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Handball: 2. Bundesliga
Wölfe Würzburg: Neuzugang Julius Rose über Krebs, den frühen Tod seines Vaters und Emotionen im Abstiegskampf
Reden darüber, was anderen die Sprache verschlägt: Der Handballer engagiert sich als Botschafter im Kampf gegen Krebs und gibt Einblicke ins Innenleben der Wölfe. 
Rückraumspieler Julius Rose ist bisher einer der auffälligsten Neuzugänge beim Handball-Zweiligisten Wölfe Würzburg.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Rückraumspieler Julius Rose ist bisher einer der auffälligsten Neuzugänge beim Handball-Zweiligisten Wölfe Würzburg.
Natalie Greß
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:56 Uhr

Selbst im Abstiegskampf gibt es Wichtigeres als Sport. Allem voran Gesundheit. Die Zweitliga-Handballer der Wölfe Würzburg engagieren sich seit Jahren in der Stadt als Botschafter im Kampf gegen Krebs. Als neues Testimonial des Klubs hatte Julius Rose am Dienstag seinen ersten Auftritt, zusammen mit Marc Richter, dem Torwart des Fußball-Regionalligisten Würzburger Kickers.

Bei der Verleihung der Förderpreise 2022 der Würzburger Stiftung "Forschung hilft" sagte der Rückraumspieler: "Mir war es ein persönliches Anliegen, Botschafter zu werden. Auch ich hatte durch Krebs schon einen Todesfall in der Familie."  

Julius Rose ist 22 Jahre jung. Als sein Vater vor viereinhalb Jahren starb, war er selbst gerade mal 18. Sein Vater 55. "Als wir erfahren haben, dass der Tumor an der Bauchspeicheldrüse bösartig ist, hatte er nur noch wenige Wochen", berichtet Rose im Gespräch mit dieser Redaktion. Krebs holt Menschen manchmal schnell und manchmal langsam aus dem Leben. 

Reden über den Krebstod seines Vaters hilft und befreit Julius Rose 

Diejenigen, die dann zurückbleiben, gehen so individuell mit dem Tod um wie diejenigen, die an Krebs erkranken. "Mir hilft es sehr, darüber zu reden. Damit versuche ich mich zu erleichtern und zu befreien", beschreibt Rose seinen Weg, mit dem Verlust zu leben. Auch, um anderen zu helfen, darüber zu sprechen. "Laut sein", möchte er bei diesem Thema. Viele werden leise, wenn das Schicksal sie mit Krebs konfrontiert. Weil Krebs fast immer an die Angst vor Endlichkeit rührt und diese Angst oft die Sprache verschlägt.   

Julius Rose von Handball-Zweitligist Wölfe Würzburg als Testimonial im Kampf gegen Krebs bei der Vergabe der Förderpreise von 'Forschung hilft', der Stiftung zur Förderung der Krebsforschung an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | Julius Rose von Handball-Zweitligist Wölfe Würzburg als Testimonial im Kampf gegen Krebs bei der Vergabe der Förderpreise von "Forschung hilft", der Stiftung zur Förderung der Krebsforschung an der ...

Julius Rose hat die Erkrankung und den Tod seines Vaters, der früher ebenfalls Handball spielte, auch zusammen mit seiner Familie verarbeitet. "Meine Mutter, meine ältere Schwester, meinen älteren Bruder und mich hat das noch mehr zusammengeschweißt. Als man Papas Tage und Stunden abzählen konnte, haben wir uns im Krankenhaus in Schichten abgewechselt, sodass rund um die Uhr immer einer von uns bei ihm war."

Vom Internat in Lemgo über Kaiserslautern nach Würzburg

Der Ratinger kam damals aus dem Internat des Bundesligisten TBV Lemgo heim, wo er als knapp 15-Jähriger den Weg des Leistungssports eingeschlagen hatte. Als er Wochen später als Halbwaise nach Lemgo zurückkehrte, "endgültig erwachsen", bot der Handball ihm einen Boden, auf dem er wieder Halt fand. Rose sagt: "Der Sport hat mich rausgeholt."  

