zurück
FUßBALL
Kampf für den Frauenfußball
Will Fußball für Mädchen attraktiv machen: Der Vorsitzende des SC Heuchelhof-Würzburg, Heinz Reinders.
Foto: Christoph Weiß | Will Fußball für Mädchen attraktiv machen: Der Vorsitzende des SC Heuchelhof-Würzburg, Heinz Reinders.
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 07.04.2020 09:57 Uhr

Mädchen und Frauen für Fußball zu begeistern, das ist für Heinz Reinders eine Herzensangelegenheit. Dafür hat der Vorsitzende des SC Würzburg-Heuchelhof, der an der Uni Würzburg den Lehrstuhl Empirische Bildungsforschung inne hat, bereits 2018 mit Frauen aus Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit das Projekt „Powergirls“ ins Leben gerufen. Schirmherrinnen sind Sport-Moderatorin Nele Schenker und die Sozialreferentin der Stadt Würzburg, Hülya Düber. Die Arbeit der Beteiligten zahlt sich nach und nach aus.

Kunstrasenplatz bis Mitte August

In Rahmen des Projekts soll am Heuchelhof ein Leistungszentrum für Mädchen- und Frauenfußball entstehen. Die Kabinen sind bereits saniert, und die Fußballerinnen werden beim Lernen und den Hausaufgaben unterstützt. 27 000 Euro an Spenden sind laut Reinders bisher für sein Projekt zusammengekommen: „Wir brauchen ungefähr noch einmal das Gleiche, damit wir unseren Eigenanteil vernünftig abdecken können und der Kredit nicht zu teuer wird.“ Seit vergangener Woche läuft die Ausschreibung für den Kunstrasenplatz, der bis Mitte August fertig sein soll. Als letztes sind die Installation einer Flutlichtanlage und ein Zufahrtsweg geplant.

Die gezielte Förderung des Frauenfußballs sei nötig, sagt Reinders, weil dieser in Unterfranken vor dem Aussterben stehe: „Wir sehen, dass es viele talentierte Mädchen gibt, die aber entweder wegen ihrer sozialen Herkunft oder aufgrund der mangelnden Angebote in der Region keine Möglichkeit haben, dieses Talent zu entfalten." Laut dem Bayerischen Fußball-Verband (BFV) haben in der vergangenen Saison 48 Mädchenmannschaften in der E- bis B-Jugend am Spielbetrieb im Bezirk teilgenommen – elf weniger als in der Spielzeit 2017/2018. Wie viele Mädchen in Jungenteams gemeldet sind, erfasst der Verband nicht.

Mädchen häufig nicht im Verein

„Es gibt ja viele Sportarten, die nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die sie vielleicht bräuchten. Beim Mädchensport kommt erschwerend hinzu, dass Mädchen generell nicht so häufig im Verein organisiert sind, vor allem im Fußball“, erklärt Reinders. Besonders treffe das auf Mädchen mit Migrationshintergrund zu, wie man sie am Würzburger Heuchelhof oft findet. 2010 begannen Reinders Ehefrau Gudrun – selbst fußballbegeistert – und eine russischsprachige Co-Trainerin, deshalb mit dieser Zielgruppe zu arbeiten. Inzwischen gibt es beim SC mit acht Mannschaften doppelt so viele Mädchen- wie Jungenteams.

Getrennte Förderung wichtig

Dass die Kinder und Jugendlichen nach Geschlecht getrennt gefördert werden, ist Reinders wichtig. Laut BFV-Statuten dürfen Mädchen bis zur U 15 – mit einer Sondergenehmigung und ärztlichem Attest bis zur U 17 – mit Jungen zusammenspielen. „Die Idee dahinter ist, dass sich talentierte Spielerinnen so die nötige Härte angewöhnen“, sagt Reinders, der das skeptisch sieht. Er selbst habe als Wissenschaftler Studien durchgeführt, die belegen würden, dass der Zugang zum Fußball für Mädchen über reine Mädchenmannschaften leichter sei und sie in diese Konstellation länger dabei bleiben würden.

Zugangshürde zu hoch

Laut Reinders ist es nicht so, dass sich generell nur wenige Mädchen für Fußball interessieren, nur sei über die Jungenmannschaften die Zugangshürde zu groß. Ein zweiter Grund für den geringen Frauenanteil liege an der sozialen Prägung. „Wir wissen, dass Eltern spezifische Sportarten präferieren; für Mädchen in der Regel Turnen oder Volleyball“, sagt der 46-Jährige. Um dem entgegenzuwirken, fangen er und sein Team schon in den Kitas an, auf die Kinder zuzugehen. In der Hoffnung, dass so mehr Mädchen den Weg auf den Fußballplatz finden.

„Das Umfeld muss passen“

Reinders räumt ein, dass es durchaus Mädchen gibt, die sich in Jungenmannschaften durchsetzen. Das ist in seinen Augen allerdings Typ-Sache, und eher die Ausnahme als die Regel. Das Grundproblem der nicht geschlechterspezifischen Förderung bleibt für ihn bestehen: „Der Konflikt entsteht da, wo der Deutsche Fußball-Bund sagt, Leistung geht nur auf dem Weg der gemeinsamen Förderung. Wir mit unseren Studien aber zeigen, dass das Umfeld passen muss.“ Laut Reinders verhalte sich der Verband „ganz klar abwehrend“ wenn es um die Erkenntnisse aus seinen Studien gehe.

Neue Gespräche im März

In einem ersten Gespräch 2014 hätten Vertreter des BFV signalisiert: „Diesen Weg werden wir nicht mitgehen.“ Allerdings sind bereits für Ende März neue Gespräche anberaumt. Auf Anfrage dieser Redaktion verweist Verbandspressesprecher Fabian Frühwirth darauf, dass sich der BFV für die Entwicklung der Talentförderung und der Förderung des Fußball-Breitensports immer wieder mit diversen Studien – auch denen von Reinders – auseinandersetze.

BFV wehrt sich gegen Vorwürfe

Auch wenn das Gros der Toptalente im Mädchenbereich den Großteil seiner Ausbildung in Jungenmannschaften absolviere, sei es „schlichtweg falsch“, dass der BFV an einer bestimmten Art der Förderung festhalte. Man habe „nicht das eine Konzept“, sondern entscheide mit dem jeweiligen Talent, dessen Familie und aufgrund der Rahmenbedingungen über eine individuelle Lösung. Es brauche, so Frühwirth, mittelfristig auf jeden Fall reine Mädchenmannschaften, vor allem, um flächendeckende Angebote für fußballinteressierte Mädchen zu schaffen und um langfristig die Leistungsdichte im Spielbetrieb zu fördern. Es brauche aktuell aber auch die Möglichkeit, einzelne Mädchen bei den Junioren zu integrieren, um sie voranzubringen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Heuchelhof
Carolin Münzel
Bayerischer Fußball-Verband
Bundesamt für Verfassungsschutz
Deutscher Fußball-Bund
Frauenfußball
Fußball
Förderung
Gespräche
Hülya Düber
Kämpfe
Stadt Würzburg
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top