Es ist in diesen zeitenwendenden Tagen verstörend und beruhigend zugleich, in einer deutschen Stadt in einer Sporthalle ein Handballspiel zu verfolgen, während nicht mal 2000 Kilometer entfernt auf dem Kontinent Krieg herrscht. Der Liga-Alltag suggeriert Normalität und gibt Halt. Und doch täuscht er nicht darüber hinweg, dass die Welt an diesem Sportwochenende nicht mehr so ist, wie sie es noch am vergangenen war.
Sportartenübergreifend setzen Verbände und Vereine in Europa Zeichen der Solidarität mit den Menschen in der Ukraine. Auch die Handball-Bundesliga (HBL) startete eine bundesweite Spieltagsinitiative. Der organisierte Sport müsse seine "Stimme erheben" und dürfe "Krieg und Gewalt keinen Raum geben", hieß es zur Begründung.
Sauer: "Wir verurteilen den russischen Angriff auf die Ukraine aufs Schärfste"
Am Samstagabend in der Würzburger tectake Arena erhob Roland Sauer seine Stimme, um, wie er sagte, "klar Stellung zum sinnlosen Krieg und dem Kriegsverbrechen durch Russland in der Ukraine zu nehmen" und "Solidarität mit der Ukraine zu bezeugen". Vor der Partie seiner DJK Rimpar Wölfe gegen den TSV Bayer Dormagen verlas der Geschäftsführer per Mikrofon das offizielle Statement der HBL.
"Die Handball-Bundesliga verurteilt jegliche Form von Krieg und Annexion. Wir verurteilen den russischen Angriff auf die Ukraine auf das Schärfste. Jede Form von kriegerischer Handlung ist unvereinbar mit unseren ethischen Grundsätzen und den Werten, für die auch der Sport steht. Wir bekennen uns zu einem friedlichen Miteinander der Völker und zur Souveränität und Sicherheit aller Staaten. Wir sind in Gedanken bei den Menschen, die aktuell nicht in Frieden leben können und hoffen auf ein baldiges Ende dieses sinnlosen Krieges."
Trainer Thomann zurück aus der Quarantäne
Die Stille der anschließenden Schweigeminute hallte noch nach, als es dann auf dem Spielfeld um "Big Points" im Kampf um den Klassenerhalt der 2. Liga losging. Die Punkte bleiben in Unterfranken: Rimpar fuhr nach einer dominanten Vorstellung mit Tempohandball gegen den Tabellenvorletzten Dormagen beim 31:22 (16:9) einen souveränen Start-Ziel-Sieg ein und festigt sich im Tabellenmittelfeld (12.).
"Was für eine Energieleistung nach der Woche", staunte DJK-Coach Julian Thomann, der sich nach den beiden verpassten Spielen gegen Hagen und in Rostock am Ende der Englischen Woche aus seiner Corona-Quarantäne freigetestet hatte. "Ich bin beeindruckt, wie die Jungs das runtergekämpft haben mit dem kleinen Kader und ohne Kontinuität im Trainerteam."
Wacher Start der Wölfe
Benedikt Brielmeier und Valentin Neagu fielen wegen ihrer Covid-19-Infektion noch aus. Steffen Kaufmann, wie Thomann wieder negativ getestet, wurde noch geschont. Er saß hinter der Bank neben Ex-Kreisläufer Simon Baumgarten, der noch offiziell von Sauer verabschiedet wurde.
Wie die 426 Zuschauer sahen die beiden einen schnellen Start ihrer Mannschaft. Die Wölfe wirkten wach und willens, allen Kampfgeist in die Waagschale zu werfen. Über 3:0 (3.) und 11:5 (17.) - da nahm Dormagens Co-Trainer David Röhrig, der Coach Peer Pütz (Corona) vertrat, bereits die zweite Auszeit - bauten sie ihre Führung auf bis acht Tore aus (14:6, 25.).
Kempator von Karle als Glanzlicht
Spielerisches Glanzlicht im Angriff, wo fast alles über die linke Seite lief, war das Kempator von Felix Karle nach Assist von Dominik Schömig zum 9:4 (16.).
Letzterer war neben Marino Mallwitz eine der beiden herausragenden Figuren. Während der Linksaußen sechs seiner acht Treffer vor der Pause markierte, verhinderte der Torwart mit elf seiner insgesamt 19 Paraden (Quote: 46 Prozent) Gegentreffer, auch mithilfe der starken Abwehr. Warum Joshua Reuland drei Siebenmeter verwerfen durfte, blieb ein Dormagener Geheimnis.
Rimparer Tempgegenstoß rollt weiter
Die zweite Halbzeit begann mit einem weiteren Streich von Mallwitz: In doppelter Unterzahl entschärfte er nicht nur den vierten Strafwurf, sondern auch den Abpraller. Auch sonst änderte sich nicht viel im beiderseits nun fehlerreichen und teils vogelwilden Spiel. Über Schömig rollte der Rimparer Tempogegenstoß weiter. Nach 42 Minuten traf er mit dem neunten Kontertor zum 22:13 - die Vorentscheidung, bevor die Kräfte sichtlich schwanden.
Nächsten Samstag führt der Liga-Alltag die Rimparer nach Emsdetten. Die Welt dreht sich weiter, auch wenn sie vielleicht nie mehr so sein wird, wie sie zuletzt noch war. Derzeit ist es ein Privileg, wenn sie sich auch um Spitzensport drehen darf.