Der Zeitpunkt, um die sprichwörtliche Katze aus dem Sack zu lassen, war, das kann man nicht anders sagen, recht ungewöhnlich gewählt. Die Würzburger Kickers hatten gerade ihr Auswärtsspiel beim FC Augsburg II mit 3:1 (1:0) gewonnen, waren auch im dritten Spiel unter dem Interimstrainerduo mit Sportdirektor Sebastian Neumann und Ronny Ermel ungeschlagen geblieben, da verschickten die Kickers am Samstag um 16.19 Uhr eine Pressemitteilung: Martin Lanig, so der Inhalt, wird ab sofort neuer Cheftrainer des Fußball-Regionalligisten.
Der aus Königshofen im Main-Tauber-Kreis stammende Ex-Erstliga-Profi, dessen Name am Dallenberg schon mehrfach gehandelt wurde, ist es nun also wirklich geworden. Bereits bei den letzten beiden Heimspielen gegen die DJK Vilzing (4:0) und den 1. FC Nürnberg II (2:2) war Lanig als auffallend aufmerksamer Beobachter auf den Rängen im Stadion am Dallenberg zu sehen gewesen. In Augsburg indes war er nicht vor Ort.
Vorstandsvorsitzender André Herber verkündete die Neuigkeit den Spielern, quasi zeitgleich mit der Pressemitteilung, im Mannschaftskreis auf dem Rasen in der Augsburger Rosenau. An diesem Montag wird sich der neue Trainer dann auch persönlich den Spielern vorstellen; zwei Wochen, nachdem sich der Klub von Markus Zschiesche getrennt hatte. Nach der Demission des Ex-Trainers habe man sich eben die drei folgenden Spiele unter der Leitung des Interimsduos Zeit gegeben, um einen neuen Chefcoach zu finden, erklärte Herber in Augsburg: "Wir hatten uns intern darauf verständigt, jetzt eine Lösung zu präsentieren."
Lanig verfügt über noch keine Lizenz für die dritte Liga
Dass Lanig nun auf den Cheftrainerposten am Dallenberg rückt, kommt am Ende nicht mehr überraschend. Bereits vor der Verpflichtung von Zschiesche war Lanig immer wieder als Kandidat genannt worden. Über allzu viel Erfahrung als Chefcoach verfügt der 40-Jährige freilich nicht. Mitte 2023 war er beim baden-württembergischen Oberligisten FSV Hollenbach als Trainer eingestiegen. Aber im April 2024 trennten sich die Wege von Lanig und dem Klub aus dem Heimatort des die Kickers ausstattenden Sportartikel-Herstellers schon wieder. Grund waren Differenzen über die künftige Ausrichtung des Klubs, der aufgrund der hohen Auflagen einen Aufstieg in die Regionalliga von vornherein ausgeschlossen hatte. Kontakte in die Fußballszene pflegte der einstige Bundesliga-Akteur, der unter anderem für Fürth, Stuttgart, Köln und Frankfurt spielte, auch als Experte bei den Drittliga-Übertragungen des Bezahlsenders "Magentasport".
Als Trainer, der akribisch in taktischen Fragen ist und gleichzeitig großen Wert auf die körperliche Fitness legt, wird Lanig aus seiner Zeit in Hollenbach beschrieben. Die für die Regionalliga nötige A-Lizenz besitzt er, die für die dritte Liga erforderliche UEFA-Pro-Lizenz nicht. Für Trainer, die ein Team zum Aufstieg führen, gibt es dort aber eine Ausnahmeregelung. Bis 2026 hat sich Lanig vertraglich an die Kickers gebunden, also über das Ende dieser Saison hinaus. Ein kleiner Hinweis darauf, wie sich die Kickers-Führung die Zukunft am Dallenberg vorstellt.
An Lanigs Seite dabei ist auf jeden Fall Ronny Ermel, der zuvor über sechs Jahre als Assistent mit Ex-Kickers-Coach Zschiesche zusammengearbeitet hatte. In den Tagen nach dem Trainerwechsel hat sich der 40-jährige Berliner in Würzburg viel Sympathie und Anerkennung erarbeitet, weil er an der Seite von Sportdirektor Neumann das Team in einer schwierigen Situation stabilisierte. "Ich muss Basti und den Jungs ein Riesenkompliment machen. Sie haben es mir auch sehr einfach gemacht", sagte Ermel nach dem 3:1 in Augsburg.
Experiment mit dem Interimsduo ist durchaus gelungen
Mit sieben Zählern und 9:3 Toren aus drei Spielen kann man das Experiment mit dem Interimsduo durchaus als gelungen bezeichnen. Als Dauerlösung kam es aber nicht infrage. Dass Neumann aber gerne wieder in seine ursprüngliche Rolle als Sportdirektor zurückkehren wollte, war auch klar. Die Stimmung im Team, das war auch in Augsburg zu spüren, hatte sich in den vergangenen beiden Wochen verändert: Es herrscht wieder Zuversicht.
Da machte es dann auch nichts aus, dass sich die Augsburger für den Vergleich mit dem amtierenden Meister umfangreich – mit gleich sieben Spielern aus dem Erstliga-Kader – verstärkt hatten. Unter anderem standen der zuletzt verletzte Stammtorwart aus der vergangenen Bundesliga-Saison Finn Dahmen und der französische Olympia-Teilnehmer Chrislain Matsima in der Startelf. Den Leihspieler von der AS Monaco taxiert das Online-Portal "transfermarkt.de" auf einen Marktwert von sieben Millionen Euro.
Auf dem Feld waren solche Zahlenspiele aber Schall und Rauch. Die Kickers waren die entschlossenere und zielstrebigere Mannschaft an diesem Nachmittag. "Ein guter Mix" aus abwartendem Defensivverhalten und mutigem Pressing sei das gewesen, stellte Ermel fest.
Die Form einzelner Akteure ist, das war deutlich zu erkennen, wieder ansteigend. Bestes Beispiel dafür ist Fabrice Montcheu. Der Rechtsverteidiger scheint so langsam wieder in der Verfassung aus der vergangenen Meistersaison zu sein. An höhere Ziele will er aber noch nicht denken: "Wir sind nicht in der Situation, auf die Tabelle zu gucken. Haben auch noch nicht zwei Spiele am Stück gewonnen. Wir müssen jetzt Schritt für Schritt weitermachen", sagte er in Augsburg.
Fußball: Regionalliga Bayern, Männer
FC Augsburg II - Würzburger Kickers 1:3 (0:1)
Augsburg: Dahmen – Matsima, Banks (70. Bell), Rasoulinia (70. Deger) – Koudossou (70. Lindermeier), Kücüksahin, Claude-Maurice (70. Aigner), Taseski (56. Müller), Kömür – Caberera, Ehrlich.
Würzburg: Friedsam – Montcheu, Hägele, Farahnak, Wieselsberger, Wessig (71. Meisel), Zaiser, Hannemann (90. Baca) – Fesser (84. Uhl), Girth (64. Japaur), Junge-Abiol.
Schiedsrichter: Felix Grund (Haidlfing). Zuschauende: 590. Tore: 0:1 Moritz Hannemann (10.), 0:2 Maximilian Fesser (48.), 0:3 Bemjamin Girth (55.), 1:3 Mert Kömür (81.).
