Es waren mehrere Déjà-vus: Am Samstagnachmittag saß Joshua Obiesie neben einem Korb und lehnte mit dem Rücken an der Bande. Neben ihm saß Micah Downs, die beiden versuchten zu verdauen, was sie soeben erlebt hatten. Sie guckten reichlich bedröppelt aus der Wäsche, und ihre Mimik legte ihr Gefühlsleben vermutlich ziemlich bloß: pure Enttäuschung. Mit 68:89 (38:45) hatte Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg gegen den Favoriten Brose Bamberg am zweiten Spieltag des Pokalwettbewerbs verloren. Am Sonntagnachmittag saß Mark Ogden an der Bande und schaute auch nicht besonders glücklich. Vermutlich versuchte auch er gerade zu verstehen, was die Baskets soeben erlebt hatten. Mit 75:80 (28:36) waren sie dem Favoriten ratiopharm Ulm unterlegen. Der Schlusspunkt unter dem diesjährigen Pokal-Abenteuer der Würzburger war die einzige Partie, in der die Würzburger eine realistische Siegchance hatten.
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67:78 gegen Ludwigsburg. 68:89 gegen Bamberg. 75:80 gegen Ulm. Der Papierform nach wirken die Ergebnisse nicht wirklich überraschend. Die Partien gegen die drei heißen Play-off-Kandidaten förderten neben den (erwartbaren) Niederlagen auch andere Parallen zutage: In den ersten beiden Begegnungen hielten die Baskets mal gut, mal knapp drei Viertel lang nicht nur mit, sondern überzeugten phasenweise sogar mit flinkem Passspiel und homogenem Team-Basketball - ehe die Dämme gegen Ende brachen. Am Sonntag gegen Ulm holperten sich die Unterfranken zwar erst einmal ein wenig in die Begegnung, gestalteten sie anschließend aber gleichfalls ausgeglichen. Bis Ulm bis zur Hälfte des Schlussabschnitts auf elf Punkte Vorsprung davonzog. Die Dämme schienen erneut zu brechen.
Am Samstag nach der Schlappe gegen Bamberg hatte Baskets-Trainer Denis Wucherer den Finger in die Wunde gelegt: "Wir müssen es schaffen, gerade in der Defensive irgendwann ein taktisches Verständnis zu entwickeln, mit dem wir auch in so einem Spiel bis ins vierte Viertel hinein konkurrenzfähig sein und um den Sieg mitspielen können." Das taten die Seinen dann am Sonntag tatsächlich, kamen zurück und zum Ausgleich eine Minute vor Ultimo. "Wir haben uns besser gewehrt als in den beiden vorangegangenen Spielen", sagte der 47-Jährige. Dann aber sorgten "abenteuerliche Entscheidungsfindungen" in der Offensive dafür, dass die Baskets erneut mit leeren Händen dastanden. "Kleine Schritte nach vorne", erkannte Florian Koch, der aktuell noch auf der Suche nach alter Treffsicherheit ist. Wucherer sieht seine Mannschaft in einem Prozess. Den er mit seinem Assistenten Steven Key beschleunigen will und muss bis zum geplanten Saisonbeginn am 7. November. Dann wollen die Baskets in heimischer Halle (erneut gegen Ulm) starten - natürlich am liebsten vor Anhängern.
Ob das angesichts der weiterhin explodierenden Corona-Zahlen realistisch ist, steht aktuell in den Sternen. Das Virus Sars-CoV-2 terrorisiert nicht nur die Welt erneut zunehmend - es hat natürlich auch den Basketball im Würgegriff, nicht nur zuschauertechnisch. Die Begegnung der Würzburger gegen Bamberg war ein Geisterspiel ohne zahlendes Publikum. Die Partie gegen die Gastgeber verfolgten 600 Besucher. Mehr waren nicht zugelassen. Trotzdem fühlte es sich dank trommelnder und kräftig klatschpappender Ulmer sogar fast wie richtiger Basketball an.
Wegen zweier positiver Fälle bei medi Bayreuth und einem bei den Telekom Baskets Bonn wurden deren Pokalpartien am Wochenende auf noch unbekannte Termine verlegt. Wie auch das für Anfang November geplante Final-Four-Turnier, das wegen sechs Covid-19-Fällen bei Titelverteidiger und Meister Alba Berlin bereits vergangene Woche abgeblasen worden war. Bundesliga-Geschäftsführer Stefan Holz kritisierte die von den Gesundheitsämtern getroffene Entscheidung für eine Quarantäne der kompletten Teams von Bayreuth und Bonn: „In beiden Fällen wäre es aus Sicht unseres Hygieneboards absolut zu verantworten gewesen, nur die Infizierten zu isolieren und die Spiele stattfinden zu lassen“, sagte Holz. Diese Woche will die Liga über das weitere Vorgehen beraten.
Wie's tatsächlich weitergeht, weiß derzeit niemand vorherzusagen. Wucherer war jedenfalls froh, die drei Partien gespielt haben zu dürfen: "Jedes Spiel bringt uns weiter." In jedem Fall bekamen die Baskets durch den Pokal mindestens in zweierlei Hinsicht einen Vorgeschmack auf die Saison. Zum einen: wie es ist, vor wenigen oder gar keinen Anhängern zu pflichtspielen. Zum anderen: die Erkenntnis, wie groß derzeit (noch) der Abstand zu erfahrenen Bundesligisten und heißen Play-off-Kandidaten ist.