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Kommentar zum Fall Stefan Lurz: Der SV Würzburg 05 hat falsch entschieden und zu spät reagiert
Es wurde Zeit: Der SV Würzburg 05 hat sich in der öffentlichen Debatte endlich zu den Vorwürfen geäußert. Was unsere Autorin jetzt für entscheidend hält.
Das Wolfgang Adami Bad des SV Würzburg 05 in Würzburg. Der Schwimmverein steht heftig in der Kritik.
Foto: Thomas Obermeier | Das Wolfgang Adami Bad des SV Würzburg 05 in Würzburg. Der Schwimmverein steht heftig in der Kritik.
Carolin Münzel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:44 Uhr

Endlich hat sich der SV Würzburg 05 zu den Vorwürfen im Fall Stefan Lurz geäußert. Es sei unmoralisch und unsensibel den Opfern gegenüber, einen verurteilten Sexualstraftäter weiter im Verein zu beschäftigen, waren sich zahlreiche Menschen einig, nachdem über das Anstellungsverhältnis des ehemaligen Trainers in einer vielbeachteten ARD-Dokumentation über Missbrauch im Schwimmsport berichtet worden war.

Die Kritik ist verständlich. Wer sexuelle Übergriffe – egal in welcher Form – erlebt hat, der leidet vielfach unter psychischen Folgen, die man niemandem wünscht. Angstzustände, Essstörungen und ein Abspalten der eigenen Gefühle können Auswirkungen solcher Vergehen sein. Gleich ob  schwere Form des sexuellen Missbrauchs oder verbale sexuelle Anspielungen und Anzüglichkeiten – unterschieden wird die Schwere der Tat nur im juristischen Sinne. Die Folgen für die Betroffenen sind so oder so gravierend. Ihnen gebührt der höchstmögliche Schutz. Sie Situationen auszusetzen, in der sie einem Täter immer wieder über den Weg laufen müssen, ist nicht zu verantworten.

Stefan Lurz ist für den sexuellen Missbrauch einer Schutzbefohlenen in zwei Fällen rechtskräftig verurteilt worden. Er hat die Chance, sich zu bewähren. Dies hatten die SVW-Verantwortlichen wohl bei seiner Einstellung im Sinn. Sicher ist: Eine Tätigkeit an anderer Stelle, abseits des Wolfgang-Adami-Bads und außerhalb des Vereins, wäre das richtige gewesen. Hier hat sich der SV Würzburg 05 falsch entschieden.

Der SV Würzburg 05 hat zu spät auf die in der ARD-Dokumentation erhobenen Vorwürfe reagiert

Verhängnisvoll für die Nullfünfer sind zwei Dinge: Dass SVW-Präsident Thomas Lurz der Bruder des Verurteilten ist und sich somit den Vorwurf der familiären Klüngelei gefallen lassen muss, und dass der Verein so spät auf die in der ARD-Dokumentation erhobenen Vorwürfe reagiert hat. Es war das Mindeste, sich wenigstens jetzt zu Wort zu melden.

Im Sinne der eigenen Glaubwürdigkeit hätte es den Verantwortlichen aber noch besser zu Gesicht gestanden, mittelbar nach Ausstrahlung der Dokumentation Stellung zu beziehen. Und sich sofort klar gegen jegliche Form der Gewalt, vor allem sexuelle, zu positionieren. Es gab ausreichend Möglichkeiten, die eigenen Präventionsbemühungen zu erklären. Dass die Verantwortlichen dies nicht getan haben? Es lässt sich womöglich – wie auch das Verhalten von Thomas Lurz – mit Überforderung und einer groben Fehleinschätzung der Lage erklären.

Die Verantwortlichen haben die moralische Wucht des Themas unterschätzt

Vereinsvorstand und Präsident arbeiten ehrenamtlich, leiten die Geschicke eines der größten Vereine in Würzburg in ihrer Freizeit und ohne professionelle Strukturen, die eine schnelle Abstimmung und Reaktion leichter möglich machen. Die Verantwortlichen waren sich offenbar nicht im Klaren, dass es eben nicht ausreicht, das Arbeitsverhältnis von Stefan Lurz  im rechtlichen Sinn sauber "abzuwickeln". Sie haben schlicht die moralische Wucht, das Signal nach außen und erwartbaren Folgen unterschätzt. Und: Sie haben es an Fingerspitzengefühl missen lassen.

