Nach ihrem schlechtesten Saisonstart im zehnten Jahr in der 2. Handball-Bundesliga mit nur einem Sieg in elf Spielen sind die Wölfe Würzburg auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht. Denn im Gegensatz zu ihnen, die am Freitag mit 26:32 beim TuS N-Lübbecke verloren und damit die neunte Niederlage in Serie kassierten, hat das bisherige Schlusslicht gepunktet: Der HC Empor Rostock besiegte am Samstag die SG BBM Bietigheim und hat nun zwei Zähler mehr auf dem Konto als Würzburg. Wenngleich noch 27 Spiele ausstehen, sagt nun auch Wölfe-Geschäftsführer Roland Sauer: "Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, sondern zwei vor zwölf."
An diesem Montag trifft sich Sauer mit Chefcoach Julian Thomann, um erneut zu beraten, wie der Sinkflug endlich gestoppt werden kann. Eine der begrenzten Handlungsmöglichkeiten und gängige Praxis im Profisport in solchen Situation ist es, den Trainer zu wechseln, um für "neue Impulse" zu sorgen. Mit dieser offiziellen Begründung wurde Ceven Klatt 2021 in einer weit weniger prekären Lage sechs Spieltage vor Schluss freigestellt und gegen Rolf Brack ausgetauscht. Kommt der sogenannte Handball-Professor und langjährige Bundesligatrainer noch einmal als Feuerwehrmann zurück und leistet einen für die Wölfe finanziell erschwinglichen Freundschaftsdienst?
Roland Sauer stärkt Julian Thomann den Rücken
"Nein", sagt Sauer, er denke nicht daran, sich von Thomann zu trennen – "weder vor dem nächsten Spiel noch danach", versichert der 67-Jährige am Sonntag auf Anfrage dieser Redaktion. "An Julian liegt es nicht. Er macht gute Arbeit und hat auch weiterhin das Vertrauen der Mannschaft." Bevor man in einen neuen Trainer investiere, werde man versuchen, den Kader zu verstärken – erste Kandidaten waren bereits vergeblich im Probetraining – oder einstweilen zumindest mit mehr Akteuren aus der zweiten Mannschaft aufzufüllen, um die andauernden Ausfälle der beiden etatmäßigen Rückraumlinken Benedikt Brielmeier und Linus Geis zu kompensieren.
Dabei haben Sauer und Brack erst in der vergangenen Woche miteinander telefoniert, wie beide bestätigen – "wenn auch eher zufällig", wie sie beteuern. „In keinster Weise war es ein Krisen- oder Panikgespräch. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass Julian Thomann zur Diskussion steht“, sagt Brack auf Anfrage am Sonntag. Auch seine Einschätzung ist, dass es "eher dem Kader als dem Trainer an Qualität fehlt: Wenn dann noch dazu die Leistungsträger nicht konstant oder nicht gleichzeitig funktionieren, wird es schwierig." Aktuell sind die Wölfe für den 68-Jährigen "Abstiegskandidat Nummer eins".
Rolf Brack kann sich erneute Beraterrolle bei den Wölfen vorstellen
Was nun, wenn es den Würzburgern weiterhin nicht gelingen sollte, ihre Negativserie zu stoppen – würde Brack im Notfall noch mal einspringen? "Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, für mehrere Monate nach Würzburg zu ziehen und im Hotel zu wohnen", antwortet der 68-Jährige. Was er sich dagegen vielleicht vorstellen könne: Noch einmal als Berater zu fungieren, wie damals, als Matthias Obinger die Mannschaft trainierte. "Natürlich nur, wenn Julian das wollen würde."
Thomann selbst beschwört weiterhin den Zusammenhalt und den Glauben daran, wieder erfolgreich sein zu können. Das Trainerteam versuche, sowohl die eigene Arbeit als auch die der Mannschaft stetig zu verbessern. Freiwillig das Handtuch zu werfen, sei zumindest aktuell keine Option für ihn: „Wenn ich das Gefühl hätte, dass ich Fehler mache oder die Mannschaft nicht mehr erreiche, würde ich das tun. Solange ich aber voll davon überzeugt bin, dass wir es gemeinsam schaffen, den Nichtabstieg zu erreichen, gebe ich alles für dieses Ziel.“
Thomann gegen Thomann: Duell der Zwillingsbrüder steht bevor
Während des Telefonats mit dieser Redaktion sitzt der 30-Jährige gerade mit seinem Zwillingsbruder Gregor Thomann zusammen; die beiden haben sich am Wochenende in der schwäbischen Heimat getroffen. Schon am Freitag werden sie sich wiedersehen – dann brisanter Weise als Gegner, wenn die Wölfe bei der ebenfalls abstiegsbedrohten HSG Konstanz gastieren, wo Gregor als Rechtsaußen unter Vertrag steht. "Dieses Spiel werden wir gewinnen", prognostiziert Julian Thomann. Sein Bruder entgegnet nur ein Wort: "Nein."