Es gibt viele Dinge, die man am Theater nicht macht, weil sie Unglück bringen. Zum Beispiel nach der Generalprobe klatschen. Markus Trabusch, Intendant am Würzburger Mainfranken Theater, hat während der Pandemie zumindest mit diesem Aberglauben gebrochen. Und nach den jüngsten Generalproben geklatscht – wie alle anderen im Saal. Zum einem, weil alle so glücklich waren, dass endlich wieder Theater stattfindet. Zum anderen: "Was soll jetzt eigentlich noch schiefgehen?"
Tatsächlich ist in den letzten 14 Monaten für das Theater ziemlich viel schiefgegangen. Da wiegt ein bisschen Begeisterung am Ende einer Generalprobe vermutlich nicht allzu schwer. Trabusch: "Ich schätze jedenfalls den Aberglauben geringer ein als die Pandemie."
Langsam zeigt sich Licht am Ende des Tunnels
Jetzt aber zeigt sich Licht am Ende des Tunnels. Am Wochenende startet das Mainfranken Theater mit zwei Premieren in den Rest der Spielzeit. Außerdem werden die Oper "Garten der Lüste" und das Schauspiel "Die Physiker" wieder aufgenommen. "In der zweiten Welle haben wir den Betrieb komplett runtergefahren, ab Januar waren alle Künstlerinnen und Künstler in Kurzarbeit. Währenddessen hat der Leitungsapparat auf Höchsttouren gearbeitet, das fühlte sich schon sehr merkwürdig an", berichtet Trabusch.
Zermürbend sei vor allem der Stop-and-Go-Betrieb gewesen: "Disposition entwickeln – wegwerfen – nächste Dispo entwickeln – wegwerfen und so weiter. Das hat uns fertiggemacht. Da haben wir dann gesagt: Egal, was passiert, vor einem bestimmten Zeitpunkt spielen wir nicht."
Dank einer rigiden Teststrategie konnte das Haus dann aber im März mit der Arbeit an der Video-Oper "Der arme Matrose" beginnen, außerdem wurde ein Liederabend für die kommende Spielzeit geprobt. "So sind wir wieder in Arbeit gekommen", sagt der Intendant. Die erste Premiere bestreitet nun das Ballettensemble, das dank seiner großen Halle durchtrainieren konnte und musste: "Wenn Sie einen Tänzer ein halbes Jahr stilllegen, ist er kein Tänzer mehr."
Dank rigider Teststrategie gab es keinen Covid-Ausbruch im Ensemble
Dennoch sei es gelungen, jede Ausbreitung des Virus zu unterbinden. Wenn dank täglicher Schnell- und PCR-Tests eine Infektion entdeckt wurde, konnte sie sofort gestoppt werden. Sogar ein kurzes Gastspiel der englischen Mutante im Schauspielensemble blieb folgenlos. "Aber was glauben Sie, was da erstmal los war, als wir das Testergebnis hatten", sagt Trabusch.
Angesprochen auf die vielstimmige Kritik der Kulturszene an der Politik, antwortet der Intendant leiser als viele "Lautsprecher" (Trabusch) unter den Kollegen: Als ehemaliger Mediziner habe er für viele der Maßnahmen Verständnis gehabt, auch wenn man manches vielleicht hätte differenzierter betrachten können. "Aber wir sind nunmal ein aerosolproduzierender Betrieb, mehr als alle anderen. Es wird immer auf die Zuschauerseite geschaut, aber auch die Künstlerinnen und Künstler müssen geschützt werden."
Mit dem Kleinen Haus hatte Trabusch schon ab Oktober geplant
Markus Trabusch betont auch, wie privilegiert die Festangestellten eines Theaters trotz aller Corona-Fährnisse gegenüber den Soloselbständigen seien: "Für die haben wir als Haus getan, was wir konnten und dafür von einigen auch öffentliches Lob bekommen. Aber in dieser Pandemie haben natürlich die Soloselbständigen ein gerüttelt Maß an Preis bezahlt."
Die Nachricht der Bauverzögerungen am Stammhaus – das kleine Haus ist erst im Dezember verfügbar, das große erst 2024 – war für den Intendanten "ein Schlag ins Kontor", sagt er. Mit dem kleinen Haus hatte er schon ab Oktober gerechnet. "Es war alles daraufhin geplant. Dass es erst drei Monate später fertig wird, macht einen Riesenunterschied. Wir wären dort gleich mit mehreren Premieren eingestiegen, um die Spielzeit in Gang zu kriegen. Jetzt können wir dort höchstens das Familienstück über Weihnachten rausbringen."