Im Kampf gegen Krebs gewinnt der Forschungsstandort Würzburg deutschlandweit immer mehr an Bedeutung. Vor allem in der Immuntherapie hat man große Fortschritte gemacht. Nicht umsonst erhielt die Uniklinik vor zwei Jahren – im Verbund mit drei weiteren Kliniken – den Zuschlag als Nationales Tumorzentrum. Es befindet sich gerade in Gründung.
Federführend ist hier der Hämatologe Professor Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II. Der 64-Jährige gilt als weltweiter Top-Experte für die Immuntherapie bei Leukämie und als renommierter Spezialist für das Multiple Myelom – eine Form von Blutkrebs, die das Knochenmark befällt.
Tim Lobinger seit einem guten Jahr in Würzburg in Behandlung
Erst vor drei Wochen wurde Einsele als erster Europäer überhaupt mit dem Erasmus-Hämatologie-Preis ausgezeichnet. Und es gab weitere Preise für die Onkologie in Würzburg, die die Forschungsexzellenz der Universitätsmedizin unterstreichen. Deshalb ist auch der frühere Stabhochsprung-Weltmeister Tim Lobinger am Uniklinikum in Behandlung.
Bei dem heute 50-Jährigen wurde im März 2017 ein Multiples Myelom festgestellt, er unterzog sich Chemotherapien und einer Stammzelltransplantation. Seine behandelnden Ärzte schickten ihn im September 2021 zum Spezialisten Einsele nach Würzburg. "Der Weg hat sich gelohnt", sagt der frühere Spitzenathlet, er fühle sich hier medizinisch bestens betreut.
Als ehemaliger Leistungssportler weiß er, wie wichtig mentale Stärke, Durchhaltevermögen und das eigene Körpergefühl sind. Das eigene Immunsystem so zu steuern, dass es eine wirksame Kraft gegen Krebs ist – dieses Prinzip der Immuntherapie gibt ihm Hoffnung und Zuversicht, trotz aller Rückschläge. Lobinger hat den Kampf gegen seine Krebserkrankung angenommen und will anderen Patientinnen und Patienten Mut machen.
Auch deshalb ist er in diesem Jahr gerne Schirmherr für die Förderpreise der Würzburger Stiftung "Forschung hilft" geworden: "Ich möchte Danke sagen bei denen, die täglich für uns kämpfen." Und: Er will dazu beitragen, das Thema Krebs weiter aus der Tabuzone zu holen. Denn noch immer tun sich viele schwer, offen über eine Erkrankung zu sprechen. Dabei, so Lobinger, gebe es nichts Schlimmeres als das "Ghosting", was heißt: Patienten vereinsamen, weil sich Bekannte und Freunde aus falscher Scheu oder Hemmung nicht mehr melden.
Sechs Krebs-Forschungsprojekte von Stiftung gefördert
Bei der Verleihung der sechs Preise, dotiert mit insgesamt rund 90.000 Euro, machte Stiftungsratsvorsitzende Gaby Nelkenstock deutlich, wie wichtig neben der medizinischen Versorgung das soziale Umfeld für Krebspatientinnen und -patienten ist. Deshalb setze sie sich weiter für ein Angehörigenhaus am Uniklinikum ein – denn zu Therapien kommen Betroffene längst aus aller Welt nach Würzburg.
Während bestimmte Tumore wie der Bauspeicheldrüsenkrebs weiterhin nur schwer zu behandeln sind, wächst bei anderen Arten – etwa Haut-, Darm- oder Blutkrebs – die Hoffnung auf Eindämmung oder gar Heilung. Allerdings bremst Onkologe Einsele bewusst die Euphorie: Jede und jeder Betroffene reagiert individuell auf eine Behandlung, nicht immer schlage eine Immuntherapie wie erhofft an. In solchen Fällen ist es wichtig, die Menschen psychoonkologisch gut zu begleiteten.
Herausfordernd sind ferner die unerwünschten Nebenwirkungen: Sie zu minimieren, ist an der Uniklinik das Ziel junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die nun von "Forschung hilft" gefördert werden. Neben der Therapie ist hier die verbesserte Diagnostik ein wichtiger Faktor. Denn, davon ist Krebsforscher Einsele überzeugt: "Je besser wir einen Tumor verstehen, desto besser können wir ihn adressieren."
Er appelliert daran, die neuen Möglichkeiten der Früherkennung zu nutzen. Auch in Corona-Zeiten. Dies war ein Problem in der ersten Pandemiephase. Damals kamen weniger zur Krebsvorsorge, stattdessen mehr Patienten mit fortgeschrittenen Tumoren. Die Krebsbehandlung selbst, so Einsele, sei in der Pandemie regulär weitergelaufen: "Das war ein großer Kraftakt des ganzen Ärzte- und Pflegeteams."