Im zweiten Drittel stehen noch 2:33 Minuten auf der Uhr, als Leonie Ebert angreift. Ein langer Ausfallschritt, die Gegnerin kann nicht parieren und das Florett berührt ihre Brust. Die Anzeige leuchtet grün. 15:11 für die Deutsche. Ebert reißt sich die Maske vom Kopf und fällt auf die Knie, mehrfach klopft sie mit der Hand vor Freude auf die Planche. Kurz verliert die sonst so ruhige Olympiateilnehmerin die Fassung, dann fängt sie sich wieder. Sie bedankt sich, wie es im Fechten so üblich ist, mit einem Kopfnicken bei den Kampfrichtern und ihrer Gegnerin Arianna Errigo, immerhin zweifache Weltmeisterin. Der Rest ist pure Freude mit ihren Trainer, Betreuern und Teamkolleginnen. Damit ist Ebert die erste deutsche Florett-Europameisterin seit der Tauberbischofsheimerin Anja Fichtel 1993.
Schon die Finalteilnahme war der größte Erfolg in Eberts Karriere, nachdem sie im Halbfinale die Titelverteidigerin und aktuelle Nummer zwei der Welt Alice Volpi (Italien) besiegt hatte. Der Titel bei der Europameisterschaft in Antalya ist es umso mehr. Und er ist ein Fingerzeig für die WM in Kairo im Juli. Im Januar hatte Ebert noch vollmundig angekündigt, dass 2022 das bester Jahr ihrer Karriere werden sollte. Schon beim Weltcup in Belgrad, als sie hinter ihrer Teamkollegin Anne Sauer Silber und im Team mit Sauer ebenfalls Silber holte, deutete sie an, was möglich sein könnte.
Zahlreiche Glückwünsche für Ebert über Instagram
In Antalya startete Ebert zwar nicht als Außenseiterin, schließlich ist sie in der Weltrangliste mittlerweile die viertbeste Europäerin, mit dem Titel hat sie aber wohl selbst nicht gerechnet. Umso glücklicher war Ebert dann am Freitagabend. "Ich bin überglücklich über meinen Europameistertitel. Es ist unglaublich mit diesen Champions auf dem Podium zu sein und ganz oben stehen zu dürfen. Vielen Dank an mein Team", sagte Ebert nach ihrem Triumph.
Via Instagram bekundeten zahlreiche Sportlerinnen und Sportler, darunter s.Oliver Würzburg-Kapitän Felix Hoffmann und Eberts Olympia-Kollegin die Freiwasserschwimmerin Leonie Beck, ihre Glückwünsche. Anne Sauer, die wie Ebert für Future Fencing Werbach an den Start geht, scheiterte im Viertelfinale mit 10:15 an Volpi und wurde am Ende gute Fünfte. Kim Kirschen belegte einen ordentlichen 17. Rang und die Tauberbischofsheimerin Leandra Behr kam auf Platz 49. Weiter geht es für die deutschen Fechterinnen am Montag mit dem Teamwettbewerb. Auch hier dürften Ebert und Sauer Aussichten auf eine Medaille haben.