Wollen sie das Ansehen des Vereins retten, bleibt den Verantwortlichen nur, ab jetzt offen zu kommunizieren und die am Freitag angekündigte Aufarbeitung der vergangenen Jahre konsequent und ehrlich voranzutreiben.

 
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Kommentare
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  • Sommer2022
    Müsste man es eigentlich dem Bewährungshelfer übermitteln, dass man diesen Herrn auch mal am Beckenrand gesehen hat, wie er einem Schwimmer ein Startsignal gegeben hat und er dann die Zeit gestoppt hat? Wäre ja ein Verstoß gegen die Bewährungsauflage oder?
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  • Barbara
    Völlig link was sich dieser Verein geleistet hat
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  • sebdan22072008
    Sehr geehrte Frau Münzel, Ihr Kommentar trifft viele Punkte richtig und war in der Mainpost längst überfällig.
    Er hört sich aus Ihrem Mund aber tatsächlich wohlfeil an. Wäre es nicht Ihre Aufgabe gewesen, da schon viel eher kritisch nachzuhaken? Erst recht, wenn Sie schon seit Monaten davon wussten?

    Ganz im Gegenteil: Sie haben bereits wenige Stunden, nachdem besagte Doku online abrufbar war, einen Bericht online gehabt. Mitsamt verteidigender Stellungnahmen aus dem Verein. Mindestens im Subtext, teilweise aber auch direkt, kritisieren sie selbst dort vor allem die Dokumentation und den Zeitpunkt der Ausstrahlung, nicht den Verein! Sich nun mehr als eine Woche später nun so zu äußern, ist irgendwie sehr unglaubwürdig. Journalisten sollten nicht Ihr Fähnchen einfach nur in den Wind halten, auch nicht Sportjournalisten.
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  • carolin.muenzel@mainpost.de
    @sebdan

    Ich persönlich habe von der Anstellung von Stefan Lurz tatsächlich erst durch die Dokumentation erfahren. Ich fand es aber anständig darzustellen, dass der Verein eine andere Redaktion über die Anstellung informiert hatte, weil es nicht gerecht wäre, dem SVW05 in diesem Punkt mangelnde Transparenz vorzuwerfen. Dass wir nicht direkt im April nachgehakt haben ist definitiv ein Versäumnis.

