Die WhatsApp-Nachricht kommt wie versprochen. Und überrascht dann doch ordentlich: "Kannst auch zu mir am Pool vorbeikommen während die family da ist." Es folgt ein Lach-smiley und: "Dann machen wir das interview dort." Frage-smiley. Wenn man dann fragt, ob das sein Ernst ist, kommt mit der Adresse: "Ja komm vorbei auf ein bier. Ich muss um 16.50 in der halle sein." Weil da der nächste PR-Pflichttermin ansteht. Fünf Spiele in acht Tagen. Bisschen Lockerungstraining und Regeneration zwischendurch. Die lange nicht gesehene Verwandtschaft zu Besuch, um die er sich natürlich so gut es geht kümmern will. Da ist es bestimmt alles, nur nicht selbstverständlich, dass ein Basketballspieler der besten Liga der Welt sich recht kurzfristig auch noch Zeit nimmt für ein Gespräch mit einem deutschen Journalisten. Für Maximilian Kleber aber, so scheint's, ist es genau das: selbstverständlich.
Also nix wie ab, mit dem Taxi auf nach Uptown. In der 1,3-Millionen-Einwohner-Stadt Dallas kann der Berufsverkehr auch bei nur gut drei Meilen Entfernung ziemlich zeitraubend sein. Im Erdgeschoss dieses genauso schicken wie hohen Apartmenthauses mit eigenem Fitnessclub sorgen ein Sicherheitsmann und ein Concierge für Ordnung. Aufzug. Fünfter Stock. Zum Pool auf der einladenden Dachterrasse. Maximilian Kleber begrüßt einen herzlich und stellt die aus Veitshöchheim eingeflogene Familie vor. Dann entschuldigt er sich dafür, dass gerade ein paar Menschen am Dach über der Poolbar handwerken. "Vorhin haben sie gesägt, ich hoffe nicht, dass es zu laut wird", meint Kleber. Das wird es dann aber leider doch, weshalb es hineingeht an eine kleine Bar.
Der 27-Jährige macht - seinem aktuellen Terminstress zum Trotz - einen maximal tiefenentspannten Eindruck. Vielleicht liegt es ja daran, dass es für ihn in seiner zweiten NBA-Saison nach einer für einen Rookie erstaunlich gelungenen ersten noch besser gelaufen ist. Im Gegensatz zu seinem Verein, der stets mit dem Anspruch in die Saison geht, die Play-offs erreichen zu wollen. Das ist den Dallas Mavericks nun in der dritten Spielzeit hintereinander nicht gelungen. Und in den drei Runden zuvor sind sie jeweils in der ersten Play-off-Runde ausgeschieden.
Auch in dieser Saison lief es nicht für Dallas
"Teilweise sehr frustrierend" nennt Kleber den Verlauf der nun sich dem Ende neigenden Spielzeit. Die Mannschaft wurde während der Saison mehrfach umgebaut - geholfen hat es nichts. Der Würzburger profitierte davon aber ein wenig. Es gibt so gut wie keinen relevanten - für Basketballer ja so wichtigen - Statistikwert, den er im Vergleich zu seiner Premierensaisonnicht steigern konnte. Mehr Spielzeit (von knapp 17 auf über 21 Minuten pro Partie), mehr Punkte (von gut fünf auf fast sieben pro Spiel), sogar eine verbesserte Dreierquote. Dabei geht es dem Würzburger gar nicht primär darum, so viel zu punkten. Er sieht sich als Teamplayer. "Ich will meine Plays machen und bin vielleicht nicht so balldominant wie andere. Aber ich kann verteidigen, wahrscheinlich habe ich auch deshalb in dieser Saison noch mehr Spielzeit bekommen."
Ordentlich verteidigen zu können, ist in dieser Liga, in der es zumindest manchmal so wirken kann, als stünde eine wirkungsvolle Defense unter Höchststrafe, ein hohes Gut. Das haben auch andere Klubs erkannt. Sein Vertrag läuft nun aus. Kleber sagt, er fühle sich wohl in Dallas - aber dass er bleibt, ist keineswegs sicher. Das Transfersystem in der NBA ist sehr kompliziert, und Wechsel sind von vielen Faktoren abhängig. Unter anderem auch davon, wie viele teure Stars sich ein Klub leisten mag - und wie viel dann für den Rest des Kaders bleibt. Nur aufs Geld komme es ihm jedenfalls nicht an, sagt Kleber: "Man will bei einem neuen Klub dann ja nicht nur auf der Bank sitzen."
Klebers Zukunft entscheidet sich im Juli
Nach allem, was man hört, könnte Kleber jetzt - nach einem für NBA-Verhältnisse (!) eher schmächtigen Vertrag mit erst knapp unter und dann gut über einer Million Dollar im Jahr - eine sehr ordentliche Aufstockung seines Salärs winken. Nicht umsonst sagt man: Der erste NBA-Vertrag dient der Eitelkeit - dann wird richtig Geld verdient. Zukunftsmusik.
Klebers Zukunft entscheidet sich eh erst im Juli, ab Monatsbeginn darf in der stärksten Liga der Welt mit Spielern verhandelt werden. Kurz später dürfen Verträge unterschrieben werden. Alles vorgeschrieben. "Ein Geduldsspiel" nennt Kleber die Zeit, die er mit Urlaub und mehr Zeit mit Freundin und Familie und alten Freunden auch teilweise in der alten Würzburger Heimat verbringen will.
Nun steht am Mittwochabend aber erstmal noch das letzte Saisonspiel an. Kleber erwartet, dass es - wie das letzte Heimspiel tags zuvor - eine ziemlich emotionale Angelegenheit werden wird. Weil ja alle Welt davon ausgeht, dass es Dirk Nowitzkis letzter Auftritt ist. Zumindest sein könnte. Erklärt hat sich die lebende Legende ja noch nicht. Auch Kleber weiß angeblich nicht, ob er aufhört oder weitermacht. "Ich habe ihn noch nie direkt danach gefragt. Aber wenn man mich fragt: Ich gehe davon aus, dass er aufhört. Das, was in den letzten Wochen alles passiert ist, dass bei Auswärtsspielen die gegnerischen Fans aufstehen und ihm applaudieren, das hat sich schon sehr nach Abschied angefühlt. Und da kriegst du auch als Mitspieler unten auf dem Parkett Gänsehaut."
Auch Maximilian Kleber muss sich nun verabschieden. Zum PR-Pflichttermin für seinen Klub. Er sagt, dass es ihm leid tue, aber gerade sei halt ziemlich viel los.