Lehrermangel herrscht schon seit Jahren an Bayerns Schulen. Jetzt könnte sich die Lage jedoch verschärfen. Denn einerseits fallen nach wie vor coronabedingt Lehrkräfte aus, andererseits steigt der Bedarf an Lehrkräften aktuell deutlich an. Grund sind unter anderem staatlich finanzierte Schüler-Förderprogramme, die jetzt schulartenübergreifend nach den Pfingstferien starten. Damit sollen Schüler, die im Distanzunterricht weniger gut lernen konnten, Lernstoff aufholen können.
Das Aufholprogramm setzt sich aus einer Förderung im aktuellen Schuljahr, Sommerferienkursen und einer Förderung zum Schuljahresbeginn 2021/22 zusammen. Laut bayerischem Kultusministerium sollen sich die Schulen dafür externe Lehrkräfte suchen, doch das millionenschwere Förderprogramm bindet auch interne Lehrkräfte, wie Schulleiter aus Unterfranken sagen. Und die Aussichten zum Schuljahresbeginn 2021/22 sind laut Bayerischem Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) düster.
Schreiben vom 31. Mai bestätigt Sondermaßnahme für Personen ohne Lehramtsbefähigung
"Wir gehen von einem eklatanten Lehrermangel im September aus", klagt Simone Fleischmann, Präsidentin des BLLV. Vor allem im Grund- und Mittelschulbereich sei der Lehrermangel besonders spürbar, was das Ministerium zur Anwerbung unqualifizierter Kräfte veranlasse. Fleischmann verweist hier auf etliche kultusministerielle Schreiben an Schulen, Schulleitungen und Bezirksregierungen, die auch dieser Redaktion vorliegen.
Tatsächlich hat das Kultusministerium den Regierungen am 31. Mai eine "Sondermaßnahme für den Zugang zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Mittelschulen für Personen ohne Lehramtsbefähigung" bestätigt. Diesem Schreiben zufolge hat das Ministerium bereits die "individuellen Einstellungsvoraussetzungen" der Bewerber geprüft, die in eine "zweijährige Maßnahme aufgenommen worden" seien und in diesem Rahmen "den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Mittelschulen in einem Sonderseminar durchlaufen".
Wann auf manche Qualifikationen verzichtet werden kann
Für die Rekrutierung "unqualifizierter Kräfte" beruft sich das Ministerium laut Schreiben auf Artikel 22 des Bayerischen Lehrerbildungsgesetzes, demzufolge "bei einem besonderen dienstlichen Interesse" der Staat auf manche der sonst üblichen Qualifikationen verzichten kann. "Kann sein, dass Bachelorabsolventen des FH-Studiengangs Soziale Arbeit zu Mittelschullehrern gemacht werden", spekulieren hinter vorgehaltener Hand erfahrene Mittelschullehrer.
Laut Ministerium werden Sonderseminare in München, Neuburg an der Donau, Günzburg und Erlangen-Höchstadt eingerichtet. "Die Regierungen werden gebeten, jeweils eine erfahrene Seminarrektorin beziehungsweise einen Seminarrektor mit der Leitung des Sonderseminars zu betrauen", heißt es in dem Schreiben weiter.
Konzept für Ausbildung der Quereinsteiger liegt aktuell noch nicht vor
Dass ein Konzept zur Ausbildung der akademisch nicht oder nicht vollständig qualifizierten Kräfte aktuell noch nicht vorliegt, geht aus dem Schreiben auch hervor: "Die Seminarbeauftragten werden in Kürze zu einer Dienstbesprechung eingeladen, im Rahmen derer erste Eckpfeiler für ein tragfähiges Konzept der inhaltlichen und didaktischen Gestaltung der Sonderseminare erarbeitet wird", schreibt das Kultusministerium.
Dabei sei auf den Bereich der Erziehungswissenschaften ein besonderes Augenmerk zu legen. Laut Ministerium sollen die "Personen ohne Lehramtsbefähigung" im Juni oder Juli ein vierwöchiges Praktikum an einer Mittelschule absolvieren.
Fleischmann plädiert für eine Flexibilisierung des Studiums
Aus Fleischmanns Sicht ist diese "verzweifelte Anwerbemaßnahme" des Kultusministeriums eine Folge von Versäumnissen der Vergangenheit. "Es rächt sich, dass an der Lehrerausbildung nicht viel früher schon gearbeitet worden ist", sagt Fleischmann. Sie hält eine "Flexibilisierung des Studiums", indem Absolventen etwa der Einsatz in verschiedenen Schularten erlaubt wird, für sinnvoll.
Außerdem sei die vom BLLV seit vielen Jahren beklagte Lohndifferenz zwischen Grund- und Mittelschullehrern einerseits und besser bezahlten Realschul- und Gymnasiallehrern andererseits maßgeblich für den bayerischen Lehrermangel verantwortlich.
Am Dienstag will der BLLV in einer virtuellen Pressekonferenz mit dem Titel "Wir rechnen ab" auf die neuen Herausforderungen in bayerischen Schulen eingehen. "Wir wollen Verlässlichkeit, Planbarkeit und Professionalität für das Schuljahr 2021/22", fordert Fleischmann. Besonders wichtig auch für die Schulleitungen seien valide Zahlen zum Lehrerbestand und zum Lehrermangel.
war das Kultusministerium jahrzehntelang in der Hand der CSU. Aber allem Anschein nach war dessen Bürokratie nicht mal in der Lage den kommenden Lehrerbedarf zu berechnen, obwohl doch zumindest bis zur Grundschule sechs Jahre Zeit ist sich auf den Schuleintritt vorzubereiten.
Für nachfolgende Schulstufen gilt eine entsprechende längere Vorlaufzeit.
Trotzdem dass dieser Mangel sicherlich absehbarer war als alle anderen Bedarfe in unserem Land wurden angehende Lehrer mit 11-Monatsverträgen drangsaliert um für diesen befristeten Nachwuchs das Augustgehalt zu sparen.
Misswirtschaft in der Bildungspolitik auf Kosten des Nachwuchses in einem reichen Land, das ist der Markenkern der CSU in Bayern!
Deutschland und seine Politiker, es macht einfach sprachlos und wütend
Ich hingegen kenne einige bestens ausgebildete Studienabsolventen mit guten Abschlüssen, die partout keinen Job bekommen. Großindustriebetriebe haben oft zehnmal soviele Bewerbungen, wie sie Ausbildungsplätze anbieten.
Also irgendeiner lügt.
Haben Sie eine Ahnung welche Anstrengungen Firmen heute unternehmen um überhaupt qualifizierte Mitarbeiter zu finden?