Die Gitarre ist es. Nicht die Flöte. Oder das Saxophon. Oder das Schlagzeug. Die Gitarre. Ein Zupfinstrument. Macht Sinn, wenn man hauptberuflich neben Kopf und Beinen vor allem Hände und Finger benutzt. "Ich fand' schon immer, dass die Gitarre ein ganz besonderes Instrument ist", sagt Maximilian Kleber. Außerdem: Man kann es immer mitnehmen, "es passt ganz einfach in den Kofferraum", sagt er. Klampfen kann man überall mal auf die Schnelle. "Ich lerne gerade ein bisschen, versuche die Klassiker zu lernen und die Akkorde, aber ich bin noch nicht wirklich gut."
Übung macht den Meister. Wie beim Freiwurf. Das ist die Parallele, die Maximilian Kleber zieht von seinem neuen Hobby zu seinem Beruf. Der 27-jährige gebürtige Würzburger geht an diesem Donnerstag mit einem Heimspiel gegen die Washington Wizards in seine dritte Saison bei den Dallas Mavericks. Es ist die erste Spielzeit nach 21 Jahren, die die Texaner ohne Dirk Nowitzki angehen in der stärksten Basketball-Liga auf diesem Planeten. Nowitzkis inzwischen legendärer nach hinten einbeinig abgesprungener Wurf, im Fachjargon Fadeaway genannt, soll als Silhouette in den Ecken des Spielfeldes verewigt werden. "Sehr spannend" sind die Wörter, die Kleber als Erstes einfallen, wenn er über die neue Saison spricht.
Die großen Hoffnungen heißen Doncic und Porzingis
Natürlich ist es ein Unterschied zu den vergangenen Jahren, das hat auch Kleber bemerkt: Bei den Medientagen, also den Tagen, an denen die Journalisten ihre Fragen stellen dürfen, war das Interesse plötzlich viel mehr verteilt als in der Vergangenheit, als der große alte Mann der NBA die ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. "Wir haben nun natürlich die Chance, etwas Neues aufzubauen", sagt Kleber, der ein wichtiger Baustein dabei sein kann. Und will. Bei den Mavericks setzen sie viele Hoffnungen auf den 20-jährigen Slowenen Luka Doncic, vor der vergangenen Saison von Real Madrid gekommen, sofort Rookie of the Year geworden, der in Nowitzkis Fußstapfen treten soll. Und auf Kristaps Porzingis, ein 24-Jähriger Lette, der aufgrund seiner Größe (mit 2,21 Meter noch acht Zentimeter größer) und Beweglichkeit gerne mit Nowitzki verglichen wird, aber wegen eines Kreuzbandrisses seit Ewigkeiten kein NBA-Spiel mehr bestritt.
Was man so lesen kann, harmonieren Doncic und Porzingis in der Saisonvorbereitung prächtig, und auch Kleber ist voll des Lobes über die beiden - aber er weiß auch: Selbst Siege in der Vorbereitung gegen auch renommierte Teams sind nicht zu aussagekräftig, weil es eben nur Tests sind, bei denen bisweilen die Superstars nicht mittun. "Ich möchte endlich mal in den Play-offs spielen", sagt Kleber, der bisher immer nur von der besonderen Atmosphäre in diesen Partien gehört hat. Seit dem Titelgewinn 2011 haben die Mavericks keine Play-off-Runde mehr gewonnen, in den letzten drei Jahren kamen sie nicht mal mehr in die Nähe der Saisonverlängerung, und in den drei Runden zuvor sind sie jeweils in der ersten Runde ausgeschieden.
"Ich habe vor, meine Rolle zu erfüllen", sagt Kleber, dessen Rolle es vor allem sein wird, die großen Jungs des Gegners nicht zur Entfaltung kommen zu lassen. "Ob du nun in der Starting Five bist oder nicht, ist da nicht so wichtig", sagt er, das hänge auch immer vom "Matchup ab", also davon, wie der Gegner voraussichtlich agiert. Und wen der hinstellt. Klebers persönliches Ziel: auch seine Statistik-Werte weiter zu verbessern, was ihm in seiner zweiten Saison, als es für die Mavericks gar nicht gut lief, auch gelang. Über 21 Minuten stand er im Schnitt pro Partie auf dem Parkett, erzielte durchschnittlich fast in jeder sieben Zähler, und auch seine Dreierquote stieg an. Dabei geht es dem Würzburger gar nicht primär darum, so viel zu punkten, wie er immer wieder betont, auch wenn er "im Wurf noch konstanter" werden möchte: "Ich will vor allem meine Plays machen und bin vielleicht nicht so balldominant wie andere. Aber ich kann verteidigen, wahrscheinlich habe ich auch deshalb noch mehr Spielzeit bekommen in der vergangenen Saison." Und vor dieser einen neuen millionenschweren Vertrag. Gute Abwehrarbeit ist ein wertvolles Gut in der vor allem durch die Offensive geprägten Klasse.
Jetzt geht es erst einmal darum, "gut in die Saison zu starten", meint Kleber. Der Spielplan sei dafür nicht zu schlecht. Wichtig: "Der Kopf muss frei sein." Dafür sollte in der Vergangenheit auch der kleine, mannschaftsinterne Buchklub sorgen, den Nowitzki gegründet hatte. Ein paar Kollegen lasen alle dasselbe Werk und unterhielten sich dann darüber. "Damit das Hirn auch mal anders beansprucht wird", wie Kleber es umschreibt. Lustig sei das oft gewesen, "vor allem Dirks Kommentare". Wenn man körperlich derart am Limit arbeitet, wie es NBA-Profis in ihrer Mammutsaison mit mindestens 82 Spielen in sechs Monaten und hundertausenden Flugkilometern tun, "ist es ganz gut, auch mal anders beansprucht zu werden und sich nicht nur 24/7 über Basketball zu unterhalten", sagt Kleber. Den Buchklub gibt es nicht mehr, weil die Mitglieder den Verein verlassen haben.
Vielleicht auch deshalb nun also die Gitarre. Wenn er demnächst zwischenzeitlich Zeit hat, will sich Maximilian Kleber mal das Dire-Straits-Epos "Brothers ins Arms" genauer anhören. Aber bitte nicht wegen des stellenweise arg traurigen Textes. Ausschließlich wegen der Akkorde.