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Würzburg
Aufholpaket: Wie die Schulen in Bayern Lernlücken auffangen sollen
Wie können Schüler Lernstoff aufholen, den sie wegen Corona verpasst haben? Der Freistaat stellt 40 Millionen Euro zur Verfügung. Doch wie kommt die Hilfe bei den Kindern an?
Schon nach den Pfingstferien sollen an allen Schulen zusätzliche Kurse angeboten werden, damit die Schüler Lernstoff aufholen können. Das Personal dazu fehlt aber vielerorts (Archivbild).
Foto: Sebastian Gollnow | Schon nach den Pfingstferien sollen an allen Schulen zusätzliche Kurse angeboten werden, damit die Schüler Lernstoff aufholen können. Das Personal dazu fehlt aber vielerorts (Archivbild).
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:00 Uhr

Seit Mitte Dezember 2020 waren die Schulen in Bayern geschlossen, vielerorts sahen nur noch die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen die Schulräume von innen. Und während in einigen Regionen der Unterricht, zumindest im Wechsel- oder Hybridmodell, inzwischen auch wieder im Klassenzimmer stattfindet, gibt es in manchen Landkreisen und Städten weiter oder wieder ausschließlich Distanzunterricht. Der ausgefallene Schulstoff ist immens, die Folgen sind noch nicht absehbar. Auch der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) geht von "deutlichen Lernlücken"aus.

Diese Einschätzung deckt sich mit dem Ergebnis einer aktuellen Erhebung des Münchener ifo-Instituts. Deutsche Schüler haben der Befragung von 2000 Eltern zufolge im zweiten Lockdown pro Tag mehr als drei Stunden weniger gelernt als zu normalen Zeiten. Bei 20 Prozent der Schüler gebe es stark erhöhten Förderbedarf, so das ifo-Institut. In der Grundschule rechnen die Experten gar mit mindestens zwei Jahrgängen, die nicht ausreichend lesen und schreiben gelernt haben. Jedes vierte Kind (23 Prozent) hat sich der Umfrage zufolge nicht länger als zwei Stunden am Tag mit Schule beschäftigt. Mit Fernsehen, Computerspielen und Handy haben sich die Schülerinnen und Schüler jeden Tag weit mehr Zeit – 4,6 Stunden – verbracht als mit dem Lernen.

In Bayern erhalten die Schulen deshalb "weitere finanzielle Mittel für zusätzliches Personal, um die Schülerinnen und Schüler im Regelunterricht besser fördern zu können", kündigte das Kultusministerium Ende vergangenen Woche an. Bereitgestellt würden dafür 40 Millionen Euro. Damit sollen auch Kurse an den Nachmittagen angeboten werden. Die Zusatzangebote sollen nach den Pfingstferien starten und laut Piazolo "bis weit ins kommende Schuljahr beibehalten" werden. Dazu werde es eine "Sommerschule 21" geben, so der Minister: Hier könnten Schulen in der ersten und in der letzten Woche der Sommerferien qualifizierte Nachhilfe anbieten.

"Woher also das Personal nehmen?"
Jörg Nellen, Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft GEW

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht im Personal- und Fachkräftemangel die größte Hürde, um den Zurückgefallenen wieder zum Anschluss zu verhelfen: "Es fehlte schon vor der Pandemie an jeder unterfränkischen Schule eine Lehrkraft. Woher also das Personal nehmen?", fragt der GEW-Bezirksvorsitzende Jörg Nellen. Sollten Eltern, Studierende, motivierte Quereinsteiger die Nachholkurse übernehmen? "Alles Notlösungen, die das strukturelle Problem der bayerischen Personalpolitik nicht lösen", sagt Nellen.

Die Brückenangebote seien "begrüßenswert", weil es um eine ganzheitliche Förderung gehe und nicht nur darum, Wissen nachzuholen, sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV). Allerdings sei es mit einer Förderspritze nicht getan. "Der BLLV denkt an einen Fünf-Jahres-Plan", so Fleischmann. Damit das "tolle Programm" auch bei den Kindern ankomme, brauche es Fachpersonal. "Das Geld alleine hilft den Kindern nicht."