    Was meine Meinung zu dem Beitrag über den SVW05 in der ARD-Dokumentation betrifft: daran hat sich nicht viel geändert. Ich finde, dass hier sensationslüstern gearbeitet wurde. Es wurde suggeriert, das Anstellungsverhältnis sei im gesetzlichen Sinn unrechtmäßig. Erst am Ende wurde aufgelöst, dass es das nicht ist. Was sich aber natürlich stellt ist die moralische Frage. Zu der habe ich eine klare Meinung, die aber in einem Artikel, der kein Meinungsbeitrag ist, nichts zu suchen hatte und die Sie nun eben hier nachlesen können.
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  • sebdan22072008
    Dass sie diese Dokumentation als „sensationslüstern“ bezeichnen, spricht für sich. Dann habe ich Ihren Bericht aber ja genau richtig verstanden. Vielleicht muss man das so sehen, wenn man durch zu viel Nähe zu Themen, über die man berichtet, kompromittiert ist. Aber das ist im deutschen Sportjournalismus, gerade auch im Lokalsport, ja ein bekanntes Problem. Herr Seppelt hat übrigens maßgeblich dazu beigetragen, dass sich das in manchen Bereichen doch deutlich zum Besseren gewendet hat und somit echte Skandale aufgedeckt wurde. Wie auch jetzt wieder.
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  • Main-Post-Leserin
    Es gäbe durchaus noch andere Möglichkeiten, um das Ansehen des Vereins zu retten: ein klarer Schnitt, sprich alle Verantwortlichen der letzten (mindestens) zehn Jahre ziehen sich zurück und ermöglichen damit anderen Akteuren die Neuausrichtung. Soweit ich weiß, hat der Verein gut 2000 Mitglieder, da gibt es sicher noch andere kompetente Köpfe.
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  • Doedi.wue
    Leider steht Ihnen die Kommentarfunktion auf mainpost.de nicht zur Verfügung. Deshalb werden wir Ihren Kommentar nicht veröffentlichen.
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  • klafie
    vielleicht war der fall lurz für die mp auh zu klein und es mussten größre geschütze aufgefahren werden, um den fall lurz bei der ard erst so richtig publik zu machen. die wirkung hat es ja wohl bewiesen. der h. lurz braucht wohl seine füße nicht mehr ins 05 stadion bzw. in die halle zu stellen und sich beim 05 blicken zu lassen. strafe folgt auf den fuß.
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  • daniel.englbauer@churchsol.de
    Ich finde diesen Kommentar schon ein wenig wohlfeil. Die MP-Redaktion wusste über die Anstellung von S. Lurz seit Monaten Bescheid: "Unmittelbar nach der Delegiertenversammlung im April dieses Jahres war in einem Schreiben, das auch an diese Redaktion ging, über die Anstellung des ehemaligen Trainers als kaufmännischer Angestellter informiert worden. " (aus dem Hauptartikel)
    Warum hat die MP dann nicht gleich reagiert, wenn der Vorgang so skandalös ist (bei "Layla" ging's doch auch ganz schnell)? Dem Verein wird für Gleiches Säumigkeit vorgeworfen.
    Mussten also jetzt erst die KollegInnen von der ARD einspringen und darauf aufmerksam machen, weil die Würzburger Presse es nicht von allein gemerkt hat?
    So im Nachklapp den moralischen Zeigefinger zu heben, finde ich wenig überzeugend.
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  • jlattke
    Das sehe ich genau so. Im Gegenteil! Ist doch das Ausbleiben einer Reaktion seitens der Reaktion als eine völlig andere Bewertung der Situation zum damaligen Zeitpunkt zu anzusehen.

    Diese Kehrtwende der Main-Post wirkt auf mich nun eher anbiedernd und geschäftstüchtig (schlechte Nachrichten machen Auflage also muss die Story am Leben gehalten werden).
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  • klafie
    wäre da was seitens der kirchen oder religiösen gruppierungen vorgekommen, hätte sich die mp wohl wieder darauf gestürzt und einen seitengroßen artikel mit tagelangen einzelberichten weitergegeben, aber bei herrn stefan lurz: lieber mal abwarten, bis andere auf das pferd steigen!
    oftmals einseitige berichterstattung bei der mp!
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  • ralf.zimmermann@mainpost.de
    Wir haben zu jeder Zeit ausführlich über den Fall berichtet, die entsprechenden Artikel finden Sie in unserem Archiv.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
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  • iknahn
    Die Redaktion hat in der Tat im April eine seitenlange Pressemitteilung vom Verein bekommen, in der mit einem Satz über Stefan Lurz‘ neue Rolle informiert wurde: „ Der Präsident teilte noch mit, dass Stefan Lurz seit 01.02.2022 als kaufmännischer Angestellter für die finanziellen Belange der gewerblichen Bereiche des Wolfgang-Adami-Bades verantwortlich ist.“ Wir haben zum damaligen Zeitpunkt die Tragweite dieser Information nicht erkannt. Wie es zu dieser Fehleinschätzung kam, das versuchen wir zu klären. Deshalb aber jetzt nicht zu berichten, wäre eine Wiederholung dieses Fehlers. Und wegen dieses Fehlers die bisherige Berichterstattung als einseitig zu bezeichnen, entbehrt jeder Grundlage. Bitte erstmal nachlesen, was die Redaktion alles über den Fall berichtet hat.

    Ivo Knahn
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  • info@softrie.de
    Sie bringen es auf den Punkt. Der SV hätte in dem Moment reagieren müssen, als man die ARD-Mikrofone im Gesicht hatte. Einfach das Beschäftigungsverhältnis beenden und sagen: Es war falsch. Vor der Doku.

    Wir sind hier nicht bei ProSieben. Wenn die ARD einem ein Mikro vorhält, dann wird das wohl auch gesendet. Die haben geniale Redaktionen, die Doku wurde bis zur Online-Veröffentlichung echt gut getarnt.
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