genießen möchten. Familie, Vereine, Freundesgruppen: Sie alle treffen sich und verbringen oftmals eben auf ganz eigene Weise ihr Silvesterfest – viele davon mit friedlichem Feuerwerk ohne Ausschreitungen, Verletzungen oder gar Vergiftungen. Ich stelle also die Gegenfrage: Warum sollte diesen Menschen durch Verfehlungen weniger Chaoten oder durch eine einseitig geführte Debatte ihre Freude am privaten Silvester genommen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI)
Klaus Gotzen, Geschäftsführer
sehr vorbildlich!