Selbst wenn Lehramtsstudierende, pensionierte Lehrerinnen und Lehrer oder private Nachhilfe-Institute einbeziehen würde, sei unklar, wie man die angekündigte Maßnahme flächendeckend umsetzen wolle, so die BLLV-Präsidentin. Im ländlichen Raum gebe es keine Universitäten als Lehramtsausbildungsstätten. Und wo mit dem Stoff ansetzen in der Praxis? "Das ganze Programm ist noch nicht in trockenen Tüchern", so Fleischmann.

"Insgesamt kann man noch nicht abschätzen, was es aufzuholen gibt", sagt Christian Langer, Oberstudienrat am Friedrich-Rückert-Gymnasium in Ebern (Lkr. Haßberge). "Ich persönlich muss meine Schüler überhaupt erstmal wieder im Klassenzimmer sehen." Rückstände sehe er bei seinen Schülerinnen und Schülern kaum, sagt der Englisch- und Erdkundelehrer. Im Gegenteil: "In vielen Klassen bin ich mit dem Unterrichtsstoff etwa einen Monat schneller dran als in einem normalen Schuljahr", so Langer. Vielen seiner Kollegen gehe es ähnlich. Der Obenstudienrat ist gespannt, wie die Kinder und Jugendlichen aus dem Distanzunterricht wieder an die Schulen kommen: "Viele machen einen guten Eindruck."

Problematisch: die Erwartungshaltung der Eltern

Frank Maier, Fachgruppenleiter Schulleitung im BLLV Schweinfurt-Stadt, hält die  Erwartungshaltung für problematisch, die jetzt bei Eltern geweckt werde: "Der Begriff ,Sommerschule 21' verleitet leider dazu, sich einen normalen Unterrichtsbetrieb in den Sommerferien vorzustellen." Hier müssten die Schulen in den kommenden Wochen mit den Elternvertretern Möglichkeiten und Grenzen auszuloten, um Enttäuschungen zu vermeiden. Das Kultusministerium stelle die Umsetzung als relativ einfach dar. "Damit wird auf die Schulen Druck ausgeübt, den diese in vielen Fällen nicht erfüllen können", sagt Maier. 

"Die Angebote allein für diesen Sommer werden nicht ausreichen, um alle Rückstände kognitiv wie psychosozial aufholen zu können, vor allem für benachteiligte Schülerinnen und Schüler", sagt die Grünen-Landtagsabgeordnete Kerstin Celina. Wichtig sei eine flächendeckende Erhebung des Lernstands als Grundlage für zielgerichtete Maßnahmen. Auch Kinder mit Behinderungen in allen Schulformen müsse man dringend im Blick behalten, so die Sozialpolitikerin aus Würzburg.

 
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    Hier wird nur gemeckert und jeder weiß alles besser. Vielleicht gibt es ja tatsächlich Kinder, die mitgearbeitet haben und ihren Stoff gelernt haben? Vielleicht gibt es Kinder, die ein Lernangebot annehmen würden? Wer nicht will oder wessen Eltern wieder gegen alles sind und alles sabotieren, der soll zuhause bleiben, später aber auch nicht rumjammern. Bitte mal selbst Verantwortung für das eigene Leben und die Familie übernehmen und die Vollkasko-Mentalität ablegen.
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  • Margarete-wuestner@web.de
    Nach den Pfingstferien soll es losgehen, also in ca.2 1/2 Wochen, es gibt noch keinen Plan! Aber 40 Millionen Euro sind schon bereit gestellt, und geregelt ist noch nichts!
    Dieses untaugliche Kultusministerium gibt es nicht erst jetzt, das gab es schon zu Zeiten von G8 und davor!
    Wenn Schüler am Tag 4,6 Std mit Handy beschäftigt sind, dann stimmt in der Erziehung etwas nicht.
    Ebenso sind Schüler jetzt schon zum größten Teil in der Ganztagsbetreuung und dann will man ihnen noch die Ferien nehmen?
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  • jebusara@web.de
    Wenn sich ein Kind nur wenig mit dem Schulstoff abgab so sind mMn die Eltern ihrer Aufgabe das Kind zum lernen anzuhalten nicht nachgekommen!

