Die Fans der Würzburg Baskets hatten zunächst die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Otis Livingston II in dieser Saison nochmal aufs Parkett zurückkehren kann. Knapp drei Minuten vor dem Ende des Auswärtssiegs zum Play-off-Auftakt gegen Ulm hatte er humpelnd das Feld in der ratiopharm Arena in Neu-Ulm verlassen. Zuvor hatte er die Unterfranken mit 13 Punkten in Serie zum Sieg im ersten Viertelfinale der Play-offs der Basketball-Bundesliga geführt. Ein Instagram-Post der Würzburger, der Livingston II am Sonntagabend gemeinsam mit seinem Teamkollegen beim Abendessen in einem Ulmer Restaurant zeigte, verbreitete Optimismus.
Dabei ist eine Rückkehr des US-Amerikaners aufs Parkett in dieser Saison ausgeschlossen. Er hat sich das Innenband im Knie gerissen. Das ergab eine Untersuchung am Sonntagmorgen. Der "Worst Case", eine Verletzung am Kreuzband, ist damit nicht eingetreten. "Es ging seit Samstagabend nur darum, ob er einen Monat oder ein Jahr ausfällt", sagte Sportdirektor Kreso Loncar am Sonntagmorgen. Für die Auswertung der Bilder war der als bester Spieler der Liga (MVP) ausgezeichnete Livingston II am Sonntagvormittag nach Würzburg gefahren, ehe er zum Team zurückkehrte. "Diese Mannschaft ist eine Familie und der Zusammenhalt ist unbeschreiblich", erklärte Baskets-Trainer Sasa Filipovski am Sonntagabend auf dem Weg zum gemeinsamen Essen.
Julius Böhmer rutscht in die Rotation
Nun sei es nötig, die Lücke gemeinsam zu schließen. "Wir werden versuchen, ihn als Team zu ersetzen, jeder muss ein bisschen mehr liefern", meinte der 49-jährige Slowene. Den Spielaufbau wird er in die Hände von Darius Perry und Isaiah Washington übergeben. Dazu soll Eigengewächs Julius Böhmer Einsatzzeit bekommen. Der 22-Jährige erlebte bisher eine von Verletzungen geprägte Saison und kam am Samstagabend beim 78:65-Erfolg nicht zum Einsatz.
"Next Man Up", nennen die Amerikaner diese Mentalität, die beschreibt, dass nun eben ein anderer Spieler in die Bresche springen muss. "Wir verändern den Plan unseres Spiels. Leider bleibt dafür wenig Zeit, aber auch Ulm fehlt die Zeit, sich darauf einzustellen", analysierte Filipovski die Situation.
Loncar spricht von der besten Würzburger Mannschaft aller Zeiten
Klar hatte Livingston II am Samstagabend großen Anteil am Erfolg, wie auch an der insgesamt erfolgreichsten Saison der Würzburger Basketballer. "Das ist vielleicht das beste Würzburger Team aller Zeiten", stellte Loncar fest. Deshalb sei es schade, denn in Vollbesetzung traute der Ex-Profi seiner Mannschaft sogar in den Play-offs noch viel mehr als die Halbfinal-Teilnahme zu.
Auch in einer potenziellen Halbfinal-Serie gegen Bayern München wäre man dann nicht chancenlos gewesen. Denn Bayern, die am Samstag ihre erste Partie gegen den Hauptrunden-Achten Ludwigsburg verloren hatten, spiele aktuell nicht seinen besten Basketball, gab Loncar zu Bedenken.
Es kommt auf die Rebounds an
"Würzburg war die physischere Mannschaft. Die setzt sich in den Play-offs meistens durch", sagte Ulms Meistertrainer Anton Gavel am Samstag nach dem Spiel. Ablesen konnte man das auch am Statistikbogen, denn die Würzburger erarbeiteten sich dadurch eine Reboundüberlegenheit von 44 zu 34. "Das müssen wir am Montag beim zweiten Spiel wiederholen", nannte Filipovski, einen Schlüssel, um auch in Spiel zwei erfolgreich zu sein. Auch wenn die Aufgabe ohne Livingston II schwieriger wird, war bei ihm von aufgeben nichts zu hören.
"Sie haben nichts gemacht, worauf wir nicht vorbereitet waren", sagte Filipovski. Taktisch würden sich beide Mannschaften nun gut kennen, es komme darauf an, wer den Plan besser umsetzt. Und natürlich kommt es darauf an, wie die Würzburger Mannschaft mit dem Schock umgeht. Und da machen die Bilder aus dem Restaurant in Ulm tatsächlich Hoffnung. Denn neben dem grinsenden Livingston II waren auch die Teamkollegen bester Laune. Ein wahrer Hoffnungsschimmer.