
Der Bundesstützpunkt Freiwasserschwimmen in Würzburg wird zum 31. Dezember 2024 geschlossen. Darüber berichtete am Sonntagabend die Süddeutsche Zeitung (SZ). Harald Walter, Präsident des Bayerischen Schwimm-Verbandes (BSV) habe auf Anfrage erklärt: "Für uns war klar, dass nach den Vorfällen um Stefan Lurz der Stützpunkt nicht mehr zu halten sein wird."
Der Präsident des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), Wolfgang Rupieper, führte laut SZ "sportfachliche Gründe" für das Ende des traditionsreichen Zentrums an. Demnach hätten immer weniger Athletinnen und Athleten in der Domstadt trainiert. Es habe kaum noch Lehrgänge gegeben, was wiederum mit dem Fall Stefan Lurz zu tun haben könne.
Stefan Lurz war lange Cheftrainer des Würzburger Bundesstützpunktes, hatte unter anderem seinen Bruder Thomas Lurz trainiert, der zwischen 2004 und 2013 zwölf WM-Goldmedaillen holte und 2012 bei Olympia in London Silber gewann. Leonie Beck, Medaillenanwärterin bei den am Freitag in Paris beginnenden Olympischen Spielen, hatte Stefan Lurz in die Weltspitze geführt.
Dann wurden 2021 Vorwürfe gegen Stefan Lurz laut. Fünf Schwimmerinnen sprachen im Nachrichtenmagazin Spiegel über Missbrauch und Nötigung durch den Bundestrainer. Ende Januar 2022 wurde der damals 44-Jährige wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt und musste außerdem 1500 Euro an die Opfervereinigung Weißer Ring zahlen.
Im August 2022 sorgte dann die Tatsache für Aufsehen, dass Stefan Lurz trotz dieser Verurteilung weiter als kaufmännischer Angestellter beim SV Würzburg 05 tätig war, dessen Präsident sein Bruder Thomas Lurz bis heute ist. Unter zunehmendem öffentlichen Druck lösten er und der Verein das Arbeitsverhältnis schließlich auf.
Seitdem war es still geworden um den Stützpunkt. Leonie Beck trainiert seit einigen Jahren in Lido di Ostia, einem Vorort von Rom. Einzig Lea Boy, die im Juni bei der Freiwasser-EM in Belgrad Silber über die 25 Kilometer holte, taucht noch als namhafte Würzburger Athletin in der Öffentlichkeit auf. Auf sie verweist auch SV-05-Präsident Thomas Lurz, wenn es um die Zukunft des Standorts geht. Laut BSV soll in Würzburg weiter Nachwuchs gefördert und der Landesstützpunkt erhalten werden.
Auf Anfrage dieser Redaktion erklärt Thomas Lurz noch am Sonntagabend schriftlich: "Wir müssen weiterhin an den sportlichen Erfolgen arbeiten, um uns diesen Status zu erarbeiten. Wir haben zwei Trainer, die sich darum kümmern und den Nachwuchs sowie die Spitzensportler trainieren und fördern. Wir haben schon sehr gute Erfolge (Lea bei der EM) erzielt und arbeiten weiter daran. Das erste tolle Ergebnis ist der Landesstützpunkt, den wir innehaben."
Magdeburg oder München: Wohin wandert der neue Stützpunkt?
Noch unklar ist, wo die deutschen Freiwasserschwimmer künftig ihren Bundesstützpunkt haben werden. Nach Informationen der SZ sind Magdeburg, wo Olympiasieger und Weltmeister Florian Wellbrock trainiert, und München im Rennen. Laut BSV-Präsident Harald Walter sollen für einen neuen Freiwasserstützpunkt in der Landeshauptstadt drei weitere Stellen geschaffen werden, unter anderem die eines Vollzeittrainers und eines Leistungssportkoordinators. "Die Stadt, die Staatsregierung, alle unterstützen das Projekt, die Kaderzahlen werden wir auch ab Herbst erfüllen. Wir kämpfen darum, dass der Süden nicht abgehängt wird", wird Walter in der SZ zitiert.
Letztlich werden der Deutsche Olympische Sportbund und das Bundesinnenministerium darüber entscheiden, wer den Zuschlag erhält. Im Herbst soll es Gewissheit geben. Dann dürften auch die ersten Ergebnisse der Aufarbeitungskommission vorliegen, die seit April 2023 unter anderem den Fall Stefan Lurz untersucht.