2020 wechselte er von der Reserve des TBV zum Drittligisten TuS Dansenberg und zog nach Kaiserslautern. Nun lockten ihn die Wölfe nach Würzburg und in die zweite Liga. Nicht zuletzt während der Umzüge hat er wieder gemerkt, wie sehr ihm sein Vater fehlt. "Um Papierkram hat sich früher immer er gekümmert." Fragen wie "Papa, wie geht das?" kann Rose ihm nicht mehr stellen. "Jetzt helfen wir halt als Familie zusammen und versuchen, Herausforderungen als Verbund zu meistern."  

"Handball ist ein Kontaktsport, da darf oder muss man sich auch mal anfassen, Nickeligkeiten austragen, draufhauen."
Julius Rose, Rückraumspieler der Wölfe Würzburg

Anders werden auch die Wölfe Würzburg ihre aktuelle sportliche Situation kaum bewältigen können. "Wir haben zuletzt viel miteinander geredet in der Mannschaft. Jeder hat mal rausgelassen, was ihm durch den Kopf ging", berichtet Rose, der an der Hochschule in Würzburg BWL studiert. Dabei sei auch zur Sprache gekommen, "dass wir im Training zu sehr in unseren Komfortzonen bleiben. Handball ist ein Kontaktsport, da darf oder muss man sich auch mal anfassen, Nickeligkeiten austragen, draufhauen", findet Rose. Eben simulieren, wie es in Spielen zugehe, um sich "mit der Emotionalität und Aggressivität vorzubereiten, mit der wir auch gegen Gegner antreten wollen: Es bringt nichts, wenn wir Flag Football im Training spielen und am Wochenende im Wettbewerb dann American Football."

Herrscht zu viel Harmonie in der Mannschaft der Wölfe Würzburg?
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Herrscht zu viel Harmonie in der Mannschaft der Wölfe Würzburg?

Trainer Julian Thomann sprach von Saisonstart an von "viel Harmonie im Kader". Zu viel? "Den Gedankengang kann man gehen", meint Rose, wenngleich er überzeugt davon sei, "dass Biss und Kampfgeist kein Widerspruch zu Harmonie und Teamgeist" sein müssen. "Ich kann mit einem Mitspieler morgens freundschaftlich einen Kaffee trinken und trotzdem abends im Training gegen ihn ackern und verhindern, dass er ein Tor wirft."

Julius Rose ist bisher einer der auffälligsten Neuzugänge bei den Wölfen

Der 22-Jährige ist bisher einer der auffälligsten Neuzugänge bei den Würzburgern. Mit seiner Wurfstärke, seiner Dynamik, seiner Qualität im Zweikampfverhalten und mit seinem Stirnband erinnert er ein wenig an seinen Namensvetter, den schwedischen Spielmacher Julius Lindskog Andersson. Als "intelligent, offen und extrovertiert" beschreibt Thomann den Rückraumakteur.

Auch reflektiert wirkt er an diesem Tag als Botschafter im Kampf gegen Krebs. Als er die einzige Floskel im ganzen Gespräch verwendet, ertappt er sich selbst dabei: "Trotz aller Schwierigkeiten mit unserem kleinen Kader und immer neuen Verletzten bin ich mir sicher – auch wenn das jetzt eine Phrase ist –, dass wir konkurrenzfähig sind, wenn wir mal konstant unsere Leistung auf die Platte bringen." 

Personalnot gegen Nordhorn-Lingen

Als Außenseiter gehen die Wölfe Würzburg (18. Platz/2:12 Punkte) in die Englische Woche. Zum Auftakt kommt an diesem Freitag (19.30 Uhr) Ex-Erstligist HSG Nordhorn-Lingen (6./10:4) mit Trainer Daniel Kubes und in die tectake Arena. "Ich hoffe, dass wir unsere Underdog-Rolle ausspielen und eine Überraschung landen können", sagt Julius Rose. 
Prekär bleibt derweil die personelle Situation. Zwar kehrt Steffen Kaufmann nach seiner Grippe auf Halbrechts zurück, Lukas Böhm aber fehlt erneut. Ein weiterer Rückraum-Ausfall kommt mit Linus Geis dazu, der sich gegen Motor Zaporizhzhja den Finger ausgekugelt hat. Fraglich bleibt weiter das Comeback von Rechtsaußen Felix Karle. Als Notfall-Back-up hat Julian Sauer am Abschlusstraining teilgenommen, der seine Karriere im Sommer beendet hatte.
ng
 
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