    Vor langer Zeit gab es zwei Kurzschuljahre. Innerhalb eines Jahren wurden der Stoff von 2 kompletten Schuljahren gelehrt. Es hat funktioniert. Somit sollte doch binnen weniger Wochen das eventuell vorhandene Lerndefizit nachgeholt sein zumal in die Ausfallzeit noch mehrere Ferien gefallen sind in denen sowieso nichts für die Schule getan wurde. Vielleicht sollte man dazu die Sommerferien kürzen denn wer nicht oder kaum gelernt hat braucht auch keine Erholungspause.
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  • Mainkommentar
    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht im Personal- und Fachkräftemangel die größte Hürde, um den Zurückgefallenen wieder zum Anschluss zu verhelfen. Tja ihr Behörden seid halt komplett im Tiefschlaf. Wer nicht eine ordentliche Anzahl an Menschen ausbildet und die Ausgebildeten ordentlich im Anschluß der Ausbildung bezahlt hat halt dann kein qualifiziertes Personal. Und statts jetzt über Tests oder Extraunterricht und sonstiges Gedöns zu Diskutieren gäbe es eine ganz einfache Lösung. Alle Schüler machen ein Jahr mehr. Das wäre übrigens in einer Ausbildung auch so. Wenn jemand wegen Krankheit zu lange fehlt wird die Ausbildungszeit verlängert. Aber das wäre für euch Behördies ja eine zu einfache Lösung auf die Ihr nie aber auch niemals trotz jahrelangem Studium drauf gekommen wärt. Die Welt lacht sich mittlerweile über Deutschland komplett scheckisch weil hier nix mehr vorangeht.
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  • isabellaihrig@web.de
    Der Vorschlag von Frau Celina, erst mal den Leistungsstand zu überprüfen, ist sicher sinnvoll. Aber bitte nicht wie es bisher meist am Schuljahresanfang in Mathe, Deutsch und Englisch gemacht wurde und die Note voll gezählt wurde. Sondern schon an den "normalerweise vorhandenen" Kenntnissen orientiert eine Art Schulaufgabe schreiben, die nicht benotet wird. Das kann man den Kindern so auch kommunizieren und die können ohne Angst drauf los schreiben. Wenn die Schüler dann noch das Gefühl bekommen, sie und ihre Probleme werden wirklich gesehen und in der kommenden Zeit auch zielgerichtet bearbeitet, dann ist der Nutzen meiner Meinung nach am größten.
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  • juergenmagic@t-online.de
    Von zusätzlichen Lerneinheiten kann man halten was man will, Fakt ist aber, dass die letzten Monate für die Schüler auch sehr anstrengend waren. Wichtig ist, dass wieder mal etwas Normalität einkehrt. Wenn man liest, dass die Bildungsgewerkschaft gegen eine Impfplicht für Lehrer ist, kann man auch geteilter Meinung sein. Klar ist eine Impfpflicht nur schwer umsetzbar (Soldaten müssen ggf. ja), aber rufen nicht immer die Lehrer nach Schutz etc. Durch eine Impfung wird zumindest ein schwerer Verlauf verhindert. Was man auch fordert, Recht machen wird man es eh keinem.
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Hauptsache, Herr Piazolo wird in das Programm mit einbezogen. Ich meine, er hat durchaus auch Nachschulungsbedarf. Bei 40 Millionen wird das wohl mit drin sein.
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  • hagelslag
    Die Kinder brauchen jetzt erstmal Erholungspausen und keine zusätzlichen Lerneinheiten.
    Bitte einfach mal den Lehrplan ausmisten und genug qualifiziertes Personal einstellen. Damit lassen sich auf lange Sicht Lernlücken auch wieder ausgleichen. Dieser blinde Aktionismus nützt nach wie vor keinem, vor allem wenn die strukturellen Probleme bestehen bleiben. Ich kann da als Mutter und Pädagogin mal wieder nur mit dem Kopf schütteln.
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  • Ironic
    GEW und BLLV schreiben immer nur, warum etwas nicht geht. Die könnten mal überlegen, wie man solchen Sonder-Unterricht ermöglicht- und nicht immer nur, warum die Vorschläge nicht gehen.
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  • hagelslag
    Genau - einfach... Die Lehrer machen einfach Überstunden... Ganz viele... gern auch kostenfrei... Das wäre doch mal ein genialer Vorschlag, gell?
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  • joerg.nellen@gmx.de
    @gert-raud'
    GEW-Vorschläge gibt es zuhauf. Allerdings haben wir nur Einfluss auf das, was wir machen könne, nicht auf die (verdchlafenen) Aufgaben des KM. Beipiel:
    https://www.gew-bayern.de/presse/detailseite/neuigkeiten/gew-bayern-zeigt-sich-besorgt-mittelschulen-nicht-an-die-wand-fahren/
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