Brasilien, Vereinigte Arabische Emirate, Russland, Europa – wäre die Welt ein Schachbrett mit 64 Ländern, dann hätte sich Jana Schneider darauf schon viel bewegt. Das nächste große Turnier führt Deutschlands vielleicht größte Schach-Hoffnung nach Slowenien, wo sie ab diesem Freitag (12. November) mit der Frauen-Nationalmannschaft bei der Mannschafts-Europameisterschaft antritt. Für die 19 Jahre alte Psychologie-Studentin aus Aschfeld (Lkr. Main-Spessart) ist es das zweite große Turnier nach der Team-Weltmeisterschaft im Oktober. Vorab sprach Jana Schneider bei einem Treffen in ihrem Elternhaus über ihr Erfolgsjahr, Psychologie in der Männerdomäne Schachsport, die Netflix-Serie „Das Damengambit“ und E-Doping.
Jana Schneider: (lacht) Diese Geschichte erzähle ich immer wieder gerne. Mein Vater, damals Lehrer, heute Schulleiter, unterrichtet Schulschach. Auf einem Lehrgang hatte er erzählt bekommen, dass Kinder schon im Kindergartenalter Schach lernen können. Das hat er nicht geglaubt. Zum Glück hatte er eine vierjährige Tochter, an der er das testen konnte. Er etablierte in meinem Kindergarten eine Schachgruppe für die Vorschulkinder, da war ich auch dabei. Mit mir hat er auch noch zu Hause auf unserer Terrasse geübt, da haben wir so quadratische Fließen. Mein Vater wurde eines Besseren belehrt. (lacht)
Schneider: Der Sieg bei der deutschen Frauenmeisterschaft 2017…
Schneider: Ja, genau. Der war mir sehr wichtig, weil ich halt noch sehr jung war. Mein erster großer internationaler Titel war der zweite Platz bei der Jugend-EM 2017. Und dieses Jahr hab' ich die Kader-Challenge in Magdeburg gewonnen, das ist ein Turnier der besten Kader-Spielerinnen. Das war mein bisher größter Erfolg.
Scheider: Ja, das hat gereicht zum Sieg. Ich war glücklich, die Partie gegen sie im Gleichgewicht halten zu können.
Schneider: Dieser WGM-Titel ist schon was Besonderes, den haben schätzungsweise nur zehn, 15 Frauen in Deutschland. Mir wurde gesagt, dass ich die erste Großmeisterin aus Unterfranken bin. Aber daran arbeite ich schon lange. So war irgendwie klar, dass ich die dritte noch fehlende Norm auch irgendwann schaffe. Das andere erreichte Ziel bedeutet mir mehr.
Schneider: (lächelt stolz) Davon habe ich immer geträumt, aber so richtig damit gerechnet hätte ich trotzdem nicht. Klar, es war schon oft knapp und es gab sicher auch Jahre, in denen man mich hätte nominieren können, aber dieses Jahr habe ich das Gefühl, dass ich es mir wirklich auch verdient habe. Leider haben wir die K.o.-Runde knapp verpasst.
Schneider: Das wird intern besprochen.
Schneider: Ich möchte in der Nationalmannschaft bleiben und nächstes Jahr mit zur Olympiade fahren, die in Russland stattfinden soll. Die Konkurrenz ist groß. Wir sind über zehn Frauen im Kader, die alle etwa gleich stark sind. Es gibt aber nur fünf Plätze. Und ich habe vor, nach dem WGM-Titel den nächsthöheren in Angriff zu nehmen und internationale Meisterin zu werden.
Schneider: Nein. Es gibt wenige, die das in Deutschland professionell machen, mehr Trainer als Spieler, die vom Schach leben. Die Männer finden eher noch Sponsoren, die Frauen haben bis auf Elisabeth Pähtz auch noch andere Berufe. Es ist schwierig, sich über Preisgelder zu finanzieren. Dafür muss man wahnsinnig viel spielen. Ich hätte Angst, dass ich den Spaß verliere, wenn ich mit Schach Geld verdienen müsste. Wenn ich zwei Turniere direkt hintereinander spiele, bin ich beim zweiten noch so erschöpft vom ersten, dass es nicht so gut wird.
Schneider: Ich werde unterstützt vom Deutschen Schachbund durch das Powergirls-Programm und durch Kader-Zuschüsse. Für die Teilnahme an der WM hab ich ein Honorar bekommen. Als ich noch nicht zum B-Kader gehörte, musste ich die meisten Turniere selbst bezahlen und hatte dann oft mehr Ausgaben als Einnahmen. Aktuell zahle ich nicht drauf und bin nicht auf Preisgelder angewiesen. Das ist ziemlich gut. (lacht)
Schneider: Sie spielt zum Beispiel eine Rolle bei Eröffnungen. Wenn man den Spielstil der Gegnerin oder des Gegners kennt, versucht man sie oder ihn in eine Stellung zu bekommen, die sie oder er nicht kennt. Da geht’s dann nicht nur darum, dass man die beste Eröffnung auspackt, sondern eine, mit der das Gegenüber sich nicht so gut auskennt oder unwohl fühlt.
Schneider: Sie hat mir im Großen und Ganzen gut gefallen. In manchen anderen Filmen über Schach sind ja schon die Figuren falsch aufgestellt. (lacht)
Schneider: Ja, wirklich. Die "Damengambit"-Macher haben sich schon sehr viel Mühe gegeben, sich auch von einem Weltmeister beraten lassen. Während der Blitzschach-Partien hat sogar eine unserer Spielerinnen aus dem deutschen Kader das Handdouble gemacht.
Schneider: Schon sehr. Es gibt zwar einen Haufen Förderprogramme für Frauen, aber immer noch sehr viel weniger Frauen als Männer, die Schach spielen – warum auch immer. Dadurch sind jedenfalls sehr wenige in der Weltspitze vertreten. In den Top 100 ist nur eine Frau, eine Chinesin. Und die ist auch noch Uni-Professorin.
Schneider: …ja, damit kann ich mich weniger mit ihr identifizieren. Ich denke, mentale Gesundheit ist wichtig fürs Schachspielen.
Schneider: Ab und zu gibt es Kontrollen, ich wurde auch schon getestet, aber ich glaube, es wurde noch nie jemand in Deutschland erwischt. Ein großes Thema im Schach ist aber E-Doping.
Schneider: Wenn Spielerinnen und Spieler während Partien aufs Klo verschwinden und dort mithilfe ihrer Handys nachschauen, was der beste nächste Zug ist. Da gibt es einige und immer wieder auch prominente Fälle. Inzwischen wird bei vielen Turnieren am Eingang mit Scannern gearbeitet, um auszuschließen, dass Handys mit reingenommen werden.
Schneider: (lacht) Meine Erfahrung ist, dass die meisten es eigentlich ziemlich cool finden, dass ich Schach als Leistungssport spiele. Klar, es gibt Nerds in unserem Sport, und in gewisser Weise bin ich bestimmt auch ein Nerd – ich war gut in der Schule und besonders in Mathe –, aber insgesamt ist das doch mehr ein Klischee.
Schneider: Das ist schwierig zu beantworten, weil ich schon so lange spiele. Ich könnte auch sagen: Durchs Schachspielen wird man schlau. Man lernt zum Beispiel, sich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren und räumlich zu denken. Nur durch Intelligenz wird man jedenfalls nicht gut. Man muss auch dranbleiben, sich anstrengen und fleißig sein. Und vor allem sollte man Spaß haben. Wer jetzt mit Schach anfangen will, dem würde ich raten, sich einen Verein zu suchen.