Manche Gepflogenheiten der bayerischen Bildungspolitik haben offenbar selbst die Corona-Krise überlebt: So beteuert Bayerns Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) derzeit wieder gebetsmühlenhaft, es gebe keinen Lehrermangel in Bayern. Auch in diesem Herbst werde in jedem Klassenzimmer ein Lehrer stehen. Mehr noch: Brückenkurse und Sommerschulen sollen helfen, Corona-Lücken der Schüler zu schließen. Dafür werde es weder am Geld noch am Personal fehlen, verspricht der Minister: "Zudem werden wir für das nächste Schuljahr über tausend Lehrkräfte zusätzlich einstellen."
Bei den Lehrerverbänden reagiert man – wie schon vor Corona –allergisch auf Piazolos Beschwichtigungen: "Euros machen keine Bildung, dafür braucht man Menschen", schimpft etwa Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrer-Verband (BLLV). Doch vor allem an Grund-, Mittel- und Förderschulen fehle es schon jetzt am Personal zur Aufrechterhaltung des Regelunterrichts – ganz zu schweigen von den Extra-Angeboten zur Corona-Förderung. Rund 650 Stellen könnten im September offen bleiben, befürchtet Fleischmann – eine Lücke, die nicht zu kaschieren sei.
Bereits kurz vor der Corona-Krise im Januar 2020 hatte Piazolo einräumen müssen, dass im folgenden Herbst rund 800 Lehrer-Stellen an den drei Schul-Typen nicht mit qualifizierten Bewerbern besetzt werden können. Damals wurde die Lücke mit dienstrechtlichen Maßnahmen für die Lehrer wie einer Stunde Mehrarbeit und der Streichung des vorzeitigen Ruhestands geschlossen, was unter anderem auch in Würzburg zu lautstarken Lehrer-Protesten führte.
Bei Personalmangel könnten ganze Fächer wie Kunst oder Sport wegfallen
Jetzt wird im Ministerium offenbar darüber nachgedacht, auch bislang in Bayern verpönte Quereinsteiger ohne Lehramt-Studium für den Schuldienst zu gewinnen. Darüber hinaus könnte laut BLLV aber auch das pädagogische Angebot zusammengestrichen werden: Lehrerstunden für den gebundenen Ganztag seien bereits gekürzt worden. Bei Personalmangel könnten zudem Förderangebote, Schul-AGs oder Fächer wie Kunst, Sport oder Musik wegfallen, um den Unterricht in den Hauptfächern sicherzustellen. Der "Schwarze Peter" werde zudem den Schulen zugeschoben, die sich selbst um zusätzliches Personal kümmern sollen. Gar von "pädagogischen Schweinereien" spricht Fleischmann. Denn die Ursache für die aktuellen Probleme liege in der jahrelangen Personal-Fehlplanung des Kultusministeriums.
"Der Unmut unter den Lehrern ist sehr groß", glaubt auch Jörg Nellen von der Bildungsgewerkschaft GEW in Unterfranken. Denn in jeder Schule in der Region fehle schon jetzt mindestens ein Lehrer. Diese Lücken nun mit Quereinsteigern schließen zu wollen, sei aber nur Augenwischerei, kritisiert Nellen: "Man erwartet da von Leuten etwas, was sie gar nicht leisten können." Qualifiziertes Personal zu finden, sei für die Schulen ohnehin fast unmöglich: "Diese Zitrone ist schon am Anfang des Schuljahres ausgequetscht worden", warnt er: "Hier nochmal Druck auszuüben, wird keinen zusätzlichen Saft geben."
Kultusministerium: Lehrerbedarf kann in allen Schularten gedeckt werden
Im Kultusministerium kann man den Unmut an den Schulen nicht verstehen: Man gehe davon aus, "den Lehrkräftebedarf in allen Schularten entsprechend decken zu können", heißt es dort. Zumal die Lehrerverbände den Personalbedarf deutlich überzeichneten: Aktuelle Schüler-Prognosen zeigten, dass gerade an Grund-, Mittel- und Förderschulen ab Herbst "deutlich weniger Lehrkräfte benötigt werden als man bislang erwarten musste".
Herr Piazolo hat von der CSU ein unterirdisch verwaltetes Ministerium übernommen.
Ihn jetzt zum Sündenbock für jahrzehntelanges Missmanagement der Vorläufer aus der CSU zu machen ist schlichtweg unfair.
Dass er jetzt auch noch die Pandemie an der Backe hat und damit sich nicht auf die Aufarbeitung der übernommenen Defizite konzentrieren konnte ist natürlich für die FW doppeltes Pech.
Wobei sich Piazolo nun als Totengräber erweisen könnte …. .
(Ironie!!)